Stand: 02.07.2006
0. Voraussetzungen
An verschiedenen Stellen im Forum finden Diskussionen über kurze Antennen und ihre theoretischen Hintergründe statt. Dabei werden oft Behauptungen aufgestellt, die bei näherer Untersuchung nicht haltbar sind und zur weiteren Verwirrung beitragen. Die Funktion sog. kurzer oder kleiner "Wunderantennen" (EH-, RoomCap-, MicroVert-, Isotron-, MagLoop-Antenne) wird gelegentlich durch Fehlinterpretation solider physikalischer und elektrotechnischer Erkenntnisse völlig verantwortungslos bis ins metaphysische übertrieben.
An dieser Stelle soll der Versuch unternommen werden eine anschauliche Erklärung möglichst ohne viel verwirrende Mathematik und/oder Feldtheorie darzustellen und zu sammeln. Das Thema basiert einerseits auf dem Beitrag Eigenschaften kurzer Antennen hier im Forum, in dem bereits grafische Darstellungen des komplexen Strahlungswiderstandes angegeben sind, als auch auf der Veröffentlichung von Landstorfer und Meinke aus dem Jahr 1973 (!) "Ein neues Ersatzbild für die Impedanz kurzer Strahler", ursprünglich veröffentlicht in der NTZ 26 (1973) H11, S 490-495. Da nicht jedem Leser diese Veröffentlichung vorliegt, sind als Anlage die entscheidenden Ersatzbilder noch einmal zusammen gestellt.
Wie auch in ähnlichen Beiträgen sind Vereinfachungen und praktische Näherungen an dieser Stelle unvermeidlich. Ich werde mich bemühen Fehler und/oder zu starke Ungenauigkeiten, Unverständliches oder noch fehlendes in der Darstellung nachträglich zu korrigieren bzw. zu ergänzen, wenn sich eine Notwendigkeit dazu aus der nachfolgenden Diskussion ergibt.
Um sich dem Thema zu nähern, wird zunächst die gesamte Funkübertragungsstrecke als Vierpol betrachtet. Davon ausgehend ergibt sich dann die Betrachtung der Sendeantenne und ihrer elektrotechnischen Repräsentation durch eine Ersatzschaltung.
1. Die Funkstrecke als Vierpol
Ein Vierpol ist eine Modellvorstellung, die die wichtigsten Eigenschaften eines verarbeitenden Systems, bestehend aus einem Eingang und einem Ausgang, beschreibt. Die Eigenschaften eines Vierpols werden mit elektrotechnischen Parametern (Widerstand, Verstärkung, Reflexionsfaktor) eindeutig beschrieben, während andere Parameter (Versorgungsspannung, mechanische Ausdehnung, Frequenz, Belastung, usw.) zur Vereinfachung konstant gehalten werden.
Eine Funkstrecke besteht damit aus der Sendeantenne (dies ist für sich genommen ein passiver Zweipol), der eigentlichen Übertragungsstrecke in einem Medium und der Empfangsantenne, die wieder als Zweipol betrachtet werden kann. Generell ist eine aktive Empfangsantenne nichts weiter als die Reihenschaltung einer passiven Antenne und eines Verstärkers, der wiederum ein Vierpol ist. Streng genommen gibt es daher aktive Antennen gar nicht.
In einem idealen Medium (Vakuum und mit guter Näherung auch Luft) tritt während der Übertragung kein Verlust auf. Der Grund warum die Empfangsenergie geringer als die Sendeenergie ist, liegt einzig und allein darin, dass eine praktisch realisierbare Empfangsantenne nur einen Teil des in den Raum abgestrahlten Feldes wieder aufnehmen kann. Der oft gelesene Begriff "Funkfelddämpfung" ist irreführend. Darin ist bereits die Größe der Empfangsantenne mit einberechnet. Und da ein resonanter Dipol auf höheren Frequenzen auch zwangsläufig kleinere Abmessungen hat, kann er auch nur entsprechend weniger Energie aufnehmen. Einzig dieser Umstand führt dazu, dass die so definierte Funkfelddämpfung frequenzabhängig ist. Physikalisch ist sie das jedoch nicht! Andernfalls würden wir Licht (eine elektromagnetische Schwingung um 500THz) gar nicht sehen können. Es spielt daher auch weitgehend keine Rolle, ob man einen Parabolspiegel konstanter Fläche bei einer höheren Frequenz betreibt, wo er nur rein rechnerisch einen höheren Gewinn bietet, als bei einer niedrigeren Frequenz. In der Praxis sind jedoch die sog. Flächenwirkungsgrade von Parabolspiegeln bei tieferen Frequenzen etwas geringer, so dass der Spiegel dort etwas schlechter als theoretisch möglich funktioniert.
Da die Rückwirkungen der als Vierpol betrachteten Funkübertragungsstrecke zwischen Ausgang (Empfänger) und Eingang (Sender) extrem gering sind, kann man den Eingang (und in einer getrennten Analyse auch den Ausgang) zur weiteren Betrachtung mit nur zwei Parametern, ohne große Fehler zu machen, vollständig beschreiben. Dies führt dann zum:
2. Der komplexe Strahlungswiderstand
Da eine Antenne in der Modellvorstellung als passiver Zweipol betrachtet werden kann, ist seine elektrische Beschreibung, bezogen auf den Vorgang der Abstrahlung, mit der Angabe seines komplexen Widerstandes Z bereits vollständig. Z kann man sich entweder als eine Reihenschaltung (Bild 5c, jedoch ohne Verlustwiderstand Rv) oder auch als eine äquivalente Parallelschaltung aus entsprechend umgerechneten Elementen R, L und C vorstellen. Selbst eine beliebige Kombination aus Reihen- und Parallelschaltung ist denkbar, für die weitere Betrachtung aber eher hinderlich.
Dieser komplexe Strahlungswiderstand Z besteht aus einem Realteil Rs, der für die Antennenwirkung (die Abstrahlung) verantwortlich ist, einem Anteil, in dem die Antennenverluste Rv konzentriert sind und einem Imaginärteil B, der zur Abstrahlung selbst nichts beiträgt. Für eine optimale Leistungsanpassung kann man nachweisen, dass der Imaginäranteil B gleich Null sein muss. Er wird daher durch Anpassgieder (Verlängerungsspulen, Radials, dem Antennendraht selbst (!), Tuner) durch einen entgegengesetzt gleich großen Blindanteil -B (konjugiert komplex) kompensiert. Den Zustand der vollständigen Kompensation aller Imaginäranteile (auch Blindkomponenten genannt) nennt man auch Resonanz und das dabei auftretende Optimum Resonanzüberhöhung. Oft erfordern Antennen als zweites eine Transformation des Realanteils Rs auf die üblicherweise vorhandenen 50 Ohm. Hierzu sind Balune gebräuchlich, die aber zusätzliche Verluste mit einbringen.
Im ohmschen Anteil des Realteils einer Antenne sind alle ihre Verlustwiderstände Rv' zusammen gefasst. Zusammen beschreiben sie Umsetzung elektrischer- in Wärmeenergie. Der resultierende Verlustwiderstand Rv besteht aus dem Antennendraht selbst, den Verlusten in der Spule und den Verlusten im Erdnetz. Die kapazitiven Verluste der Antenne alleine sind meist vernachlässigbar gering. Die kapazitiven Verluste im Erdnetz können dagegen sehr hoch sein. Meist wird hier geschludert und an Stellen "optimiert", die nur dem Kommerz etwas bringen.
Der verbleibende reelle Anteil ist der Strahlungswiderstand Rs der Antenne. Er beschreibt die Umsetzung elektrischer- in Feldenergie. Der Widerstandswert von Rs hängt von der Länge der Antenne stark ab und kann bei kurzen Antennen sehr leicht die Größenordnung des verlustbringenden, ohmschen Anteils erreichen. Näheres zum Verlauf findet man in einer qualitativen Darstellung im Anhang. Kurze Antennen haben in der Praxis einen schlechteren Wirkungsgrad als ein Lambda/2-Dipol und sind zwangsläufig immer (etwas) schlechter. Alle Optimierungen müssen daher entweder bei der Minimierung der ohmschen Verluste Rv und/oder der Erhöhung des Strahlungswiderstandes Rs ansetzen. Der theoretische Ansatz, die ganze Antenne einschliesslich Anpassglieder mit supraleitenden Materialen aufzubauen, ist an sich richtig, scheitert aber (noch) an der Verfügbarkeit entsprechender Materialien, die einerseits möglichst bei Raumtemperatur arbeiten sollten und andererseits auch genügend hohe magnetische Feldstärken verkraften müssen. Beides ist derzeit noch nicht möglich. Theoretisch ausgeschlossen ist es aber nicht!
Der komplexe Widerstand eines Zweipols beschreibt nach aussen lediglich seine elektrische Wirkung. Man kann aus ihm keine Rückschlüsse auf tatsächlich physikalisch wirkende, innere (Teil-)Komponenten ziehen. Insbesondere kann der Zweipol in seinem Innern sogar aus unendlich vielen Reihen- und Parallelschaltungen anderer komplexer Widerstände in beliebiger Kombination aufgebaut sein, ohne dass man dies von außen an den Anschlussklemmen tatsächlich feststellen könnte. Dies ist für die weitere Betrachtung wichtig.
3. Das Ersatzbild nach Landstorfer/Meinke
Landtorfer und Meinke haben in ihrer Veröffentlichung "Ein neues Ersatzbild für die Impedanz kurzer Strahler" eine Umformung des komplexen Strahlungswiderstandes vorgenommen und dabei einen neuen, weitgehend konstanten, "gedachten" Strahlungswiderstand Rs0 eingeführt, der einen Wert um 30 Ohm hat. Ihre Idee ist nun, dass dieser hochohmigere Strahlungswiderstand in Reihe mit einen kleinen Kondensator C2 (genannt Raumkapazität) am Speisepunkt liegt. Parallel zum Speisepunkt liegt ein weiterer Kondensator C1, der als Totkapazität bezeichnet wird (Bild 5b). C1 und C2 sind von der Länge der Antenne bezogen auf Lambda abhängig. Je kleiner die Antenne wird, um so grösser wird das Verhältnis C1/C2. Die neue Ersatzschaltung ist zum einfachen komplexen Modell (Bild 5c) vollständig transparent und ineinander überführbar.
Man kann sich nun leicht vorstellen, dass bei gegen Lambda kürzer werdender Antennenlänge, das Verhältnis C1/C2 immer größer wird und damit bei zunächst unveränderter Anpassung des Senders immer weniger Energie auf den feldaufbauenden "gedachten" Strahlungswiderstand Rs0 überkoppelt wird. Dies bedeutet noch keineswegs, dass eine kürzere Antenne grundsätzlich weniger abstrahlen muss, denn in diesem Modell sind noch keine Verlustwiderstände berücksichtigt! Durch eine Widerstandstransformation mit Leistungsanpassung kann - wie bei einer längeren Antenne - weiterhin die gesamte verfügbare Energie an den "gedachten" Strahlungswiderstand Rs0 abgegeben werden.
Ergänzt man einen zu der beschriebenen neuen Ersatzschaltung in Reihe liegenden Verlustwiderstand Rv, so findet, ebenso wie beim einfacheren Modell, eine Spannungsteilung statt und der Wirkungsgrad der Sendeantenne sinkt. Auch hier gibt es keinen Unterschied zum bisherigen Modell.
Eine Erhöhung der Raumkapazität C2 und damit bei konstanter Frequenz eine Reduzierung des Verhältnisses C1/C2, ist nur möglich, indem man die Antenne elektrisch oder mechanisch verlängert. Das Anbringen einer Dachkapazität verlängert die Antenne elektrisch. Anschaulich kann man sich das mit guter Näherung als Parallelschaltung der Dachkapazität zu C2 vorstellen, was zu einer höheren Kopplung an den "gedachten" Strahlungswiderstand Rs0 führt. Landstorfer und Meinke haben auch gezeigt, dass dies durch einen dielektrischen Körper am oberen Strahlerende möglich ist. Genau wie im konventionellen Modell lässt die Wirkung der Dachkapazität und des dielektrischen Körpers mit zunehmender Entfernung vom Strahlerende stetig ab. Es ist wichtig dabei festzuhalten, dass es keinen ausgezeichneten Punkt auf der Antenne gibt, an dem diese Wirkung abrupt abreißt. Damit hat jeder Teil der Antenne auch eine Wirkung auf ihre Eigenschaften und bei realen, verlustbehafteten Antennen auch auf ihren Wirkungsgrad.
Es wurde nun ein virtueller Grenzpunkt A (Bild 7 in der Veröffentlichung) zwischen Speisepunkt und Strahlerende postuliert, der vom Verhältnis C1/C2 bzw. bei konstanter Strahlerlänge von der Frequenz abhängt. Dieser Punkt (er ist nur eine Modellvorstellung) soll den Übergang zwischen dem strahlenden und dem nicht-strahlenden Teil der Antenne markieren. Unterhalb dieses Punktes findet nach Landstorfer/Meinke keine Wellenablösung mehr statt. Der untere Teil der Antenne ist aber - wie oben bereits erklärt - nicht wirkungslos. Nach Landstorfer/Meinke wird hier zwar keine Energie für das Fernfeld abgestrahlt, der Strahlungswiderstand Rs kann aber durch Beeinflussung von C1 - und damit indirekt auch von C2 - verändert werden.
Als Anlage ist ein Beispiel der Anpassung eines kurzen Vertikalstrahlers für das 40m-Band mit dem Ersatzbild nach Landstorfer/Meinke angefügt. Die Anpassung besteht aus den beiden Teilen Kompensation des Bildanteils der Antenne und Leistungsanpassung durch Widerstandstransformation des verbleibenden Realteils auf den Ausgangswiderstand des TX.
4. Diskussion
Könnte man eine verlustlose Sendeantenne mit einer verlustlosen Anpassschaltung auf einer unendlich gut leitenden und unendlich großen Fläche aufbauen, so würde man einen Hertzschen Monopol realisieren. Dessen Gewinn beträgt, bezogen auf den isotropen Strahler (dies ist ein hypothetischer, nicht realisierbarer Strahler, der die Energie gleichmäßig ohne Vorzugsrichtung im ganzen Raum verteilt), unabhängig von seiner tatsächlichen Größe etwa 4,8dB. Bei diesem Wert muss man berücksichtigen, dass ein Hertzscher Monopol im Gegensatz zum isotropen Strahler nur in den halben Raum strahlt und daher 3dB zusätzlichen Gewinn hat! Berücksichtigt man, dass ein bei Funkamateuren eher üblicher Lambda/2-Dipol in der Praxis auch nicht den ganzen Raum bestrahlt und am Boden keine konstruktive Reflexion statt findet, so hätte der Hertzsche Monopol einen Gewinn von knapp -0,4dBd. Abweichungen bis zu 3dB wären in der Praxis leicht möglich, doch es kommt hier nicht auf den absoluten Gewinn, sondern auf die Längenunabhängigkeit des Gewinns an.
Würde nun die Darstellung des "Zerreißens und Rücklaufens der Feldlinien" (Bild 3 in der Veröffentlichung) zutreffen, so müsste ein immer kürzer werdender Hertzscher Monopol auch immer weniger Energie abstrahlen und einen längenabhängigen Gewinn aufweisen. Dies trifft aber offensichtlich nicht zu! Bei einer kurzen verlustlosen Antenne wird die gesamte ihr zugeführte Energie abgestrahlt. Ob dies nun in einem Teilbereich oder über dem ganzen Antennenstab erfolgt, ist letztendlich für die erzielte Wirkung im Fernfeld völlig egal. Der Nutzen der Definition des virtuellen Grenzpunktes A erscheint somit für die Abstrahlung, die man auch als Wellenablösung bezeichnen kann, als völlig irrelevant. Es bleibt lediglich die Modellvorstellung übrig, die den Kapazitäten C1 und C2 der neuen Ersatzschaltung virtuell Teilbereiche auf dem Antennenstab zuordnet. Tatsächlich Nutzen daraus ziehen kann man jedoch nicht, denn die für die Fernfeldwirkung und für die elektrische Anpassung benötigten Eigenschaften lassen sich auch mit dem herkömmlichen Modell vollständig und widerspruchsfrei zum neuen Ersatzbild beschreiben.
Die Versuche mit dielektrischen Körpern am Antennenstrahler beeinflussen lokal das Dielektrikum und über diesen Umweg an jedem Ort der Antenne ihre Dachkapazität. Damit ändert sich die elektrische Länge der Antenne, was sich im herkömmlichen Modell in einer Änderung des Strahlungswiderstandes Rs und seines Blindanteils Xs auswirkt. Über eine simple komplexe Umformung kann man zeigen, dass sich beide neue Ersatzkapazitäten C1 und C2 daher konstruktiv nicht unabhängig voneinander beeinflussen lassen. Wäre dem nicht so, so müsste man durch konstruktive Maßnahmen eine mechanisch gegen Lambda/4 noch wesentlich kürzere Antenne bauen können, die den als nicht-strahlend postulierten Teil vermeidet und damit keine Totkapazität C1, sondern nur noch die Raumkapazität C2 enthält. (Auf diesen "Bauernfängertrick" sind noch nicht einmal die Erfinder und Befürworter der EH-Antenne gekommen!) Dies ist aber unmöglich, weil sich jede elektrische oder mechanische Längenänderung des Antennenstabes stets auf beide Ersatzkondensatoren C1 und C2 auswirkt.
Das Ersatzbild 5b wird in der Veröffentlichung als eine Näherung "für kurze Strahler" von Bild 5a bezeichnet und erst in Bild 10 wird es "für alle Frequenzen unterhalb der Eigenresonanz (h/h0 = 0,23)" mit zwei zusätzlich eingefügten Induktivitäten L1 und L2 erweitert. Diese Induktivitäten ergeben sich "Bei etwas längeren Stäben oder bei höheren Frequenzen..." durch "...die induktive Wirkung der magnetischen Feldenergie...", womit nichts anderes als die Stromverdrängungseffekte auf dem Antennenleiter gemeint sind. Sie führen dazu, dass Rs0 tatsächlich offenbar noch etwas höher (35 Ohm) ist. Stromverdrängung macht sich aber in der Praxis auch immer durch eine Erhöhung des Verlustwiderstandes Rv bemerkbar, da der stromleitende Querschnitt verringert wird. Doch die für den Wirkungsgrad einer kurzen Antenne wichtigen Verluste werden im Artikel gar nicht behandelt.
5. Ein praktisches Beispiel
Wem dies alles noch viel zu theoretisch ist, der sollte im folgenden Beispiel die Anpassung einer kurzen Antenne für das 40m-Band nachvollziehen. Es werden realistische Materialwerte und vernünftig sinnvolle Näherungen und numerische Rundungen verwendet. Hier eine Auflistung aller dazu nötigen Daten der Antenne:
- Material: Stahl (Permeabilität u etwa 1000, spezifische Leitfähigkeit sigma=7,69)
- Länge l=1,2m / Durchmesser D=1,5mm
- Arbeitsfrequenz 7MHz
- Güte der Kompensationsspule Q=200
Zunächst ergibt sich aus der Länge und Frequenz ein Verhältnis l/Lambda=0,03. Mit diesem Wert kann man aus den hier im Anhang befindlichen Diagrammen für den Strahlungswiderstand den Wert Rs=0,357Ohm und für den Blindanteil einen Wert B=-1928 Ohm entnehmen. Der negative Bildanteil deutet auf einen Kondensator hin. Bei 7MHz ergibt das einen Kondensator von etwa C=11,79pF. Das Ersatzschaltbild des komplexen Strahlungswiderstandes der Antenne besteht daher aus der Reihenschaltung C=11,79pF und Rs=0,357Ohm.
Um diese Antenne anpassen zu können, muss man zunächst die Wirkung von C=11,79pF durch eine Serienspule kompensieren. Es ergibt sich bei 7MHz ein Lk=43,84uH. Die Anpassung an den Ausgang des TX benötigt nun eine Transformation mit dem Verhältnis sqrt(50Ohm/0,357Ohm) ü=11,83.
Rechnet man die unvermeidlichen Verluste mit ein, so kann man sich folgendermassen dem tatsächlichen Wert annähern: 1) Die Kompensationsspule Lk habe eine Güte von Q=200 und 2) der Skin-Effekt auf dem Antennendraht soll berücksichtigt werden. Als Erdverluste soll der schon sehr gute Wert von Rerde=1 Ohm angenommen werden. (Auf einem Autodach oder bei einem Kupferdach kann man solche Werte durchaus erreichen, an einem Balkongitter jedoch eher nicht.) In einem realen Spulenmodell führen die Eigenresonanz und die Verluste zu einer kleinen Verstimmung der Antenne. Die Kompensationsspule muss bei 7MHz daher auf etwa Lk=43uH reduziert werden. Bei einer Güte von Q=200 ergibt sich dann ein Serienverlustwiderstand von etwa Rv1=9,5Ohm. Dabei ist die Stromverdrängung auf dem Spulendraht schon berücksichtigt.
Für den Skin-Effekt auf dem eigentlichen Antennenstab kann man aus den Materialdaten eine Eindringtiefe bei 7MHz von etwa 0,0022mm abschätzen. Zusammen mit dem Durchmesser von 1,5mm ergibt sich dann ein leitender Querschnitt von nur A=0,01mm² und bei einer Antennenlänge von 1,2m ein Verlustwiderstand des Antennendrahtes R=15Ohm. Da der Strombelag auf der kurzen Antenne vom Speisepunkt zum Strahlerende annähernd linear abnimmt, wirkt auch etwa nur der halbe Verlustwiderstand Rv2=7.5Ohm! Fasst man alle in Reihe liegenden Verlustwiderstände zusammen, so erhält man Rv=Rv1+Rv2+Rerde, also Rv=18Ohm!
Durch die Kompensationsspule entfallen nun alle Blindanteile und es bleibt ein Spannungsteiler aus der Reihenschaltung von Rv=18Ohm und Rs=0,357Ohm übrig. An die Summe R=18,357Ohm muss der TX mit seinen 50Ohm angepasst werden. Dazu wird eine Transformation mit dem Verhältnis sqrt(50Ohm/18,357Ohm), also ü=1,65 benötigt. Die reale Antenne mit den oben vorgegebenen Daten hat damit einen Wirkungsgrad von nur noch n=Rs/(Rs+Rv) = 0,357/(0,357+18 ), also etwa n=1,9%. Würde man den Strahler mit einer Silberschicht von ca. 25um Dicke überziehen, so würde der Verlustwiderstand des Strahlers allein bei etwa Rv2=0,085Ohm liegen, was den gesamten Verlustwiderstand auf etwa Rv=10,6Ohm reduziert und den Wirkungsgrad auf etwa 3,3% erhöht. Der Gewinn steigt dadurch um etwa 2,4dB.
Verdoppelt man die Antennenlänge auf 0,06 l/Lambda (2,4m bei 7MHz), so würde sich der Wirkungsgrad einer Stahlrute schon auf etwa 6,4% und mit Silberbeschichtung sogar auf 18,6% erhöhen. Gegenüber der kurzen Stahlrute würde bei der längeren, versilberten Rute der Gewinn um knapp 10dB (etwas mehr als 1,5 S-Stufen) steigen! Man erkennt sehr schön, dass für eine weitere Optimierung die Spulen- und Erdverluste nun ganz entscheidend sind und ein kurzer "nackter" Stahldraht, wie er bei Mobilantennen üblich ist, eher eine Art "Dummyload" ist. Über 98% gehen hier verloren. Das bedeutet, dass ein 100W Mobil-TRX an dieser Mobilantenne noch nicht einmal 2 Watt wirklich abstrahlen kann. Trotzdem ist KW-Mobilbetrieb bei weitem kein aussichtsloses Unterfangen, denn Rapporte von 59 sind keine Seltenheit! Es zeigt nur, dass einige QRO-OMs etwas das Mass der Dinge verloren haben könnten.
Da die abschliessende Widerstandsanpassung bei konstanter Antennenlänge und Frequenz nur vom Verlustwiderstand abhängt, kann man durch Messung des Wirkungsgrades und einer Rückrechnung auf den meist unbekannten ohmschen Erdwiderstand schließen. Man darf aber nicht übersehen, dass das Erdnetz i.d.R. auch einen Blindanteil hat. Den könnte man indirekt über die Verstimmung der Antenne auch ermitteln.
Im Anhang sind beide Beispiele (verlustlos/verlustbehaftet) mit dem äquivalenten Ersatzbild nach Landstorfer/Meinke dargestellt. Die Umrechnung in das Ersatzbild ist "manuell" etwas rechenintensiv. Es ergeben sich bei konstanten Rs0=30Ohm bei 7MHz und 1,2m Strahlerlänge dann für die Totkapazität C1=10,5pF und für die Raumkapazität C2=1,29pF. In Rv sind hier nur die Erd- und Skin-Effekt-Verluste des Strahlers konzentriert, da die Verluste der Spule bereits in der Güten-Angabe Q berücksichtigt sind.
6. Schlussfolgerungen für den Funkamateur
Aus den oben dargestellten Verhältnissen an einer Sendeantenne kann man folgende Eigenschaften für den praktischen Einsatz ableiten:
- Die exakten Feldverteilungen und ob die Feldlinien an einem kurzen Strahler tatsächlich "abreißen", sind für die Praxis des Funkamateurs nicht sehr entscheidend, da er i.d.R. an Fernfeldwirkungen (DX-QSOs) interessiert ist. Die wichtigsten Größen sind hier die möglichst ungestörte, freie Aufhängung der Antenne, ihr Wirkungsgrad und die Kenntnis ihrer Hauptstrahlrichtung.
- Ohne Verluste hat die Größe einer Sendeantenne (nahezu) keinen Einfluss auf ihren Gewinn in der Hauptstrahlungsrichtung! Lediglich die unvermeidbaren ohmschen Verluste führen dazu, das kurze Antennen schlechter als theoretisch möglich sind.
- Eine kurze Antenne hat immer einen Gewinn kleiner als ein Lambda/2-Dipol! Dies hat nichts mit ihrer tatsächlichen Länge zu tun, sondern damit, dass der Strahlungswiderstand Rs überproportional kleiner als ihr ohmscher Verlustwiderstand Rv wird. Dabei wird der gravierende Einfluss eines guten Erdnetzes meistens völlig vergessen!
- Die einzigen Möglichkeiten den Wirkungsgrad einer Sendeantenne zu verbessern sind a) die ohmschen Verluste zu reduzieren und/oder b) die Antenne durch eine Dachkapazität elektrisch zu verlängern. Da die Verluste in den einzelnen Komponenten einer Antenne und ihrer Anpassglieder gegeneinander nicht proportional sind, gibt es für jede Antenne bei konstanter Frequenz ein optimales L/C-Verhältnis. Ein allgemein gültiges, qualitatives Diagramm dazu findet man im Anhang. Die exakten Werte sind vom Aufbau und der Antenne selbst abhängig und daher nicht leicht vorher bestimmbar.
- MagLoop- und Isotron-Antennen stellen bei gleicher Baugrösse und Arbeitsfrequenz im Vergleich zu einem Vertikalstrahler nicht das Optimum des möglichen dar! Bei einer MagLoop wird durch den mechanisch dicken Strahlerring zwar der Verlustwiderstand minimiert. Würde man einen Vertikalstrahler gleicher Abmessung aus dem gleichen Material aufbauen, so hätte er einen etwas höheren Wirkungsgrad.
Die Isotron-Antenne stellt eigentlich noch nicht das andere Extrem einer "CapAntenne" dar, da sie noch eine diskrete Spule enthält. Sie kann theoretisch näher am optimalen L/C-Verhältnis als ein Vertikalstrahler ohne Dachkapaziät liegen. Vermutlich trifft das auf die meisten Konstruktionen aber nicht zu, da sie auf minimalen Raumbedarf konstruiert wurden und daher eine relativ grosse verlustbehaftete Kompensationspule benötigen, die alle theoretischen Vorteile wieder vernichtet.
Eine echte "CapAntenne" würde aus nur zwei grossen Blechen oder Drahtnetzen bestehen, die zueinander eine grosse Kapazität haben, aber dennoch ein Raum erfüllendes, elektrisches Feld erzeugen müssten. Sie dürften nur mit ihrer Eigeninduktivität in Resonanz auf der Arbeitsfrequenz sein. Die dazu erforderlichen Flächen wären aber so gross, dass diese Konstruktion im Vergleich hier keinen Sinn macht. Ihre Windlast wäre zudem ausserordentlich hoch.
- Es ist wesentlich effektiver bei einer unsymmetrischen Antenne auf eine äußerst gute Erdung und/oder ausreichend viele Radials zu achten, als im Strahler selbst noch weitere verlustbehaftete Spulen anzubringen. Als Antennenleiter sollte man Kupfer (ggf. mit Stahlseele) mit genügend großem Durchmesser verwenden. Auch eine Dachkapazität ist besser als gar keine!
- Versuche, den nur im vereinfachten elektrotechnischen Ersatzbild vorhandenen Koppelkondensator C2, die sog. Raumkapazität, mit Spulen vor oder in einer (EH-)Antenne zu kompensieren, um damit einen besseren Wirkungsgrad zu erreichen, sind völlig vergebens, denn zum einen verringert das den Verlustwiderstand Rv nicht (es erhöht ihn sogar). Andererseits ist es bei einer Reihenschaltung elektrisch ziemlich egal, in welcher Reihenfolge die einzelnen Komponenten in einer gegen Lambda/2 kurzen Antenne angeordnet sind:
- Konzentrierte (mechanisch kleine) Spulen in einer Antenne tragen selbst nahezu nichts zur Abstrahlung bei. Sie verändern allerdings die Stromverteilung auf der gesamten Antenne und verkürzen die Antenne elektrisch. Zusammen mit einer Dachkapazität kann diese Konstruktion einen etwas höheren Wirkungsgrad als eine gleich lange Antenne ohne diese Elemente haben (siehe qualitatives Diagramm im Anhang). Auf diesen Effekt könnten die EH-Antennen hoffen, was jedoch tatsächlich nichts mit ihrer angepriesenen, angeblich unmittelbaren Erzeugung eines Poyntingschen Vektors unmittelbar an der Antenne zu tun hat, aber der metaphysischen Seele des OMs als Erklärung wohl genügt. Dies erfordert aber einen grundsoliden Aufbau, den man mit 3mm² Kupferdraht und Alu-Bierdosen als Amateur bestimmt nicht erreichen kann! Der erzielbare Nutzen ist ohnehin begrenzt. Man erreicht das Gleiche auch einfacher mit anderen Mitteln (siehe 3. und 4.). Antennen mit diskreten L und C tendieren auch dazu immer schmalbandiger zu werden.
Das neue Ersatzbild erleichtert die Vorstellung, warum eine kurze Antenne einen immer kleiner werdenden Strahlungswiderstand Rs aufweist. Zusammen mit den ohmschen Verlusten kann man sich so auch ohne die komplexen Intregralgleichungen des klassischen Modells vorstellen, welchen Einfluss die Abmessungen und die Transformationsglieder auf den Wirkungsgrad einer Antennen haben.
Eine diskrete Totkapazität C1 und Raumkapazität C2 findet man aber nirgendwo an einer Antenne. Man kann jedoch selbstverständlich durch geeignete bauliche Maßnahmen gleichzeitig beide Wirkungen von C1 und C2 beeinflussen. Wenig erforschte physikalische Effekte, wie sie bei der RoomCap-Antenne von HB9ABX (siehe diesen Beitrag unter 2. vor der ersten Leerzeile) angeführt werden, oder ein noch nicht formuliertes Grundgesetz über "die Instabilität längerer Feldlinien", wie sie von Landstorfer/Meinke in die Diskussion gebracht wurden (auf das sich möglicherweise HB9ABX bezieht), bedarf es dazu keineswegs.
tnx an das Forum für die Mithilfe bei der Zusammenstellung und der Korrektur dieses Textes!