Ich bin öfters zu diesem Thema angesprochen worden und denke, die Diskussion darüber dürfte für einige von uns zu interessanten Erkenntnissen führen.
Ich versuche mal in etwa wiederzugeben, wie mir Helmut, DL2AVH mal die Zusammenhänge erklärt hat, womit er mich überzeugt hat dass ich auch in diesem Fall eher meinen Empfindungen trauen soll als der allgemein verbreiteten "Erkenntnis der Experten. Wenn es dich wirklich interessiert, dann mach einfach mal unvoreingenommen den Selbstversuch.
Der Mensch hört nicht wirklich mit dem Ohr, er hört mit dem Gehirn. Das Ohr ist nur ein Hilfsmittel, ein Signalwandler. Das erkennen, analysieren, verstehen usw. erfolgt erst im Gehirn.
Das Gehirn kann nur Informationen vermitteln, die es aus Vergleichen gewinnt. Je mehr Information zum Vergleich vorliegt, um so genauer fällt die Analyse aus. Das bedeutet, dass unser Gehirn die im Moment aufgenommenen Signale mit gespeicherten Signalen vergleicht. Enthält das aktuelle Signal wenig Information, so fällt die Analyse schlechter aus.
Die Information ist immer innerhalb einer Umgebung vorhanden. Jeder einzelner Ton ist umgeben von vielen anderen Tönen, Geräuschen usw. Was in dieser Kulisse der Träger der eigentlichen Information ist muss vom Gehirn aus dem Zusammenhang herausgearbeitet werden.
Nun ist es aber so, dass der Mensch bekanntlich ein Gewohnheitstier ist. Wir sind hochgradig trainiert, haben mit dem Training in Bezug auf hören und verstehen des Gehörten schon vor unser Geburt mit dem Training angefangen. Immer, wirklich immer war dabei die akustische Information in einen Rahmen anderer Geräusche gepackt - ob es das rauschen des Blutes war oder das durcheinanderreden der Freunde auf dem OV Abend.
Nun kommen die Funker, und wissen es besser. Sie bauen extrem steilflankige Filter, machen sie so schmal wie möglich und stellen sie als Sperre zwischen die Information und ihr Gehirn. Das arme Ding zwischen den Ohren soll nun in völlig ungewohnter Umgebung arbeiten, so etwa als sollte es ein Orchesterstück erkennen, bei dem alle Musiker außer dem Mann an der Pauke schon nach hause gegangen sind.
Der empfohlene Selbstversuch funktioniert nur mit einem Empfänger, bei dem man die Regelung abschalten kann (Handregelung)!!!! Die AGC verändert alles zum negativen, weil sie bei einem breiten Filter die Verstärkung zurück regelt wenn innerhalb der Durchlaßkurve des Filters andere, stärkere Stationen auftreten.
Suche eine möglichst schwache Station, schalte das schmalste Filter ein das du hast.
Bei einem schmalen Filter fehlen zwangsläufig die Höhen, die bei allem was wir sonst hören immer vorhanden sind. Die Information ist in ein ungewohnt dumpfes Klangbild eingebettet. Das Gehirn hat mangels Vergleichsmöglichkeit große Schwierigkeiten, die eigentliche Information innerhalb des gehörten zu finden.
Schaltest du nun ein breiteres Filter ein und hast dafür gesorgt, dass die Elektronik das schwache Signal nicht wegregelt, so ist die ach so schwach vorhandene Information definitiv viel leichter Analysierbar, weil der gesamte Höreindruck dem Gehirn viel bekannter ist.
Ich habe das so lange ich CW mache immer so empfunden, habe mich aber jahrelang davon überzeugen lassen, dass ich mir schmalere Filter kaufen (oder bauen) muss. Inzwischen bin ich davon weg, bau mir in jedes Gerät eine Handregelung ein und höre mit breiterem Filter. Andere Telegrafisten innerhalb der Filterkurve blende ich mit dem Kopf genau so aus wie ich es in der Kneipe mit Gesprächen mache, die mich nicht interessieren. (Dabei ist das schwieriger, weil die alle auf der gleichen QRG stattfinden
Ideal wäre nun noch, wenn man die Telegrafie Stereo hören könnte weil dass unserem Gehirn die Arbeit nochmals erleichtern würde, weil wir natürlich normalerweise immer Stereo hören. Das Ausblenden unerwünschter Informationen würde moch einfacher werden.