Einfluss der Tastkopfimpdedanz

  • Hallo Forumianer!


    Mich beschäftigt die folgende Fragestellung:


    Was passiert eigentlich, wenn ich mit einem Oszi-Tastkopf an meine Schaltung gehe?


    Ich hab dazu schon ein wenig im Netz recherchiert und kam nur auf die "Ersatzschaltbilder" eines Tastkopfes - zudem wurde dann noch häufig die Bedingungen zitiert, die gelten muss, damit der Tastkopf an das Oszi abgeglichen ist.
    Was mir fehlt war der Plot, der mir eine Abschätzung zur Eingangsimpedanz des Tastkopfes gibt. Daher hab ich die Problemstellung mal selbst in die Hand genommen und die Eingangsimpedanz eines einfachen Tastkopfes geplottet. In den beigefügten Abbildungen seht ihr das Schaltbild eines Tastkopfes und die dazugehörige Eingangsimpedanz.
    Wenn ihr euch meinen Impedanzplot anschaut, werdet ihr feststellen, dass die Eingangsimpedanz des Tastkopes bei 1MHz nur noch einen Betrag von 10kOhm hat...!!!
    Ich finde das ganz schön wenig. Auch wenn ich (leider) nicht viel mit HF zu tun hab, komm ich doch relativ häufig mit Frequenzen mit bis zu 20MHz in Kontakt (sei es das Prüfen eines Schwingquarzes). Ok, meißt handelt es sich dann um Logikschaltungen, sprich ich hab es auch dann mit Treiberstufen zu tun, die mal eine zusätzliche 10kOhm last treiben können. Kommt aber mal ein hochohmigerer Schaltungsknoten unter den Tastkopf, dann machen 10kOhm bei 1MHz schnell was aus.


    Jetzt meine Frage an euch - Sind meine Simulationen richtig? Interpretiere ich das Ergebniss richtig? Ist da irgenwo ein Denkfehler...


    Freue mich jetzt schon auf Eure Antworten,
    Sven

  • Hallo


    die Antworten findet ihr eigentlich weitgehend in diesem Script. http://www.cbtricks.com/miscel…/scope/abcs_of_probes.pdf.
    Ich hätte das auch noch auf Deutsch aber nur als Druck.


    vy73 Mark, HB9DRN


    Tja wobei auf Seite 12 Fig. 1-11 noch ein Fehler ist - properly compensated ist natülich dann, wenn der Rechteck gerade verläuft, da haben sie zweimal das Bild von under compensated verwendet.

  • Hallo Sven,


    ich denke da liegst Du ganz richtig. Im Hochfrequenzbereich hat die Tastkopfimpedanz einen erheblichen Einfluß auf das Messobjekt. Rechnerisch lässt sich dies mittels Komplexer Wechselstromrechnung sehr schön nachvollziehen, siehe z. B. hier:


    http://www.beispielrechnung.or…hne-und-mit-tastkopf.html


    Praktisch liegt die Eingangsimpedanz eines üblichen Tastkopfes (1:10), z. B. Testec MF 312 bei 10 MOhm und parallel 15 pF. Die 10 MOhm sind bei niederohmigen HF-Schaltungen in der Regel kein Problem, kritischer ist die Eingangskapazität. Diese 15pF werden z.B. Filter und Resonanzkreise stark verstimmen, zumindest im höheren HF Bereich aufwärts. 15 pF stellen bei einer Frequenz von 150 MHz eine Impedanz von Z = 1/(2*pi*f*C) von nur rund 70 Ohm dar.


    Daher sollte man grob abschätzen, welchen Einfluß die Messung auf das Schaltungsverhalten hat (je nach Frequenz etc.) und dann ggf. die Messung mit in das Schaltungsverhalten einfließen lassen. So kann eine Schwingkreiskapazität um 15 pF temporär zu niedrig ausgelegt werden, um das Zielverhalten der Schaltung unter Messung zu beobachten. Oder man muss sich eine andere Form der Ankopplung überlegen. Ist man nur an qualitativen Ergebnissen (Max vs Min, z. B. Filterabgleich) interessiert, kann man auch einen < 1pF Kondensator in Serie zum Tastkopf vorschalten. Man kann dann den Abgleich nachvollziehen, ohne die Schaltung wesentlich zu belasten.


    PS: Bei der 1:1 Einstellung des Tastkopfes liegt die volle Kabelkapazität an und das sind in der Regel > 100 pF. Also immer 1:10 einschalten, wenn die Empfindlichkeit des Messgerätes dies hergibt.


    73, Michael, DG5MK

  • Hallo Sven


    Deine Simulation ist ok: Bei sehr tiefen Frequenzen ist der Eingangswiderstand der Sonde nur duch die Serieschaltung von 9 und 1 MOhm = 10 MOhm bestimmt. Bei 1 MHz dagegegen wird nur noch die Eingangskapazität (14 pf) wirksam und der Widerstand (Impedanz) fällt auf ca. 10 kOhm.


    Wie bereits von Rainer angemerkt fehlt in Deinem Ersatzschaltbild die Kabelkapazität (ca. 100 pf), parallel zum Oszieingang, entsprechend muss auch die Kapazität parallel zun den 9 MOhm erhöht werden.


    Die Eingangskapaziät der Sonde scheint mir etwas hoch. Der gesamte Frequenzgang der Sonde wird übrigens auch durch die Ausgangsimpedanz deines Messobjekts bestimmt. Ist dieser 50 Ohm, dann kann Deine Sonde bis zu viel höheren Frequenzen verwendet werden.


    73, de Andreas

  • Nabend,


    vielen danke für Eure konstruktiven Beiträge :) Da waren jetzt schon ein paar interessante Links und Tipps dabei!


    Mir ist dann auch aufgefallen, dass ich Euch nicht die "Herkunft" der skizzierten Bauteile erklärt habe... sorry!


    - C_TL ^= Tastlastkapazität. Der Hersteller gibt 14pF an. Ich habe einfach mal angenommen, dass die sich aus den geometrischen Eigenschaften des Tastkopfes ergibt. Wenn man Teile des Tastkopfes als einen Zylinderkondensator ansieht, dann kommt man auch schonmal in die größenordnung ( erster Anlauf -> 6pF)*.
    - C_T und R_T habt Ihr sicher selbst erkannt. Entspricht einmal Teilerwiderstand und der Trimmkapazität
    - C_O und R_O habt Ihr sicher auch schon als Oszilloskopneztwerk gesehen Angeregt durch Eure Beiträge, habe ich den vorhanden Tastkopf nochmal genauer unter die Lupe genommen und mit einem Smart Tweezer** die Kapaziät der mir vorliegenden Tastköpfe gemessen. Das schöne ist bei meinen Tastköpfen, dass ich sie ausseinnander bauen kann.
    Hab euch mal zwei Fotos angehängt die Euch zeigen, dass man das Kabel sowie Spitze demontieren kann und dann nur noch den Kopf selber in der Hand hat (entschuldigt bitte die Qualität der Fotos). Bei den beiden Tastköpfen handelt es sich einmal um einen Testec TT-LF212 und zum anderen um einen TT-MF312. Der hersteller gibt eine Kapazität von 14pF bzw. 15pF an.
    Ich hab dann mal alles mögliche mit dem Tweezer durchgemessen. Die Kabelkapazität ist bei beiden bei ca. 40pF. Die "Nackten-Tastköpfe" (ohne Kabel) haben beide ca 11pF. Damit konnte ich mein Ersatzschaltbild natürlich nochmal weiter optimieren. C_TL = 11pF und C_TK = 40pF. Wie von euch schon angedeutet, hab ich auch die Trimmakapazität neu angepasst.
    Das Ergebniss hab ich wieder geplottet (rot = neu, blau = alt) und dazu das neue Ersatzschaltbild mit hochgeladen. Viel geändert hat sich an der Laage nicht. Tastköpfe sind weiterhin bei hochohmigen Knoten und hohen Frequenzen immer noch mit vorsicht zu genießen.


    Grusselig finde ich meine Überschlagsrechnung zur Tastkopfkapazität bei hohen Frequenzen. Bei einer Frequenz von 100kHz kann man davon ausgehen, dass die Impedanz von C_T kleiner ist als die von R_T (C_T = 265k, R_T = 9M). Dann errechnet sich die Tastkopfkapazität C_ges = C_TL + (C_T*C_TK/(C_T+CTK)) = 16pF. Das entspricht in etwa den Herstellerangaben mit 15pF... Könnt ihr das bestätigen?


    Für weitere Verbesserungsvorschläge und Anmerkungen bin ich Dankbar!


    Grüße,
    Sven



    * Tastkopf als Zylinderkondensator nach http://de.wikipedia.org/wiki/Zylinderkondensator berechnet. l = 30mm, R_1 = 1mm, R_2 = 1,75mm, e_0 = 8,854e-12, e_r = 2 ^= Teflon <- ich bin mal davon ausgegangen, dass sie ein "schelchtes Dieelektrikum" eingebaut haben.
    **http://www.smtsmarttweezers.de/

  • Tastköpfe sind weiterhin bei hochohmigen Knoten und hohen Frequenzen immer noch mit vorsicht zu genießen.


    Diese bahnbrechende Erkenntnis ist nur leider nicht neu. In Reaktion darauf hat man schon vor langer Zeit mit aktiven Tastköpfen geantwortet, die Kapazitäten <1pF aufweisen. :D


    Gruß, André

    Was ich nicht reparieren kann ist nicht kaputt! :whistling:

  • Nabend,


    @André: Das diese Erkenntnis nicht neu ist, hab ich mir schon gedacht. Faszienierend ist nur, dass es scheinbar nur wenigen bewusst ist, welche Auswirkung diese Kapazität auf die Impedanz des Tastkopfes hat. Und, dass ich einen solchen Plot im Netz nicht gefunden habe.


    Ansonsten bedanke ich mich nochmal bei allen, für die konstruktiven Beiträge!


    Grüße,
    Sven