X7R SMD Kondenstatoren und HF

  • Hallo lbr Bastelfreunde,


    im Anfall von Enthusiasmus für SMD habe ich mir auch einige SMD-Kondensatoren gekauft, die X7R statt NP0 als Material bzw, Eigenschaft haben. Ein guter Freund und Profi sagte mir im Gespräch nebenbei das X7R für HF ungeeignet sei, weniger wegen seines Temperaturverhaltens, es gibt wohl noch andere Probleme bei HF (Güte oder so ?). Nun nach dem Gespräch dämmerte mir irgendwann, das ich in meiner Sammlung definitiv einige X7R - Kondensatoren habe, weil mich der freundliche Verkäufer bei Segor extra darauf hinwies. Jetzt die Frage:


    Gibt es eine einfache Möglichkeit festzustellen ob ein SMD - Kondensator NP0 oder X7R ist, ehe stundenlang suche und dann nur feststelle das ein doofer C daran schuld ist.


    Für eine "keep it simple" - Lösung wäre ich sehr dankbar.

    72 de Jan


    DL-QRP-AG #GM / AGCW #3669 / NAQCC #6404 / SKCC #10113 / DARC D15


    :thumbup: War's kein Erfolg, war's eine Erfahrung :thumbup:

  • Gehe mal davon aus, dass SMD Kondensatoren über 2000pF mit größerer Wahrscheinlichkeit Klasse 2 Keramikkondensatoren sind. Wenn der Kapazitätswert in Nanofarad statt in Picofarad angegeben ist, deutet dies auch eher auf einen Klasse 2 Kondesator hin. NPO SMD-Kondensatoren haben meist eine Kontaktierungsfläche aus Silber / Palladium.


    Es ist auch nicht zutreffend, dass Klasse 2 Keramikkondensatoren aus X7R Keramik für HF untauglich seien. Sie haben eine feldstärkeabhängige Dielektrizitätszahl und höhere Verluste (kleinere Güte) als Klasse 1 Keramikkondensatoren. Sie sind aber als Sieb- und Abblockkondensatoren sehr wohl geeignet und können auch als Koppelkondensator benutzt werden. Sie sind allerdings ungeeignet für Schwingkreise, Filter bzw. Anwendungen, die eine hohen Güte und kleinen Temperaturgang erfordern, hier nimmt man Klasse 1 Kondensatoren aus z.B. C0G (NP0).


    73, Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

  • Hallo Günter,


    Danke für die ausführlicheren Hinweise.
    2000pF sind bei mir 2nF, das wären dann eine ganze Reihe meiner Kondensatoren.


    Gestern hatte ich mir noch die Unterlagen zum FA-Netzwerktester angesehen und dabei erstaunt festgestellt, das die in der Stückliste eine ganze Reihe von den X7R haben. Insofern sind Deine Erklärungen für mich zum Verständnis hilfreich.


    Bleibt für mich noch die Frage, kann man das einfach testen?
    Äußere Merkmale?
    Andere Farbe?
    ... ?


    Ich habe mal meine Sammlung durchgesehen. An den Kontaktierungen konnte ich keine Unterschiede feststellen, aber der eigentliche Körper ist entweder brau/rotbraun oder hellgrau. Auf einigen (nur bei 1206) steht noch sowas wie KY2 oder KJ1 drauf. Gibt es etwas oder ein Test der helfen könnte?

    72 de Jan


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  • Inzwischen habe ich selber ein Lösung gefunden. Ich besitze ein Meßpinzette. Damit habe ich jeweils einen von den SMD - Kondensatoren gegriffen, den Wert abgelesen, dann ein brennendes Feuerzeug drunter gehalten. Erstaunlich wie stabil die NP0 Kondensatoren bleiben. Die anderen, die nicht NP0 - Kondensatoren sind sofort im Wert völlig weggelaufen. War relativ einfach.

    72 de Jan


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  • Hallo Jan


    schön dieser Erfahrungsbericht.... habe ebenfalls eine "Messpinzette" , bei Elkos habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht. Elko auslöten , gleich messen ...hat etwa 40% seiner
    Kapazität. Dann nach einer Stunde noch mal den kalten Elko messen. Ein 47µ Elko hatte dann etwa 300-600nf , damit kann kein Schaltnetzteil richtig funktionieren .
    Also gut , wenn man ein paar Hilfsmittel bei der Fehlersuche hat.
    schönes Wochenende


    de

    Manfred , dl3arw

  • Hallo,
    zur Komplettierung der schon richtigen Beiträge ein wenig Praxis.
    Der Werkstoff COG, im Jargon als NP0 bezeichnet, bedeutet einen gerichteten
    Temperaturkoeffizienten des Bauteils und eine hohe Güte. NP0 bedeutet der TK ist sehr klein.
    Leider gibt es diese Cs nur im Bereich geringer Kapazitätswerte. 10nF sind aber noch machbar.
    Diese Kondensatoren sind also vorzugsweise für Schwingkreise gedacht.
    X7R ist ein Werkstoff mit ungerichtetem TK aber viel höherer Dielektrizitätskonstante, d.h.
    es sind Cs mit hoher Kapazität machbar. Die in einem der vorhergegangen Beiträge zitierte Meinung, diese
    Bauteile seien für HF ungeeignet, ist nicht zutreffend. Im Gegenteil, X7R ist das Mittel der Wahl für alle
    Abblockungen. Zu beachten ist dabei, dass der Scheinwiderstandsverlauf über der Frequenz, auch bei modernen
    SMD-Cs, Minima bei unerwartet tiefen Frequenzen aufweist. Sprich, ein 100nF-C ist oberhalb einiger MHz kein C
    mehr. Für breitbandige Abblockungen, wie sie in der Praxis üblich sind, empfiehlt sich also eine Kombination aus
    unterschiedlich großen Kapazitätswerten, z.B. 1nF, 22nF, 100nF.
    Es gibt bei Wikipedia eine sehr ausführliche Abhandlung zu diesem Themenkreis.
    73, Andreas
    DL5CN

    dl5cn

  • Hallo Andreas


    Danke für die Info.
    Das Problem der Abblockung mittels C wird seit Jahren bei mir so gehandelt. Werde aber nochmal zu den Grundlagen in
    der von Dir genannten Quelle nachsehen. Bisher habe ich immer so mit einer 1:10 Stufung gearbeitet. 100n , 10n , 1n,
    100p so etwa in der Reihenfolge. Je nach Anwendung dabei hoch oder runter.


    schönen Tag


    73 de

    Manfred , dl3arw

  • Für breitbandige Abblockungen, wie sie in der Praxis üblich sind, empfiehlt sich also eine Kombination aus
    unterschiedlich großen Kapazitätswerten, z.B. 1nF, 22nF, 100nF.


    Bisher habe ich immer so mit einer 1:10 Stufung gearbeitet. 100n , 10n , 1n,
    100p so etwa in der Reihenfolge.


    Der Schuss kann nach hinten losgehen. Viel hilft nicht unbedingt viel!
    Es reichen überlegt ausgesuchte Kondensatoren anstelle von willkürlichen Ansammlungen und Parallelschaltungen. Man vergisst oft, dass Leiterbahnen Induktivitäten darstellen, mit jedem zusätzlichen Kapazitätswert steigt auch die Chance, dass man irgendwo eine schädliche Resonanz erzeugt. In dem Dokument "Using Decoupling Capacitors" wird anschaulich erläutert auf was zu achten ist und wie die Kombination von Abblockkondensatoren unerwünschte Resonanz-Effekte hervorrufen kann.


    Zur weiteren Information Links zu Impedanz-Messkurven von X7R Kondensatoren: 1 nF, 10nF, 100nF, 1uF (SMD 0805). Wie man sehen kann liegen selbst bei einem 1uF Kondensator von 500Khz bis 1 GHz der R und X unter 1 Ohm, die Abblockwirkung also durchaus ausreichend.


    1uF
    100nF
    10nF
    1nF


    73, Günter

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    4 Mal editiert, zuletzt von DL4ZAO ()

  • Hallo Günter und Andreas,


    danke für die weiterführenden Erläuterungen und Günter, für die Bildchen ;), die waren sehr aufschlussreich.
    Wenn ich das richtig verstanden habe, kann ich im Kurzwellenbereich eigentlich ganz gut mit den üblichen Kondensatoren arbeiten. Segor z.B. hat NP0 nur bis 1nF danach ist alles X7R. Was ich mir so an Schaltungen angesehen, liegen die kritischen Kondensatoren i.d.R. ja unterhalb der 1nF, die Abblockkondensatoren oberhalb dieses Wertes. Wobei ich hoffe, das ich für den Kondensator der den Gegenkopplungswiderstand einer Transistorstufe überbrückt auch X7R nehmen kann.
    Bei Schwingkreisen, Bandpässen etc. ist mir ja klar, das ich definitiv NP0 nehmen muss. Wie kritisch sind denn Kondensatoren die z:b. zwei Transistorstufen koppeln, also im Signalpfad liegen oder am Eingang einer Transistorstufe? Bei kapazitiven Spannungsteilern im Eingang dürfte X7R vermutlich in Auge gehen, oder ist der TK am Ende nicht so gravierend. Ich meine so unter "Bastlern" gesprochen.

    72 de Jan


    DL-QRP-AG #GM / AGCW #3669 / NAQCC #6404 / SKCC #10113 / DARC D15


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  • Wenn ich das richtig verstanden habe, kann ich im Kurzwellenbereich eigentlich ganz gut mit den üblichen Kondensatoren arbeiten


    Klasse 2 Kondensatoren sind übliche Kondensatoren, wenn du das meinst.


    Wobei ich hoffe, das ich für den Kondensator der den Gegenkopplungswiderstand einer Transistorstufe überbrückt auch X7R nehmen kann.


    Kann man.


    Wie kritisch sind denn Kondensatoren die z:b. zwei Transistorstufen koppeln, also im Signalpfad liegen oder am Eingang einer Transistorstufe?


    So lange es sich um Kleinsignalanwendungen handelt, und nicht allerhöchste Anforderungen an die Intermodulationsfreiheit gestellt werden, sind Klasse 2 Kondensatoren als Koppelkondensator passabel. Für Großssignal und Leistungsandwendungen auf Kurzwelle würde ich Glimmer vorziehen. Für Nf-Audio und Frequenzen bis 1 MHz sind MKS oder Polypropylen Kondensatoren als Koppelkondensator sicher besser.


    Bei kapazitiven Spannungsteilern im Eingang dürfte X7R vermutlich in Auge gehen, oder ist der TK am Ende nicht so gravierend


    Ich kann mir keinen kapazitiven Spannungsteiler vorstellen, der einerseits so große Kondensatoren verlangt, dass man auf X7R angewiesen ist und andererseits das Teilerverhältnis auf das Prozent konstant bleiben muss. Der Temperaturgang beträfe außerdem auch beide Kondensatoren. Für RC Glieder als Zeitglieder sind Folienkondensatoren sicher besser als Keramik.


    73, Günter

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