Kabel-Salat und Kabel-Durchblick

  • Eine Hochfrequenzleitung ist ein sehr simples Gebilde. Das verleitet dazu, die Schwierigkeit, ihre Funktion zu verstehen, zu unterschätzen.


    Die Resultate dieser Diskrepanz kann man besonders in der Amateurliteratur finden. Die Irritationen scheinen einfach nicht ausrottbar zu sein. Hätte ich für jeden Unsinn, den ich im Zusammenhang mit HF-Leitungen gelesen und gehört habe, einen Orden erhalten, könnte ich vermutlich durch das Gewicht schon nicht mehr laufen.


    Auch der Beitrag über Koaxkabel im FA 1/07 hätte leider die Last vergrößert. Dies ist umso bedauerlicher, als man beim FA doch kürzlich nach einer missglückten Funktionsbeschreibung auf den blauen Seiten aufgeklärt wurde (s. Berichtigung dazu).


    Es ist nun einmal schlichtweg falsch, zu behaupten, dass das Kabel für eine Übertragung ohne Reflexionen an BEIDEN Ende mit Z abgeschlossen sein muss (S. 54, 2. Sp. Mitte). Und wie hat man sich den eine Reflexion über die Entfernung NULL (vom Kabel zur Quelle) vorzustellen? (54, 3., Mitte). Lustig auch die Vorstellung einer hin- und herpendelnden RÜCKLAUFENDEN Welle (55, 1, unten).


    Dies sind nur ein paar Beispiele.


    Wer die HF-Leitung verstehen will, sollte sich das Buch „Kabel & Co.“ kaufen, dort wird alles Schritt für Schritt verständlich erklärt. Ganz perfekt ist das Buch leider auch nicht: Bei der Bild 55 betreffenden Berechnung wurde nämlich versehentlich die Kabeldämpfung nicht berücksichtigt. Dies kann man aber selbst korrigieren – als Beweis für den eigenen Durchblick!


    Allen Leseratten einen guten Rutsch!
    Frank, DL7VFS

  • Quote

    Original von DL7VFS


    Wer die HF-Leitung verstehen will, sollte sich das Buch „Kabel & Co.“ kaufen...
    Frank, DL7VFS


    Hallo Frank,
    obwohl ich deine Bücher gerne lese: Muß soviel Eigenwerbung sein?

    72/73 de
    Karl-Heinz, DK5LP

  • Ich weiß nicht wer DL7VFS ist, ich weiß aber, daß eine Quelle mit dem Innenwiderstand R sehr wohl mit einem Kabel mit dem Wellenwiderstand Z=R beschaltet werden muß, damit hinter dem Kabel am Widerstand R=Z die Leistung maximal ist.

    Heinz DH2FA, KM5VT

  • Hallo, Frank,


    solch ein Artikel über so ein sehr 'dickes Brett' lässt sich nur mit Ungenauigkeiten verfassen, damit er nicht den Rahmen der Zeitschrift sprengt, auch unter Berücksichtigung der Leserschaft, die vielleicht an Grundlagen nicht so interessiert ist oder der die Vorbildungstiefe von [7] fehlt. Das ist wohl jedesmal eine Gratwanderung für den Redakteur, schließlich muss die Zeitung ja auch verkauft werden.


    Man müsste also vorher lehrbuchmäßig über konjugiert-komlexe Abschlüsse, ortsabhängige Leitungsimpedanz etc. referieren, erklären, dass das SWV eine schmalbandige (aber sehr nützliche) Krücke ist u.v.a.m. Dazu braucht man dann aber halt den Platz wie in Büchern, wie auch Du eins geschrieben hast.


    Zur Ehrenrettung des Artikels: Die von Dir beanstandete Reflektion über eine Entfernung von NULL kann man sich als Fehlanpassung zwischen Quelle und Last an der Schnittstelle der beiden (z.B. Buchse TRX <-> Stecker der Antennenleitung) vorstellen, wenn ich das Kabel mit seinem Abschluss elektrisch zusammenfasse und mir an dieser Stelle konzentriert denke, das halte ich im Rahmen der obigen Voraussetzungen nicht für falsch, sondern sogar für praktisch. Dass das u.U. ein relativ komplexes Gebilde ist, tut bei unseren schmalbandigen Applikationen nicht viel zur Sache.


    73 es 55 fr 2007


    Günter

  • Hallo zusammen,


    was ist an einer pendelden Welle so lustig, wenn die Reflexion am Anfang und am Ende einer Leitung stattfindet, die an beiden Seiten nicht mit dem Wellenwiderstand abgeschlossen ist?


    Ich habe das mal simuliert:



    Das verlustlose Kabel hat einen Wellenwiderstand von 50 Ohm und seine Länge ergibt eine Laufzeit von 20 ns. Es wird ein kurzer Rechteckpuls von 10 Volt über 300 Ohm eingespeist. Das Ende der Leitung ist offen.


    Das Ergebnis sieht dann so aus:



    Grün ist der Rechteckimpuls direkt an der Quelle. Rot das, was am Kabel hinten rauskommt. Blau ist das, was direkt am Eingang der Leitung zu messen ist. Der Puls wird hin- und herreflektiert und wird immer schwächer, weil die Energie am 300-Ohm-Widerstand abgebaut wird. Das Problem ist wohl jedem bekannt, der digitale Signale hoher Datenrate über Leitungen übertragen möchte.


    Man muss sich das wie hin- und herschwappendes Wasser in einer halbgefüllten Röhre vorstellen, die auf einer Seite geschlossen ist und auf der anderens Seite ein Wand mit Stahlwolle hat.


    Ich habe noch mehr Sachen mit Leitungen simuliert, um mir einiges bildhaft klar zu machen. In der CQ-DL gab es mal vor Jahren einen Artikel, in welchem ebenfalls mit PSpice Leitungen simuliert wurden.


    Unter http://www.janson-soft.de/amat…ationen-mit-leitungen.zip habe ich eine 500 KB große Zip-Datei abgelegt. Dort habe ich ein paar Experimente mit Leitungen beschrieben, die ich mit PSpice simuliert habe. In der Datei sind auch die vorbereiteten Simulations-Dateien enthalten. Das Zip-File muss entpackt werden und dann die Datei kap36.htm aufrufen.



    vy 73 Volker SM5ZBS

    vy 73 de Volker SM5ZBS

    Edited 2 times, last by SM5ZBS ().

  • Hallo Volker, SM5ZBS.


    Vielen Dank für Deine interessante Spice-Modellation.


    Speist Du jedoch mit 50 Ohm ein, d.h. der Quellenwiderstand entspricht der Leitungsimpedanz, dann gibt es genau nur noch einen Reflektionspuls. Dessen Spannung und Phasenlage hängen von der Größe des Abschlusswiderstands ab. Größer als die Hälfte der Quellenspannung kann die Höhe des Reflektionsimpulses am Eingang der Leitung nicht werden.


    Dabei ist es in der Tat egal, wie das Ende der Leitung abgeschlossen ist. Nichts schwingt auf der Leitung hin und her für den einen Spezialfall, dass die Quellenimpedanz (oder Lastimpedanz) dem Wellenwiderstand der Leitung entspricht. Ich denke, das wollte der Frank ausdrücken.


    Wenn allerdings die Quellenimpedanz der Leitungsimpedanz nicht entspricht (wie von Dir mit 300 Ohm angenommen) und der Lastwiderstand von der Leitungsimpedanz ebenfalls verschieden ist, dann schwingt der Impuls tatsächlich zwischen Anfang und Ende der Leitung. In aller Regel ist das der Fall, wenn am Anfang der Leitung (also am Transceiver) eine Matchbox zur Antennenanpassung eingeschleift ist.


    Es gibt noch unterschiedliche Fälle von kleinerer oder größerer Quellenimpedanz oder Lastimpedanz im Hinblick auf den Wellenwiderstand der Leitung. Daraus lassen sich unterschiedliche Phasenzustände und Beträge der reflektierten Welle am Eingang der Leitung errechnen.


    Wobei wir hier aber immer von einer verlustlosen Leitung sprechen, deren Widerstands- und Leitwertbelag bewusst vernachlässigt wird. Denn ansonsten wird alles noch etwas komplizierter, weil der Wellenwiderstand der Leitung dann komplex wird - wenn auch vernachlässigbar.


    Noch ein Wort zur Antennenanpassung durch Matchbox am Transceiver. Für mich als QRP Amateur eine grauenhafte Vorstellung!


    Das kommt ja mit den automatischen Antennentunern ganz toll in Mode. Man sollte sich aber immer bewusst machen, dass die Antennenanpassung am Transceiver in Verbindung mit Speisung der Antenne über ein Koaxkabel meist mit großen Verlusten verbunden ist, wenn die Antenne ein großes VSWR aufweist.


    Viel besser sind in so einem Fall Paralleldrahtleitungen. Aber wer hat die schon?


    Grundsätzlich sollte die Antenne immer dem Wellenwiderstand des Koaxkabels entsprechen. Gerade QRP Leute sollten da keine Sünden begehen und peinlich genau auf die richtige Anpassung der Antenne achten. Für QRP gilt sozusagen eine 50-Ohm Antennenpflicht, wenn mit Koaxkabel gespeist werden soll (hi).


    Vy 73 es 55
    Rolf, DL6MBI

  • Hallo Rolf,


    mal sollte vielleicht noch hinzufügen, dass in den seltensten Fällen der Transceiver tatsächlich 50 Ohm hat, was in der Praxis alles noch verkompliziert.


    Ich hatte mal einen Langdraht mit einem Antennenanpassgerät auf SWR 1:1 angepasst. Gleichzeitig konnte ich mit einem Antennascope (kleine Drahtschleife, Diode, Kondensator, mA-Meter) den Antennenstrom am Antenneneinspeisepunkt der Antenne "messen". Das Strommaximum lag aber nicht beim SWR von 1:1, sondern immer etwas daneben.


    Die Anordnung war so: Transceiver - 12 m langes 50 Ohm Koaxkabel - SWR-Meter - 50 cm 50 Ohm Koaxkabel - Antennenanpassgerät (T-Schaltung) - endgespeiste Drahtantenne - Antennascope 50 cm vom Drahtanfang entfernt eingespeist. Antennenanpassgerät geerdet über Dachkandel.


    Ganz verstanden habe ich das noch nicht. Einige meinen, es hätte etwas damit zu tun, dass der Senderausgang nicht genau 50 Ohm hat. Was ist nun besser? Strommaximum oder SWR-Anzeige 1:1. Vielleicht sollte man zur Beantwortung der Frage besser ein neues Thema eröffnen.


    vy 73 Volker SMZBS

    vy 73 de Volker SM5ZBS

    Edited once, last by SM5ZBS ().

  • Hi all,


    simple Zweipoltheorie.
    Die "50 Ohm" sind ein mehr oder weniger willkürlich vom Designer vorgegebener Wert (ein durch die Last sich einstellen sollendes U/I-Verhältnis), bei dem sich gewünschte/projektierte Ausgangsleistung (keinesfalls die max. mögliche!) und Wirkungsgrad ergeben.
    Die üblichen SWR-Messmittel bestimmen nix weiter als U und I und die Phasenlage zwischen beiden am Senderausgang und vergleichen die.
    Auf die 50 Ohm kommt der Designer, indem er den für die gewünschte Leistung optimalen Lastwiderstand des letzten aktiven Elements (Röhre oder Transistor o.a.) auf 50 Ohm transformiert.
    Bei stärkeren Abweichungen von diesem vorgegebenen U/I-Verhältnis kann es zu Spannungsüberhöhungen (Lastwiderstand zu hoch) oder Stromüberlastungen (Lastwid. zu niederig) kommen.
    Auf jeden Fall ist schon aus o.g. Zweipoltheorie ersichtlich, daß das auch zu Abweichungen vom vorgegebenen Wirkungsgrad führt und das Strommaximum bei einem Kurzschluß, das Spannungsmaximum bei Leerlauf auftreten müßte. Vorher treten aber schon einige andere Effekte auf (z.B. Regelmechanismen zum Schutz der PA).
    73
    DL3NRV