Verständnisfrage zum Übertemperaturschutz

  • Hallo,
    zur Schaltung der kleinen und robusten QRP-PA habe ich eine Verständnisfrage.
    In der Schaltung ist zum Schutz einer Überhitzung noch eine Diodenstrecke (D1 und D2) eingebaut, die die Steuerspannung bei Überhitzung runderregeln soll.
    Bisher habe ich immer gedacht, dass die Temperaturkennlinie der FETs so angelegt ist, dass sie sich von selbst runterregeln, wenn sie zu heiß werden - anders als beim Transistor.
    Warum wurde noch ein zusätzlicher Schutz eingebaut? Ist er überhaupt notwendig oder dient er nur der zusätzlichen Beruhigung - also die Hosenträger zusätzlich zum Gürtel ;-)). In welchen Situationen ist dieser Schutz notwendig?

    Den Schaltplan habe ich angehängt (dem Solf Handbuch entnommen).

    Grüße Jörn

    [EDIT] Querverweis: Die hier diskutierte Fragestellung wird unter dem folgenden Link noch ausführlicher diskutiert:
    http://www.bartelsos.de/dk7jb.php/selbstbau-trx-2012

  • ... die Dioden sind thermisch mit den Ensstufentransistoren gekoppelt und stabilisieren durch ihren Temperaturgang den Arbeitspunkt der PA.
    die 6,2V sind in diesem falle nebensächlich.

    73, Frank
    DL3AD

  • Hallo Uwe,
    nach meinen Informationen dienen die Dioden nicht der Stabilisierung des Arbeitspunktes, sondern nur dem Schutz, da die Temperaturkennlinien in die gleiche Richtung laufen. Wie oben geschrieben frage ich mich, ob und wann dieser zusätzliche Schutz notwendig ist.
    Grüße Jörn

  • Hallo Uwe,
    nach meinen Informationen dienen die Dioden nicht der Stabilisierung des Arbeitspunktes, sondern nur dem Schutz, da die Temperaturkennlinien in die gleiche Richtung laufen. Wie oben geschrieben frage ich mich, ob und wann dieser zusätzliche Schutz notwendig ist.
    Grüße Jörn

    Die Temperaturkennlinie ist gegenläufig. Durch die Serienschaltung von 2 Stück erreichen wir, dass die Kompensation sehr genau wird.

    Wer lesen kann ist klar im Vorteil :evil:

    73/2 de Peter, DL2FI
    Proud member of Second Class Operators Club SOC and Flying Pig Zapper #OOO (Certificated Kit Destroyer)

  • Hallo Peter,
    deine Antwort hat mich leider noch nicht zufrieden gestellt, da in deiner Beschreibung (die ich wirklich vergessen hatte ;) ) von einem Transistor die Rede ist.

    Hier haben wir es mit einem MOSFET zu tun, von dem ich immer der Meinung war, dass er sich gegenläufig zu einem normalen Transistor verhält.
    Um für mich die Frage zu klären, habe ich einige Experimente gemacht:

    Versuchsaufbau: Original QRP-PA wird so angesteuert, das bei 10MHz eine Leistung von ca. 10W an eine Dummyload abgegeben werden. Von der Dummyload wird ausgekoppelt und der Pegel mit dem Spektrum Analyser gemessen. Alle Kabel, die Dummyload und die Dämpfungsglieder sind recht hochwertig.
    Die PA sitzt auf einem etwas überdimensionierten Kühlkörper. Im normalen Betrieb wird die PA bei 10W nur sehr leicht warm.

    1. Experiment (40dBm = 10W)
    Der thermische Kontakt der beiden Dioden wird vom Kühlkörper gelöst und die Dioden mit dem Lötkolben kräftig erwärmt.
    +39,4 dBm Startsituation-Dioden sind kalt
    +39,0 dBm Dioden sind heiß
    +38,3 dBm Dioden sind seeehr heiß (Die Spannung am Ausgang des Spannungsregler sinkt um 345mV)

    Ergebnis: Werden die Dioden sehr heiß, regelt die PA um 1dBm ab. Das ist nicht viel.


    2. Experiment
    Nachdem die Dioden sich abgekühlt haben, wurde mit einer Heißluftpistole nur der Kühlkörper stark erhitzt und dabei die abgegebene Leistung gemessen. Die Dioden bleiben thermisch abgekoppelt (auch das Gewindeloch wurde abgedeckt). Die Temperatur der Dioden wurde kontrolliert (bleiben kalt)
    +39,2 dBm Startsituation - Kühlkörper kalt
    +39,2 dBm Kühlkörper heiß
    +39,1 dBm Kühlkörper seehr heiß (kann nur kürzer als 1/4s berührt werden)

    Ergebnis: Die FETs arbeiten temperatursabil und dies entspricht auch dem Datenblatt.


    Was haben sich die Entwickler bei den Dioden gedacht? Das würde mich brennend interessieren. Welche Eigenschaft soll sich durch den Einsatz der Dioden verbessern? Welcher Effekt wurde von mir noch nicht bedacht?


    Zusatzfrage: Wie schützt sich der K2, der mit Transistoren arbeitet und bei dem es keine Temperaturkompensation gibt? Erfolgt der Schutz über die Messung des Gesamtstroms?

    Grüße Jörn

  • Hallo,
    ich möchte noch gleich eine weitere Frage hinterher schieben. Ab Gate der beiden RD16HHF1 befinden sich zwei 2,2 Ohm Widerstände. Ich habe gelesen, dass sie auch "Angstwiderstände" genannt werden und dem Schutz des FETs dienen. Man findet solche "Gatewiderstände" in vielen PAs. Wie funktioniert aber dieser Schutz und was passiert, wenn man sie "vergisst"?
    Grüße Jörn

  • Hallo Jörn,

    Zitat von DK7JB

    Ergebnis: Werden die Dioden sehr heiß, regelt die PA um 1dBm ab. Das ist nicht viel.

    1dB ist eine Menge, bei einer 1kW Endstufe wären das satte 200W weniger :P.

    Zitat von DK7JB

    Was haben sich die Entwickler bei den Dioden gedacht? Das würde mich brennend interessieren. Welche Eigenschaft soll sich durch den Einsatz der Dioden verbessern? Welcher Effekt wurde von mir noch nicht bedacht?

    Die Dioden stabilisieren den Arbeitspunkt. Wäre hier bei dieser kleinen Ausgangsleistung und den relativ geringen Temepraturschwankungen noch nicht unbedingt nötig aber schön das es vorgesehen wurde. RF MOSFET's (LDMOS) haben bei kleinen Drainströmen einen positiven Tempraturkoeffizienten (genau wie bipolare Transistoren!), erst bei hohem Drainstrom kehrt sich der Temperaturkoeffizient um und der Selbstschutz (kein "thermal runaway" wie bei Bipolartransistoren) setzt ein. Bei steigender Temperatur fällt die Gate-Schwellspannung, womit sich der Arbeitpunkt (bei konstanter Bias-Spannung) verschiebt und der Drainstrom steigt. In den meiste Datenblättern sind dazu Kennlinien der normalisierten GS-Spannung über der Temperatur bei verschiedenen Drainströmen angegeben, da läßt sich schön verfolgen wie der Temperaturkoeffzient ab einem gewissen Drainstrom plötzlich kippt. Siehe dazu z.B. das Datenblatt vom MRF173 , Seite 6. Bei einer QRP-Endstufe von geringerer Bedeutung, bei QRO allerdings nicht mehr zu vernachlässigen, verändert ein wandernder Arbeitspunkt in gewissen Maßen Wirkungsgrad, Linearität, Verstärkung.

    Zitat von DK7JB

    Ab Gate der beiden RD16HHF1 befinden sich zwei 2,2 Ohm Widerstände. Ich habe gelesen, dass sie auch "Angstwiderstände" genannt werden und dem Schutz des FETs dienen. Man findet solche "Gatewiderstände" in vielen PAs. Wie funktioniert aber dieser Schutz und was passiert, wenn man sie "vergisst"?

    Die Gatewiderstände verhindern Eigenschwingungen in der Endstufe, dienen also der HF-Stabilisierung (k>1). Bei manchen Frequenzen kann der Eingangswiderstand des FET negativ (Oszillator) werden, ein "positiver" Gate-Reihenwiderstand verhindert Eigenschwingungen indem der negative Widerstand des aktiven Bauteiles kompensiert wird. Stabilisieren kann man außer mit einem Gate-Reihenwiderstand auch mit einem kleinen Gate-Shuntwiderstand, Drain-Gate Widerstand oder Kombinationen davon (wie hier geschehen). Wenn MOSFET Transistoren in Endstufen parallel geschalten werden sind Gate-Reihenwiderstände (Isolationswiderstände) ein Muß.

    Zitat von DK7JB

    Zusatzfrage: Wie schützt sich der K2, der mit Transistoren arbeitet und bei dem es keine Temperaturkompensation gibt? Erfolgt der Schutz über die Messung des Gesamtstroms?

    Ja, die Stromaufnahme wird vom µC überwacht. Die max. Ausgangsleitung ist relativ klein, der Kühlkörper ist groß genug, ein Weglaufen des Arbeitpunktes ist also eher unwahrscheinlich. Zur Kompensation des positiven Temperaturkeoffizienten müßte man z.B. Q11 aus der Bias-Schaltung thermisch mit dem Kühlkörper koppeln. Ich habe mir die Schaltung der 100W Endstufe nicht angesehen, da wird es aber bestimmt so oder ähnlich praktiziert.

    vy 72/73, Reinhold.

  • Hallo KubiK,
    vielen Dank für die ausführliche Erklärung. Du hast dir viel Mühe gegeben :)
    Über einige Punkte muss ich noch etwas nachdenken. Morgen oder Übermorgen werde ich nochmals antworten ;-).
    Grüße Jörn

  • Hallo,

    Auch wenn das Thema mehr als 1334 Tage zurückliegt. Ich greife diesen alten Threat noch mal auf. Vielleicht unterliege ich einem Irrtum, dann bitte korrigieren.

    Bei steigender Temperatur fällt die Gate-Schwellspannung, womit sich der Arbeitpunkt (bei konstanter Bias-Spannung) verschiebt und der Drainstrom steigt.

    Die Dioden bewirken, dass der eingestellte Ruhestrom über einen großen Temperaturbereich konstant bleibt.

    Beispiel:
    PA wird eingeschaltet, ist noch kalt
    Ich stelle Ruhestrom ein (z.B. 200mA).
    Der Ruhestrom erwärmt die PA, bleibt aber kontant auf den eingestellten 200mA über einen Temperaturbereich von ca. 20....50 Grad.

    Ist das richtig so oder muss ich neu lernen ?

  • Hallo Gerhard,

    es handelt sich um eine PA ähnlich DL-QRP-AG PA 2008 mit RD16HHF1 in Vorstufe und 2* RD16HHF1 in Endstufe.
    Man findet da verschiedene Versionen im Internet, zB. von G6LBQ, UT2FW, YU1LM, ..
    Im Moment wandert der gesamte Ruhestrom von 600 ... 800 mA, je nach Temperatur.

  • Hallo Uli,

    sei so gut, und messe von jedem Transistor den Strom. Dazu das Temperaturverhalten der Ausgangsspannung nach dem
    Stabilisator. Dazu noch Einzel und Summenspannung der beiden Dioden, die die Temperatur fühlen.
    Vielleicht lässt sich aus diesen Messungen schon etwas erkennen.

    73 de

    Manfred , dl3arw

  • Hallo Wolfgang,

    in meiner Schaltung ist noch keine Kompensation eingebaut. Wollte nur nachfragen, ob ich mi meiner Meinung richtig liege.
    Jetzt habe ich in einer Application Note von Intersil aus dem Jahr 2006 folgendes gefunden (frei übersetzt):
    .... der Ruhestrom muß über Temperatur und Zeit konstant gehalten werden. Typisch sind +-5%, +-3% sind anzustreben ....

    Das hilft mir weiter.
    Ob sich +-3% mit 1 oder 2 Dioden erreichen lassen ?