Balkongerüst aus Stahl - wenn das nicht funkt, was dann?!

  • So, es geht weiter. Die folgende Frage gehört in jeden guten Balkonthread: ;)

    Gibt es Erfahrungswerte, welche Annahmen zur Kopfhöhe die BNetzA bei der Berechnung des Sicherheitsabstands einer Balkonantenne in der Selbsterklärung akzeptiert? Im Moltrecht steht bei anderen Antennen etwas von 3m über Gehweg, aber das scheint etwas übertrieben. Es geht um den Balkon unter meinem. Dort steigt hoffentlich niemand ohne Not auf einen Stuhl (es sei denn, er will springen - aber dann ist EMV sowieso nicht das vordringliche Problem :| ). Es wären wohl 2m eher angemessen. Was meint ihr?

    (Es geht hier nur um eine formal korrekte Rechnung bei Maximal-Leistung des TX. Den errechneten Sicherheitsabstand werde ich mit meinen tatsächlichen QRP-Leistungen sowieso nie annähernd ausschöpfen, und der untere Balkon liegt nun auch nicht gerade in Hauptabstrahlrichtung.)

  • Soweit ich gehört habe, wird meist von den 3m ausgegangen. 2m dürften beim heutigen Höhenwachstum der Menschen wohl etwas knapp sein, wenn ich z.B. meinen Enkel anschaue. Außerdem sind Nahfeldberechnungen ("reaktives Nahfeld") erforderlich, keine Fernfelddiagramme. Ich hatte das früher mit 4NEC2 gemacht, ein Dipol mit 100W brachte dort auf mittlerer Kurzwelle und genügender Höhe über Grund um 3m Abstand. Da HF-Messungen schwierig sind und die Güte der Berechnungen vom Simulationsmodell (Umwelteinflüsse!) abhängt, wurde je nach Autor meist 3-6dB Sicherheitszuschlag empfohlen, um auf der sicheren Seite zu sein.

    Hauptproblem bei Dir sehe ich darin, ein Simulationsmodell für die ganze Balkonkonstruktion zu machen. Das Gegengewicht (Brüstung) ist ja Bestandteil der Antenne. Sitzt der Nachbar zwischen Radialen oder im Faradayschen Käfig? Da dürfte nur Messung helfen, zuviel unbekanntes, wenn man ein verlässliches Ergebnis haben möchte.
    Der FT1000MP ist in meinen Augen vermutlich für Versuche gut geeignet. Er sollte sich sicherlich runterregeln lassen (ich kenne ihn nicht näher), und dann steckt seine Endstufe die langen Durchgänge von FT8 sicher klaglos weg.

  • Gibt es Erfahrungswerte, welche Annahmen zur Kopfhöhe die BNetzA bei der Berechnung des Sicherheitsabstands einer Balkonantenne in der Selbsterklärung akzeptiert?

    Die Selbsterklärung stützt sich auf Simulaltionen üblicher Antennenformen im freien Umfeld oder auf Feldstärkemessungen. Die Nah- und Fernfeldstärken von Antennen auf einem Balkon werden in Wattwächter oder Watt-32 schwerlich zu simulieren sein. In dem Falle ist es notwendig per Feldstärkemessung zu ermitteln, dass außerhalb des kontrollierbaren Bereichs keine Grenzwertüberschreitung auftritt.

    Die Definition des kontrollierbaren Bereiches richtet sich weniger danach, ob der Nachbar hoch springt oder nicht, es ist gemäß BEMFV Amtsdeutsch "der Bereich, in dem der Betreiber über den Aufenthalt von Personen bestimmen kann oder in dem auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse der Zutritt von Personen ausgeschlossen ist". Der Sicherheitsbereich darf also in der Höhe über den Nachbarn reichen, jedoch mit nicht einem Bauwerk kollidieren, das von Personen begangen werden kann.

    Im - zugegeben - unwahrscheinlichen Fall, dass ein besorgter Nachbar die Bundesnetzagentur bemüht, werden die die Selbsterklärung betrachten und außerhalb des kontrollierbaren Bereiches Kontrollmessungen vornhmen. Auf Grund der Messwerte können bei Überschreitungen dem Funkamateur Leistungsbegrenzungen auferlegt werden.

    73

    Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

    Einmal editiert, zuletzt von DL4ZAO (1. April 2024 um 18:13)

  • Vielen Dank, liebe OMs, das hilft schon mal sehr. Das ist hier als erster Wurf gedacht, um mal zu schauen, um welche Größenordnungen es eigentlich geht. Es wird wohl so sein, dass man den Balkon (und den mittlerweile geplanten Antennenausleger) kaum vernünftig wird simulieren können und am Ende um Feldstärkemessungen nicht umhin kommt. Für diese erste grobe Annäherung geht's mit einer Fernfeldbetrachtung los, da es im Moment nur ums 10m-Band geht, bei dem die Grenze des reaktiven Nahfelds nach Standardformel bei 170cm liegt, deutlich unterhalb des anschließend errechneten Sicherheitsabstands. Nach meinem Verständnis ist Fernfeldrechnung dann erstmal zulässig.

    In der Tat, die Ausgangsleistung des FT-1000MP ist stufenlos einstellbar - vor allem nach unten. Das war ein Auswahlkriterium, da mir ein freundlicher und kooperativer Umgang mit der Nachbarschaft sehr am Herzen liegt.

  • Falls du im DARC sein solltest, dann kannst du in der Geschäftsstelle kostenlos ein Feldstärkemessgerät ausleihen.

    73

    Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

  • Guter Hinweis, Günter, merci. Ja, bin nun auch offiziell seit dem heutigen Tag im Verein (hab aber neulich schon mal beim Technikabend reinschnuppern dürfen).

  • EMVU / BEMFV - DARC

    runterscrollen bis zum Punkt "Feldstärkemessgeräte". In dem pdf Template zur Ausleihe ist auch emailadresse und Tel.Nr. der Mitarbeiterin aufgeführt, die die Ausleihe organisiert.

    73

    Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

  • Netter Service, vielen Dank, Günter.

    Über manche Dinge muss man einfach mal eine Nacht schlafen. Dann kommt man vielleicht auch mal auf die Idee, dass es neben der einfachen Vertikalversion der Antenne (besagte JPC-12, eine Groundplane) tatsächlich noch zahlreiche andere Möglichkeiten gibt, wenn man die Teile aus der Erweiterung auf JPC-7 nutzt (die in Standardkonfiguration vor allem als verkürzter Dipol gedacht ist). Denn deren Anschlussstück enthält auch eine Montagemöglichkeit für vertikale Anordnung eines Arms. Der zweite Arm, schräg nach unten montiert, ergibt dann ein abstimmbares Radial. Vielleicht bringt das ja sogar ein winziges bisschen Richtmöglichkeit? Andererseits ist der Aufwand für Auf- und Abbau dann wieder wie zuvor, als ich die JPC-7 ganz normal als Dipol aufgestellt habe. Mit deren Ergebnissen war ich ja nicht unzufrieden.

    Okay, das ist alles noch komplett ins Unreine gedacht. Mir geht nur nicht aus dem Kopf, dass dieses fette Stahlgerüst des Balkons mit seinen Blechböden doch funkmäßig als mögliches Gegengewicht nicht unbeachtet bleiben sollte.

    Im Moment ist wieder Regen im Anmarsch, sonst würde ich jetzt einfach mal etwas rumprobieren. So aber gibt's wieder nur Theorie auf der Couch. Bin nämlich aus Zucker. :whistling:

  • Du hast alle Zeit, nieman drängt dich. Aber du hast jetzt die Info schon mal im Hinterkopf.

    Nur ein Tipp: Nutze die Möglichkeiten des derzeitigen Sonnenfleckenmaximums!

    Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

  • Für diese erste grobe Annäherung geht's mit einer Fernfeldbetrachtung los, da es im Moment nur ums 10m-Band geht, bei dem die Grenze des reaktiven Nahfelds nach Standardformel bei 170cm liegt, deutlich unterhalb des anschließend errechneten Sicherheitsabstands. Nach meinem Verständnis ist Fernfeldrechnung dann erstmal zulässig.

    Die Abnahme der Feldstärke im Fernfeld folgt aber nur dann der einfachen Formel, wenn das Feld nicht verzerrt wird. Das vorhandene Metall im Nahfeld und innerhalb der ersten Meter im Fernfeld dürfte zu starken Verzerrungen im interessierenden Bereich führen.

    73, Ludwig

  • @Ludwig, das leuchtet ein. Ich werde auf jeden Fall messen, anders wird's nix werden. Günters Hinweis aufs Sonnenfleckenmaximum ist richtig und übrigens der Antrieb, warum ich jetzt wirklich mal mit HF in die Füße kommen will.

    Und tatsächlich, meine Chancen haben sich soeben deutlich verbessert. Der Support fürs Xiegu hat sich mit der Empfehlung gemeldet, es mit Firmwareupgrade zu versuchen. "Hatte ich doch schon", war der erste Gedanke. Aber siehe da: Es gab im letzten August zwei Updates. Ich hatte das erste erwischt, und offenbar sorgte das für den Trubel. Anyway, ich bin jetzt mit dem kleinen Tierchen wieder QRV, juchu! ^^ Und die ganze Aufregung war durchaus nützlich: Endlich habe ich mich an den FT-1000MP herangetraut, und die Skizzen für die Selbsterklärung sind auch soweit vorbereitet, falls es jetzt doch mal über die 10W EIRP hinausgehen soll. Glaubt mir, das war mit Bauzeichnungen von 1912 gar nicht so ganz einfach.

  • Aber siehe da: Es gab im letzten August zwei Updates. Ich hatte das erste erwischt, und offenbar sorgte das für den Trubel. Anyway, ich bin jetzt mit dem kleinen Tierchen wieder QRV, juchu

    Schön, freut mich. Sowas hatte ich beim Verfassen meines Beitrages #40 gedacht.

    73, Michael, DF2OK.
    ~ AFU seit 1975 ~ DARC ~ G-QRP-Club ~ DL-QRP-AG GM ~ AGCW ~ FISTS ~ QRPARCI ~ SKCC ~ QRZ.COM ~
    "Dat Sichtbore hebbt wi verloorn, aver dat Erinnern blifft jümmers in uns Harten."

  • Hallo Norbi,

    die Balkonkonstruktion würde ich nur zum funken (Gegengewicht) nutzen, aber nicht in die Berechnung einbringen (Abstandsmöglichkeit zu Nachbarn lediglich wenige Zentimeter, hi), das hat nix in der Berechnung zu suchen, es wäre evtl. ein k.o. Faktor,

    73

    Winni

    *ich bin technischer Laie, also abwarten, was die anderen dazu sagen und schreiben

  • Kritisch für den Nachbarschaftsfrieden ist insbesondere, wenn in der Nähe Fernsehempfang via DVB-T (besonders über Zimmerantennen mit Verstärker) betrieben wird oder Router das Signal über die Kabel einfangen und blockieren, da dann "Grundbedürfnisse" gestört werden und die Aufmerksamkeit groß ist.

  • Nee, ich bleibe schön bei QRP. Worst case: Wenn ich hier unseren eigenen Router plättete, würde mein Sohn (im Teenageralter) seine Sicht der Dinge dazu sehr schnell und sehr deutlich klarmachen. ^^

    @Winni, die komplette Balkonkonstruktion als aktive Antenne - das würde bei etwas mehr Leistung in der Tat nicht gut aussehen in der Selbsterklärung. Bin mittlerweile ohnehin gedanklich wieder mehr beim Dipol. Grund sind die Ausführungen in dem Büchlein "Buddipole in the Field" von Scott Andersen, NE1RD. (Das Buch ist Creative Commons.) Die JPC-12/7 sind ja praktisch Clone von Buddipole/Buddistick.

  • Ja, Norbi,

    wie Günter schreibt, tob dich erst mal auf den höheren Bändern aus (Sonnenfleckenmaximum),

    grüß mir Essen (meine Heimatstadt damals, hi)

    73

    Winni

  • NEUES VOM BALKON

    Hallo allerseits.

    "Kaum macht man's richtig, schon funktioniert's!", sagt der Volkmund. Recht hat er. In den letzten Tagen habe ich so gut wie alle eure Tipps umgesetzt. Vor allem habe ich heute endlich mal WSPR an den Start gebracht. Zu diesem Zweck die JPC-12 (ein Buddistick-Clone, also eine verlängerte Vertical) auf 15m an den Balkon geflanscht und diesen als Groundplane (oder Radial?) verbunden. Außerdem alle Tipps von YouTube zu den Einstellungen für den X6100 für Digimodes umgesetzt. Ganz wichtig: Das Windows-Notebook mit einem automatischen Mausschubser versehen, damit die Soundausgabe nicht in den Ruhemodus geschickt wird. Dann WSJT-X gestartet und bange auf den Schirm geglotzt. Im Speaker nur Rauschen. Das wird doch wieder nix ..., oh Mann, ... oh! Warte! Da wurde zumindest einer empfangen. Na, das ist doch ein Anfang.

    Ab hier wird es für die alten Hasen im günstigen Fall vielleicht für ein wohlwollendes Lächeln reichen - doch für mich als Rookie ist es der absolute Wahnsinn: Nach einer Stunde und einem Dutzend Empfangsreports traue ich mich, erstmals im WSPR Net zu schauen, ob die Balkonantenne eigentlich auch sendet. Und schlage lang hin: Zwei Dutzend Reports, darunter Kambodscha, Brasilien, der Mittlere Westen der USA und das Expeditionsschiff Polarstern irgendwo am südlichen Wendekreis. Jubel! Hammer! Die Sch... funktioniert!

    Eine drei Meter lange Stabantenne bei 5 Watt, halb abgedeckt durchs Haus, weit unterhalb Giebelhöhe, und das wird in Kambodscha gehört! Alter, das ist doch kein Fake, oder?! Okay, mal wieder in bisschen runter kommen, sage ich mir selbst. Mir ist klar, dass das jetzt noch kein SSB-QSO war. Aber dass mein HF-Setup zum ersten Mal wirklich DX macht, am helllichten Tag ins nächtliche Kambodscha, bei 15m, hat mich einfach umgehauen.

    Erinnert sich noch jemand, welche Resonanzfrequenz des Balkongerüsts ich eingangs dieses Threads berichtete? Genau: 21 MHz. Der Tipp, das zu messen, war - wie viele andere hier - Gold! Daher nochmal herzlichen Dank für eure zahlreichen Hinweise, die haben hier und heute einem einfachen OM die ganze Welt etwas näher gebracht.

    អរគុណ! (Danke, in kambodschanischem Khmer.)

    73 de DF1PC

    Norbi