Abstimmbarer Preselektor - gekoppelte Kreise

  • Hallo Kollegen,


    mich würden Praxiserfahrungen zu selbstgebauten, abstimmbaren Preselektoren für den HF Bereich interessieren, ausgeführt als gekoppelter Kreis, um eine höhere Selektionswirkung zu erzielen.


    Inzwischen habe ich einiges ausprobiert, aber die praktische Umsätzung hat so seine Tücken, insbesondere im Bereich oberhalb von 10 MHz. Standardausführungen sind in kapazitiver Hochpunktkopplung oder induktiver Fusspunktkopplung. Dabei sind Koppelkapazitäten im Bereich 1 - 2 pF oder Induktivitäten im nH Bereich anzusetzen. Das ist meines Erachtens kaum praktisch umzusetzen.


    Beipielsweise ergab ein Aufbau mit kap. HPK eine bereits überkritische Kopplung der Kreise, ganz ohne Koppelkondensator. Die Streukapazität war offensichtlich bereits höher (durch den Drehko?). Der Aufbau erfolgte mit 2 x 420pF Luftdrehko, Amidon T50-2 0,5 uH direkt an den Kondensatoranschlüssen, Ein- und Auskoppelung über kapazitivem Spannungsteiler direkt auf BNC. Messung mit VNWA nach DG8SAQ.


    Der klevere Vorschlag von LA7MI (transformation der Koppelinduktivität auf unkritische Werte) hat sich leider auch als schwer umsetzbar gezeigt, da für einen Gesamtbereich von 1 MHz bis 30 MHz die Schaltung in ein umschaltbares Spulengrab endet. Ansätze mit Abgriffen an einer Kreisinduktivität T 106-2 sind gescheitert wegen Wicklungskapazitäten und ungewollten Resonanzen.


    Ausführungen als 1 Bandfilter sind nicht so kritisch, weil Schalter, Drehko etc. nicht benötigt werden. Simulationen mit Multisim etc. laufen erwartungsgemäß prima, hilft aber nichts...


    Gibt es Erfahrungen mit anderen Ansätzen, evtl. Kompensation von Streukapazitäten? Der Drehko muss aber auf Masse liegen. Ziel ist es mit einem Minimum an Bauteilen auszukommen. Die Einfügedämpfung ist hier nicht ganz so entscheident. Evtl. doch zurück auf eine 1 Kreis Ausführung? Die BCC Ausführung kommt dabei wohl nicht in Frage wegen der hochliegenden, variablen Kapazität.


    Danke für Hinweise


    VY 73, Michael, DG5MK

  • Ich würde die BCC Lösung nicht gleich verwerfen. ich selbst hatt vor vielen Jahren schon seinen Vorläufer in Benutzung und war sehr zufrieden.. Vielleicht kannst du dir dort Anregungen holen. Schau mal hier.

    73/2 de Peter, DL2FI
    Proud member of Second Class Operators Club SOC and Flying Pig Zapper #OOO (Certificated Kit Destroyer)

  • Hallo zusammen,



    vor vielen Jahren hat Victor Koren in 'Applied Microwave & Wireless'
    einen Artikel 'Design of a Constant Insertion Loss Variable Band Pass Filter'
    veröffentlicht - leider ist mein Ausdruck verschollen und der Artikel im Netz offenbar
    nicht verfügbar.
    Aus einem nie abgeschickten Leserbrief an 'Sprat' habe ich aber noch die Werte
    meiner Version für 8...30MHz.
    Seine Vorteile sind der grosse Abstimmbereich ( > 3:1 ) mit handelsüblichen Drehkos/Kapazitätsdioden,
    sowie die fast konstante relative(!) Bandbreite bzw. Einfügedämpfung.
    Nachteil ist die recht hohe Koppelinduktivität, deren kapazitätsarme Ausführung sicher nicht trivial ist.


    Dafür kann man mit zwei Stück den gesamten Bereich von 3...30MHz bestreiten, es reicht die Induktivitäten
    mit dem Quadrat der Frequenz zu skalieren unter Beibehaltung der Kapazitäten.


    73


    Peter/DL3PB

  • Peter/DL2FI, der BCC ist definitiv der Fallback wenn es Richtung gekoppelter Kreise nicht weitergeht. Das Konzept ist aufgrund seiner Qualität ja auch in den Funkamateur SDR übernommen worden.


    Hagen, ja der Thread ist bekannt. Hierauf habe ich meine bisherigen Versuche aufgebaut.


    Peter/DL3PB und Heinz. Super Hinweis. Das Design simuliere ich mal durch und starte dann einen Versuchsaufbau.


    Danke Euch allen!


    Vy 73, Michael, DG5MK

  • Hallo liebe OMs,


    hier nun einige Erfahrungswerte beim Aufbau eines variablen Bandpasses die evtl. auch Anderen weiterhelfen die vor ähnlichen Fragestellungen stehen.


    Induktivität und Nutzbarkeit von Ringkernen
    Aufgrund der schlechten Erfahrungen aus einem ersten Versuch mit einem umschaltbaren Bandpass habe ich die Induktivität und parasitäre Resonanz von Ringkernspulen etwas näher untersucht.


    Die folgenden Bilder zeigen einen Amidon T106-2 mit 0,6mm CUL Draht und 30 Windungen, einmal auf rund 180 Grad verteilt, einmal auf ca. 300 Grad verteilt. Allein aufgrund der Stauchung/Lage der Wicklungen ergibt sich eine induktive Änderung von über 20 %! Hier von 13,9 uH auf 17,1 uH. Rechnerisch hätte sich 9,45 uH ergeben. Mal abgesehen von der größeren Induktivität gegenüber dem Rechenwert, lässt sich die Erhöhung bei Stauchung kaum mit Materialungleichheiten oder ähnlichem erklären.


    Meine Schlussfolgerung ist die folgende: Der Kern (Material 2) hat laut Amidon eine relativ niedrigere Permeabilität von u = 10 (siehe www.amidoncorp.com). Luft hat u = 1. Damit ist mitnichten der Großteil der Feldlinien auf den Eisenkern konzentriert. Ein nicht unerheblicher Teil verläuft weiterhin durch die Luft. Eine gestauchte Spule auf einem Ringkern Material 2 verhält sich damit zum Teil wie eine Luftspule. Stauchen heißt, Induktivität nimmt zu. Die übliche Formel für Ringkerne gilt als Näherung auch nur bei hohen Permeabilitäten Das Ganze kann man sicherlich auch berechnen…wer mag.


    Interessant ist auch ein Plot der Induktivität über die Frequenz. Hier die gleichen Spulen untersucht mit einem DG8SAQ VNWA auf Induktivität und Güte. Gut sichtbar ist die parasitäre Resonanz bei einmal 27 MHz, einmal 28 MHz. Mit noch höheren Wicklungszahlen wandert die Resonanz weiter in den für HF interessanten Bereich. Die Induktivität ist hier schon relevant frequenzabhängig. Die Güte der Spule dürfte sehr viel höher sein als hier gezeigt, wenn auch stark frequenz- und wickeldichtenabhängig. Siehe Amidon Q-curves. Grund ist evtl. die Messumgebung von 50 Ohm des Analyser. Eine niederohmigere Messumgebung würde den Fehler ggf. verringern. Dazu gibt es auch mehrere Beiträge hier im Forum. Weitere Erfahrungen zur Gütemessung mit VNWAs sind sehr willkommen.


    Damit ergeben sich für den Praktiker folgenden Schlussfolgerungen bei dem für AFU beliebten Material 2 für Ringkerne:


    1)Eine Messung der Induktivität ist sehr empfohlen, für niedrigere Frequenzen (bis einige MHz) kann ein PIC basiertes Messinstrument AADE oder anderes vernünftige Werte liefern. Darüber hinaus ist die Messung (die bei den Geräten bei max. 1 MHz stattfindet) mit Vorsicht zu genießen. Ein VNWA hilft definitiv weiter.
    2)In Bauanleitungen etc. ist eine Angabe der Wicklung und Belegungsdichte erforderlich, eine reine Angabe der Anzahl Windungen und des Kerntyps führt ggf. zu starken Abweichungen.
    3)Um unerwünschte Kopplung zu vermeiden, sind auch Ringkerne örtlich weit entfernt und rechtwinklig zueinander zu verbauen.
    4)Große Induktivitäten (100 uH und mehr) lassen sich kaum über Ringkerne für höhere Frequenzen realisieren, aufgrund parasitärer Resonanzen.



    Variabler Bandpass mit gleichbleibenden Eigenschaften
    Angeregt durch die Beiträge in diesem und anderen Threads habe ich einen variablen Bandpass für den Bereich 3,5 MHz bis 14 MHz erstellt. Victor Koren (Link siehe oben) zeigt, wie man durch eine Transformationsschaltung aus je 2 nicht gekoppelten Induktivitäten einen variablen Bandpass erstellen kann, dessen Einfügungsdämpfung, prozentuale Bandbreite und Dämpfungsverlauf über den Abstimmbereich konstant bleiben. Dabei zeigte sich, dass bei einem induktiv gekoppelten Filter die Koppelinduktivität von mehreren 100 uH kaum praktisch realisierbar ist, siehe oben.


    Daher habe ich folgenden Ansatz gewählt:


    1) Entwurf eines Bandpasses 2ter Ordnung nach der Meshmethode (siehe Link auf anderen Thread in diesem Thread), oder auch mit ELSIE/ARRL für einen Quellen und Lastwiderstand im Resonanzwiderstandsbereich der Schwingkreise.
    2) Transformation auf 50 Ohm Systemwiderstand mit Wahl der Koppelinduktivitäten nach Victor Koren.
    3) Ersatz der unpraktikablen Koppelinduktivität durch eine Aufwärtstransformation einer praktikablen Induktivität in die Resonanzkreise.


    Das folgende Spreadsheet zeigt die Berechnungen und kann für eigene Versuche eingesetzt werden. Die 5 unterschiedlichen Fälle zeigen die Dimensionierungen für unterschiedliche Bandbreiten. Für den praktischen Aufbau habe ich die 2 % Bandbreite gewählt.


    In den folgenden Bildern ist die Schaltung mit/ohne Transformation ersichtlich und beispielhaft ein resultierender, identischer Plot der Übertragungsfunktion.


    Eine Simulation mit ELSIE zeigt die gleichbleibenden Eigenschaften, wie von Victor Koren definiert.


    Genug der Theorie.


    Ein Versuchsaufbau ist aus den folgenden Bildern ersichtlich, HF technisch sicherlich noch nicht optimiert. Gerade an den größeren Induktivitäten werde ich noch mal Hand anlegen. Der abgebildete Schalter ist ein Überbleibsel erster Versuche und hat mit der aktuellen Schaltung nichts zu tun. Die längeren Silberdrähte schaden hier kaum, da der gesamte Bandpass bis auf den Drehkondensator keinerlei Kapazitäten enthält und somit auf einen maximalen Abstimmbereich ausgelegt ist. Sie stellen letztlich nur eine geringe Vergrößerung der vorhandenen Induktivitäten dar.


    Die Schwingkreise wurden vor Einfügung der Kopplung mit dem VNWA auf Resonanzgleichheit abgestimmt (Stauchen der Wicklungen). Die Koppelinduktivität letztlich experimentell optimiert. Der Sollwert von rund 3 uH wurde auf rund 1,6 uH verkleinert. Hintergrund ist die nicht optimale Kopplung der Transformationswicklungen auf den Ringkernen. In der Simulation ist K = 1 angenommen, realistisch ist aber höchstens K < 0,5. Die geringere Kopplung hier muss durch eine stärkere Kopplung durch die Induktivität (gleich kleinerer Induktivitätswert) ausgeglichen werden. Auch hier bietet sich noch viel Raum für Diskussionen.


    Die folgenden Bilder zeigen VNWA Plots des fertigen Bandpasses mit unterschiedlicher Kondensatoreinstellung. Sehr schön ersichtlich ist, dass sich die gewünschten Eigenschaften tatsächlich annähernd ergeben. Im abfallenden Bereich ist eine geringe parasitäre Resonanz zu sehen. Die Einfügungsdämpfung ist rund 3dB und fällt bei 14 MHz auf 6 dB ab. Die Anpassung an 50 Ohm ist noch nicht optimal. Der Abstimmbereich erstreckt sich von 3,5 MHz auf rund 19 MHz, das ist Faktor 5,4 ohne Umschaltung! Die Bandbreite ist rund 80 k bei 3,5 MHz und rund 400k bei 14 MHz.


    Meiner Meinung nach handelt es sich hier um ein sehr interessantes Konzept. Wenn ich Zeit habe, gehe ich an die Optimierung.


    Ich hoffe, dass der Beitrag allen Tüftlern und Bastlern weiterhilft!


    73 Michael/DG5MK

  • Hi,


    nur zur Erinnerung: Die z.B. mit dem Mini-Ringkernrechner ermittelten Induktivitäten von Ringkernspulen gelten für eine Verteilung der Wicklung auf den gesamten Umfang des Ringkerns von 360 Grad. Wann immer man abgleichen will, also Windungen zusammendrücken oder auseinanderziehen, darf man die Wicklung nur z. B. auf 270 ... 300 Grad verteilen. So ergeben sich grundsätzllich immer höhere als errechnete Induktivitätswerte, die man durch Reduzieren der Windungszahl um eine oder 2 Windungen korrigieren muss. Nachmessen der Induktivität ist also grundsätzlich unerlässlich.


    73, Uli, DK4SX

  • Hallo Michael,


    Ich hab deinen Aufbau mal nachgebaut und kann deine Daten im wesentlichen bestätigen. Ich habe allerdings zu den tieferen Frequenzen hin eine hohe Einfügedämpfung (80m: 31dB, 40m: 21dB, 30m: 9dB). Kannst du mal beschreiben, wie du die beiden Kreise auf Gleichlauf gestimmt hast.


    Ich hab alle Induktivitäten nachgemessen und mußte - wie Uli schon richtig angemerkt hat - gegenüber der berechneten Windungsanzahl etwa 1 - 2 Windungen entfernen. Kerne sind alle T80-2, bis auf L8 und L13 (Eingang bzw. Ausgang auf Masse), die sind T50-2.


    Foto anbei


    73 Heinz, OE5EEP

  • Hallo Heinz,


    hast Du mal an andere Ringkerne für die Frequenzen ab 7MHz gedacht?


    T106-2 bzw. T106-17 ?


    ich habe mit dem T94-17 schon Güten um 200-400 gemessen.


    .

    73 de Uwe
    DC5PI

  • Hallo Heinz,


    da stimmt etwas nicht. T80-2 sollte ok sein. Die höhere Dämpfung ist bei den höheren Frequenzen zu erwarten, aufgrund der zunehmenden Verluste. Ich habe 3dB Einfügungsdämpfung gemessen bei 3.5 MHz. Hast Du die Bandkreise auf Gleichlauf abgeglichen? Ich habe dazu einen Netzwerkanalysator genommen, damit geht es extrem einfach. Sollte aber auch mit Dipmeter etc. funktionieren.


    Generell:


    1. Koppelinduktivität entfernen, sonst beeinflussen sich die Kreise gegenseitig
    2. NWA an Kreiseingang 1 anlegen. Reflexionsmessung und s11 in db zeigt die Resonanzfrequenz beim Minimum
    2a) Alternativ, nicht getestet, sollte aber auch funkionieren: Abstimmbares HF Signal auf den Eingang geben, evtl. TX mit Dämpfungsglied. Eingschleiftes SWR Meter beobachten und durchstimmen. Bei Resonanz sollte sich eine deutliche Veränderung ergeben (weniger Reflexion). Dies ist dann die Resonanzfrequenz.
    3. Gleiches Verfahren für den anderen Kreis anwenden. Durch Stauchen der Spulenwindungen zu einem Ende hin wird die Resonanzfrequenz niedriger, höherere Induktivität. Strecken entsprechend anders herum.
    4. Koppelinduktivität anlöten.


    Weitere mögliche Ursachen.
    5. Die Transformationskreise (Eingangsspulen) liegen extrem neben den Werten. Eher unwahrscheinlich.
    6. Die Kopplung der Kreise ist zu groß. Unterkoppelt ergibt sich eine Höckerkurve. Man hört beim Drehkodurchstimmen 2 Empfangsmaxima bei unterschiedlicher Frequenz. Überkoppelt ergibt sich ein Maxima, aber eine starke Dämpfung. Wahrscheinlich ist es dies.
    Demnach versuch mal die Kopplung zu veringern. Dazu muss die Koppelinduktivität vergrößert werden, bzw. weniger Windungen (geh auf n = 2).
    Optimal ist es wenn beim Durchstimmen nur ein Maximum vorliegt, mit entsprechend geringer Dämpfung.


    Ich tippe als Ursache auf Punkt 6. Hast Du evtl. Zugang zu einem Netzwerkanalysator?


    73, Michael, DG5MK


    PS: Ich habe das Design inzwischen auf Serienresonanzkreise umgestellt. Diese sind weniger anfällig bzgl. Streukapazitäten. Lass mal die Koppelinduktivität ganz weg. Wahrscheinlich wirst Du trotzdem eine Kopplung messen... durch Streukapazitäten. Bald mehr.

  • Hallo Michael,


    Danke für deine Antwort. Hab zwischenzeitlich nichts mehr unternommen mit der Schaltung. Ich hab einen MiniVNA zur Verfügung und werde mich zum Wochenende wieder mal mit neuen Ergebnissen melden. Derzeit bin ich beruflich unterwegs.


    73 Heinz

  • Hallo liebe OMs,


    nun ist die Beschreibung für die Version mit seriellen Schwingkreisen fertig. Auf meiner Seite


    http://www.dg5mk.de


    gibt es den gesamten Artikel zum Anschauen, als PDF samt zugehörigem Excel Sheet zur Berechnung zum Download.
    Der Aufbau mit seriellen Schwingkreisen ist wesentlich unkritischer im Nachbau. Streukapazitäten schaden weniger, die Induktivitäten sind kleiner/günstiger.


    Mit dem Excel Sheet können alle Bauteilwerte nach Vorgabe von vorhandenem Drehkondensator, Sollfrequenzbereich und Bandbreite einfach ermittelt werden.


    Die gemessene Performance entspricht weitestgehend der Berechnung: von 3,5 MHz bis über 20 MHz durchstimmbar (bis 14 MHz mit konstanter Charakteristik), Einfügungsdämpfung kleiner 3 dB. Selektion zum nächsten Nachbarband größer 50 dB.


    Über Erfahrungswerte würde ich mich sehr freuen.


    73 Michael, DG5MK


    PS: Hier nur das Photo des Versuchsaufbau. Das PDF ist sehr groß, gibt es auf der Homepage.