Theorie der Durchkontaktierungen

  • Hallo ihr beiden Günters,

    ja, so sehe ich das auch - nur bei hohen Frequenzen und hohen Leistungen. Die Frequenzen aber vom Sinussignal her betrachtet. Bei steilflankigen Signalen sind ja naturbedingt schon sehr hohe Frequenzen enthalten.

    Was ich aber bisher nicht bedacht hatte , sind die Transistoren und ICs , die viel höhere Frequenzen können. Aber wenn da was wild schwingt, sollte man das mitbekommen, da es doch die richtige Funktion stört, oder ?

    Anmerkung: Die Sternerdung dient aber der Unterdrückung von Einstreuungen von Störsignalen in die Nutzsignalleitung durch sonst entstehende Masseschleifen und ist wegen der dann zu lang werdenden Zuleitungen bei sehr hohen Frequenzen so nicht anwendbar. Bei Röhren wird dort dann koaxial aufgebaut - mit Spezialröhren wie z.B. Scheibentrioden.

    Danke Euch

    Viele Grüße
    Bernd

  • Aber wenn da was wild schwingt, sollte man das mitbekommen, da es doch die richtige Funktion stört, oder ?


    Leider nicht immer. Ohne teure Messmittel wie einem Spektrumanalyzer ist es oft sehr schwer möglich, wilden Schwingungen auf die Spur zu kommen und noch schwerer ist es, die Ursache zu finden und sie abzustellen. Meist merkt man es nur an verminderter Empfindlichkeit, höherem Rauschen oder herabgesetzter Verstärkung oder ganz einfach dadurch, dass z.B. das MMIC ohne ersichtlichen Grund abraucht.

    Die Wege der HF sind unergründlich. :wacko:
    73, Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

  • Gibt es eigentlich eine Daumenregel, in welchem Raster /mit welchem Abstand man Dukos setzten sollte? (Kürzeste Masse an BE ausdrücklich mal außen vorgelassen) Oder besser gefragt, bei welchem Abstand tut man der HF nix gutes mehr. Moderne HF-Platinen scheinen damit vollgepflastert, so daß ich zweifle, ob das wirklich in dieser Form nötig ist. Klar, kostet fast nix in der ind. Fertigung, aber ich muß meine Dukos noch selber setzten ...

    In einem Paper von Hittite las ich, daß z.B. die Abstände der Dukos an den masseführenden Rändern einer Stripline lambda/20 nicht überschreiten sollten. Eine ähnliche "Hausnummer" gilt wohl auch für die Beurteilung, wann eine Diskontinuität einer Leitung/eines Kabels störend in Erscheinung tritt.

    Vielen Dank,

    73, Andreas, DH7AZ

  • Da die Aufregung inzwischen abgeklungen ist, möchte ich meinen Vorschlag loswerden, wie sich Theorie und Praxis wieder vereinen lassen:

    1. der von DK4SX beschriebene Effekt ist (gedanklich) nachvollziehbar. Er ist zwar nicht völlig "esoterisch", dürfte aber nur in Sonderfällen Relevanz haben. Gründe:

    2. wie bereits beschrieben, fliesst bei einseitiger SMD- Bestückung der Stom auf der Innenseite der durchgehenden Massefläche.

    3. was bisher nicht erwähnt wurde: bei einer konventionell bestückten Leiterplatte mit durchgehender Massefläche ist die Massefläche ja nicht wirklich geschlossen; es sind jede Menge Durchbrüche im Kupfer (durch welche die Bauteildrähte isoliert - durch das Dielektrikum hindurch - auf die Unterseite der Platine geführt werden).

    Die HF- Ströme müssen daher nicht bis an den Aussenrand der Platine fließen, wie DK4SX das geschildert hat, sondern können auch an solchen isolierten VIAs von der Aussenseite der Massefläche auf die Innenseite der Massefläche wechseln. Dieser Weg beträgt meist nur wenige mm, und ich vermute, dass das der Hauptgrund ist, warum der Effekt in der Praxis so wenig Bedeutung hat.

    Ralf

  • Hallo,

    zur Klärung wie ich den Sachverhalt verstehe und warum ich den Ratschlag gab, Durchkontaktierungen entsprechend auszulegen, habe ich meine Sichtweise auf meiner Webseite http://www.mydarc.de/dk4sx in der Rubrik Projekte > Durchkontaktierungen mit Zeichnungen und Bildern erläutert. Bitte auf das Bildchen clicken.

    73, Uli, DK4SX

  • Uli,

    tolle Ausarbeitung... am Anfang bin ich dieser Thematik doch mit etwas Zweifel entgegengetreten. Das es auch bei mittleren Frequenzen durchaus relevant ist, belegen beispielsweise die Messungen von DG0SA zum Thema Spulengütemessgerät: http://www.wolfgang-wippermann.de/guete.htm (letzter Abschnitt).

    Sehe ich das zusammengefasst für die Praxis jetzt richtig so?

    1) Einseitige Platinen - Problem existiert nicht bei ausschließlicher Lötseitenbestückung, oder bei nur verdrahteten Elementen
    2) Zweiseitige Platinen - Hohlnieten verwenden und/oder das Layout an den Übergängen entsprechend freischneiden
    3) Für Versuchsaufbauten am besten nur einseitiges Material verwenden und nur von der Lötseite bestücken, z. B. Ugly-Construction Methode, oder siehe 2)

    Wenn ich so recht drüber nachdenke, gibt es evtl. doch eine Problematik mit einseitigen Platinen, nämlich bei einer Mischbestückung SMD und verdrahtetete Elemente. HF bei einem verdrahteten Bauteil gegen Masse (ohne Freischnitt) wird auch hier den langen Weg nehmen, nämlich von der Seite der Kupferoberfläche dem Basismaterial zugewandt, bis zur nächsten Tunnelmöglichkeit durch das Kupfermaterial, dann erst auf die Lötseite des Kupfermaterials und dort zu anderen Bauelementen, z. B. SMD. Wenn es auf einen guten gemeinsamen Masseschluß ankommt, kann der Weg zu lang werden.

    Liege ich richtig? Wir sind ja im Theorieteil, hier darf dies diskutiert werden. :)

    73, Michael DG5MK

  • Hallo Michael,

    Deine Überlegungen sind richtig. Ich ging allerdings davon aus, dass eine einseitige Platien nicht unbedingt bei hoher Leistung bzw. sehr hohen Frequenzen gewählt wird. Dort wird man doch besser zweiseitige Layouts mit vielen Durchkontaktierunegn wählen. Die Masse einseitiger Platinen ist üblicherweise doch so stark "perforiert", dass sich die geschilderten Effekte sicher nicht häufig nachteilig bemerkbar machen.

    Es wurde noch danach gefragt, bei welchen Frequenzen die Ausführung einer Durchkontaktierung kritisch wird. Grundsätzlich bei hoher Leistung - siehe professionelle Layouts von Kurzwellen-Halbleiter-PAs, also bereits ab rund 1,5 MHz. Ansonsten betrachte man mal die von den Applikationsingenieuren von z. B. breitbandigen MMICs entworfenen Layouts in den Handbüchern. Dort wird man selten einseitige Layouts, oft jedoch zweiseitige mit vielen Durchkontaktierungen finden. Und professionell hergestellte, zweiseitige Platinen sind auch fertig bestückt NIE mit Lötzinn gefüllten Durchkontaktierungen anzutreffen.

    Das sind prinzipiell sehr einfache Layoutregeln, die man auch als Bastler problemlos berücksichtigen und umsetzen kann.

    73, Uli, DK4SX

  • Hallo OMs,

    auch wenn dieser Beitrag schon einige Tage alt ist, möchte ich einen Einwand zu Euren theoretischen
    Behauptungen zu Vias erheben, speziell zu den Zeichnungen, die den Stom im Inneren der VIAs fileßen lassen.

    Ich verstehe ein VIA als ein zylinrisches Rohr, sofern es nicht mit Lot vollgelaufen ist, welches zwei parallele,
    leitende Ebenen miteinander verbindet.

    Für die Struktur des VIAs gilt wie für alle metallischen Oberflächen das "Faradayische Prinzip" was besagt, dass
    der Strom immer auf der Oberfläche fliesst.

    D.h. mit Ausnachme von DC wird der Stromfluß nicht das volle VIA durchströmen, sondern entlang der Oberfläche
    fließen. (nur außen!)

    Will man die Güte eines VIAs verbessern, in dem Sinne, dass es niederohmiger wird, bei gleichem Material des VIAs
    und gleicher Platine, muss mann es im Durchmesser vergrößern oder mehr Oberfläche in Form einer Durchkontaktierung
    via Litze bereitstellen.

    So nun ist es raus und ich bin auf Eure Meinungen gespannt.

    Gruß
    Markus
    DL8MBY

    PS.: Ich habe mir gerade noch keine Gedanken zum Stromfluß auf der Leiterbahn selber gemacht, habe noch nicht gefrühstückt ;)

  • Hallo Markus,


    der Faradaysche Käfig ist ein in sich geschlossenes Gebilde, das auf der Außenhaut überall DASSELBE Potential trägt. Das ist bei einer Leiterplatte doch nicht der Fall!
    Selbst wenn ich annehme, dass ein am oberen Ende eines Faradyschen Käfigs eingespeister, und am unteren Ende abgegriffener Strom aufgrund von Skineffekt oder spez. Widerstand des Schirmmaterials ein Spannungsabfall entstehen lässt, so wird der Strom problemlos durch ein metallisches Rohr senkrecht durch den Käfig fließen, allein weil der Weg kürzer und daher der Widestand geringer ist.


    73, Uli, DK4SX

  • Hallo Uli,

    meine Überlegung bezieht sich rein auf die Durchkontaktierung, nicht die gesamte Platine.
    Das VIA ist ein zylindrisches Rohr und alle darin/darüber fließenden Ladungen in Form von
    einem Strom suchen immer den größtmöglichen Abstand zueinander, was bedeutet, dass
    die Ladungen nur auf der Außenseite des VIAs fließen.

    Ich hoffe, mich nun etwas verständlicher ausgedrückt zu haben.

    Bin aber für weitere Argumente gegen oder für meine Behauptung offen ;)

    Gruß
    Markus
    DL8MBY

  • Hallo Uli , DK4SX

    danke für Deine Darlegungen.Letzte Woche ist bei mir eine Sendung von Aderendhülsen der
    Größe 0,5 qmm eingetroffen. Habe so einige Projekte die ich nun überarbeiten werde.
    Muß mir dazu noch ein Werkzeug herstellen um die durchgesteckte Aderendhülse
    umzubörteln damit sie dann schön straff sitzt. Anschließend beidseitig der Leiterplatte
    verlötet. Die HF wird dann auf meinen Leiterplatten im Innern der Hülse von einer
    Seite zur anderen Seite fließen.

    Wünsche viel Freude am Basteln

    73 de

    Manfred , dl3arw

  • Markus,

    stell Dir eine Leiterplatte vor, die auf der Oberseite eine Leiterbahn/Massefläche hat, dann zu einer Durchkontaktierung führt, die die Oberseite mit einer Leiterbahn/Massefläche auf der Unterseite verbindet. Nun wird auf die Oberseite - wie im Physikunterricht - eine Ladung aufgebracht. Sie verteilt sich und bildet einen statischen Zustand.

    Stell Dir weiter vor, ich speise auf der Oberseite einen DC/HF-Strom ein und greife ihn auf der Unterseite wieder ab.

    Und nun stell Dir vor, die Leiterstruktur auf der Oberseite ist unterbrochen, sodass der Strom auch auf die Oberflächen der Leiterbahnen/Masseflächen die dem Dielektrikum zugewandt sind, fließen kann.

    Wenn Du Dir die drei Fälle sorgfältig durch den Kopf gehen lässt kommst Du selbst auf die Lösung.

    73, Uli, DK4SX

  • Hallo Uli,

    ich vermute, Markus' Überlegungen münden in der Frage:

    Ist die innere, also konkave Fläche einer Hohlniete mit üblichem Innendurchmesser für die HF eine Oberfläche, auf der sie fließen kann? Falls nein, würde das Via-Prinzip nicht funktionieren und man müsste auch die Hohlnieten "freischneiden". Oder einen Mindestwert für die lichte Weite einhalten.

    73 Wolfgang

  • Hallo Uli, Wolfgang und OMs,

    Wolfgang hat es etwas besser auf den Punkt gebracht.
    Ich habe bis dato nur über das VIA selbst als Leiter nachgedacht.
    Alle Ladungsbewegungen über das Dielektrikum der Leiterplatte
    und Magnetfelder habe ich überhaupt nicht in meine Überlegungen
    aufgenommen.

    Nach meinem Verständniss der ersten Beiträge, ging es darum, ob ein VIA
    als Rohr oder als Vollzylinder besser für die Leitung von Wechselströmen
    (NF/LF/HF/VHF/UHF...) geeignet ist.

    Wenn der Strom zum größten Teil über ein VIA oder eine ganze Reihe VIAs
    fließt, muss ich dafür sorgen, dass die Vias hohl sind oder nicht, wenn ich
    vernachlässige, das ich durch ein VIA, falls der Durchmesser reicht, noch ein
    bedrahtetes Bauteil stecke.

    Nach meinem Verständniss des Sachverhaltes ist für die Leitfähigkeit eines
    einzelnen VIAs bei Wechselstrom seine äußere Oberfläche und ihre Rauhigkeit
    von Bedeutung und natürlich auch das Metall (Ag,Au,Cu,Al etc.) aus dem das VIA
    besteht.

    Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass nach meiner Meinung ein VIA um so
    besser ein Signal/Massepotenzial etc. auf eine andere Seite/Ebene einer Platine
    gringt, je glatter es ist, je größer ein Durchmesser ist und je kürzer seine Länge,
    d.h. Dicke der Platine ausfällt.

    Falls man im Durchmesser eingeschränkt ist und nicht mehrere VIAS setzen kann,
    bleibt dann nur die Möglichkeit der Oberflächenvergfößerung durch Litze zur
    Durchkontaktierung. Dies wird jedoch im Produktionsumfeld nach meinem Wissen
    nicht so gern gemacht.


    Ich hoffe nun im dritten Anlauf meine Überlegungen und meine Ansichten verständlich
    dargestellt zu haben.

    Ich gebe zu, dass die Thematik aus einer gewissen Perspektive sehr simpel erscheint,
    jedoch im Deteil durchaus ihre Tücken hat.

    Gruß
    Markus
    DL8MBY