Schutzmassnahmen in einer Transistor-PA ohne ALC

  • Vorab grosses Ehrenwort, das Dingen wird nur eingesetzt wenn wirklich noetig, etwa bei QSOs von W6 nach Europa. Ein RF Power Labs A1000X Verstaerker (650W) aus den 80ern hat keine ALC. Also wie Autofahren ohne Sicherheitsgurt. Eine ALC werde ich eines Tages nachruesten, ist aber aufwendig und es liegen noch zuviele andere Projekte an. Die derzeit vorhandene Schutzmassnahme ist brachial. Bei zu hohem SWR wird der Eingang per Relais auf Masse (!) geschaltet, der TRX sieht also einen ploetzlichen Kurzschluss. Frage: Wird sowas von modernen TRX auch waehrend eines CW-Durchgangs ausgehalten?


    Ich frage besonders deshalb, weil die Endtransistoren im steuernden TRX (TS-2000) schwer bis fast gar nicht mehr beschaffbar sind. Hohes SWR ist bei mir auf 15m nicht immer vorhersehbar. Wenn der Sperrkreis der Fritzel GPA bei Wolkenbruch eine Dusche bekommt, schnellt es in Sekunden von <1.5 auf >3 hoch. Das kommt hier im Winter oft vor.


    73, Joerg

  • Hi Jörg,


    wenn dieses Datenblatt für den A1000X zutrifft (kein X in der Bezeichnung?), hat der Verstärker einen Gewinn von 60 dB.

    https://rfamplifiers.eandiltd.com/Asset/Datasheet%20A1000_Rev%20H.pdf


    Heißt also für 650W wären nur 0.65mW Eingangsleistung nötig. So ein geringes Leistungslevel vom TS-2000 zu erreichen wäre vermutlich ohnehin nur mit einem Abschwächer möglich, also z.B. 6.5W Output und dann 30 dB Abschwächung; vielleicht sogar 65W und 40 dB Abschwächung, denn manche TRXe neigen nämlich bei geringer Ausgangsleistung zu "ALC spikes", so dass am Anfang kurzzeitig viel mehr Leistung kommt. Außerdem kann man dann feiner die genaue Ausgangsleistung regeln.


    Bei so viel Abschwächung im TX-Zweig (ich vermute bei allem über 6 dB) ist es dem Transceiver dann auch völlig egal, wenn die Endstufe hart auf Masse schaltet, der TRX sieht selbst dann noch eine nahezu perfekte Anpassung.


    Selbstredend müsste man dann den Abschwächer im Empfangsfall aus der Antennenleitung herausnehmen, da der A1000X aber wohl ohnehin keine RX/TX-Umschaltung hat und diese extern realisiert werden müsste, stellt das auch kein größeres Problem dar.


    Das beantwortet nicht genau deine Frage (meine Erfahrung hier ist aber, dass moderne TRXe sehr viel verzeihen...), aber ich glaube das Problem stellt sich gar nicht.


    73

    Fabian, DJ5CW

  • Schöne PA. Man sollte sie mit Tiefpassfiltern betreiben am Ausgang, damit man nicht andere stört mit Oberwellen.


    73, Peter - HB9PJT

  • Hallo Jörg,


    ich bin zwar keine echter Elektroniker, aber aus einem Artikel des Funkamateurs vor geraumer Zeit, in dem es um Leistungsübertragung zwischen Generator (Senderendstufe) und Verbraucher (Antenne) ging, habe ich mir den Merksatz eingeprägt, dass die Endstufe eines TX nie bei einem offenen Ausgang durchbrennen kann, sondern nur bei Kurzschluss. Das heißt, wenn ich aus Versehen keine Antenne angeschlossen habe , kann nichts passieren.

    Also würde ich nicht nach Masse, sondern auf Offen schalten lassen. Falls gewünscht kann ich diesen Artikel auch mal suchen.

    72! Frank, DH0JAE
    QRV auch mit QRP, G-QRP-C 6807

  • Der TS-2000 hat mit Sicherheit eine eingebaute SWR Messbrücke, die den Sender bei schlechtem SWR abregelt.


    Du könntest auch das Relais in der PA so modifizieren, dass der Pin, der den Input auf Masse legt, herausgeführt wird und den mit einem Dummy Load abschließen.

    Dann wird im Fehlerfall der TRX auf 50 Ohm geschaltet.


    Auf "offen" schalten würde ich nicht, da dann vor dem Abregeln die doppelte Spannung an den Ausgangstransistoren des TRX entsteht und das auch problematisch sein kann.


    Nachtrag: Ich bin davon ausgegangen, dass die PA mit etwa 100w angesteuert wird. Wenn das jedoch so ist, wie Fabian schreibt, ist das nicht nötig.


    Gruß

    Chris

    Lötest Du noch, oder funkst Du schon?

  • wenn dieses Datenblatt für den A1000X zutrifft (kein X in der Bezeichnung?), hat der Verstärker einen Gewinn von 60 dB.

    Fabian, das ist ein ganz anderer Verstaerker. Leider ist die Bezeichnung A1000 sehr generisch und wurde von mehreren Firmen aus diesem Bereich vergeben. Der RF Power Labs Verstaerker braucht m.W. je nach Band 25-35W zum Durchsteuern. Klassische BJT HF-Transistoren in Push-Pull, zwei Verstaerkerzuege per Splitter und Combiner parallel, aber jeweils nur einstufig. Das Ding macht einen gusseisern robusten Eindruck, nur ist diese Abschalt-Mimik arg gruselig.


    Im Internet gibt es zu diesem Versaerker zo guit wie nichts, und die Firma ist erloschen, nachdem der Besitzer und Entwickler recht jung verstarb.


    dass die Endstufe eines TX nie bei einem offenen Ausgang durchbrennen kann, sondern nur bei Kurzschluss.

    Frank, das kommt darauf an, wo der Fehler passiert. Bei bestimmten Laengen Koax oder Zwillingsleitung wirkt eine Auftrennung auf die Signalquelle (Verstaerker) wie ein Kurzschluss. Moderne TRX sind kurzschlussfest, z.B. wenn man mal versehentlich eine falsche Position auf einem Alpha-Delta Antennenumshalter gewaehlt hat (alle unbenutzten Ports werden bei denen geerdet). Meine Frage ist, ob das auch fuer ploetzlich mitten im Betrieb auftretenden Kurzschluss gilt, z.B. waehrend eines CW--Zeichens. Zu Zeiten, wo dieser Verstaerker vertrieben wurde, hatten die meisten KW-Geraete noch Roehren in der Endstufe und die hielten sowas immer locker aus.


    73, Joerg

  • Hallo Frank,

    ich bin zwar keine echter Elektroniker, aber aus einem Artikel des Funkamateurs vor geraumer Zeit, in dem es um Leistungsübertragung zwischen Generator (Senderendstufe) und Verbraucher (Antenne) ging, habe ich mir den Merksatz eingeprägt, dass die Endstufe eines TX nie bei einem offenen Ausgang durchbrennen kann,

    Mit "durchbrennen" meinst Du vermutlich allgemein kaputt gehen?

    Welchen Artikel Du meinst, weiß ich nicht. Allerdings hatte ich in unseren beiden AFU-Zeitschriften in den letzten ca. ein, zwei Jahren einige relevante Artikel gelesen, die zum Teil grusliche Fehler enthielten. Eine PA im Leerlauf am Ausgang kann natürlich auch kaputt gehen. Kurzschluss direkt am Ausgang (ohne Transformation durch eine Leitung) bringt einen (zu) hohen Strom und Leerlauf eine (zu) hohe Spannung.

    Wenn diese Werte für die PA-Transistoren zu hoch sind, ist die PA anschließend kaputt.


    73, Ludwig

  • Der TS-2000 hat mit Sicherheit eine eingebaute SWR Messbrücke, die den Sender bei schlechtem SWR abregelt.

    Ja, Chris, hat er. Nur ist das natuerlich nicht beliebig schnell, da es wie ueblich auf die ALC-Sammelschiene geht.

    Du könntest auch das Relais in der PA so modifizieren, dass der Pin, der den Input auf Masse legt, herausgeführt wird und den mit einem Dummy Load abschließen.

    Dann wird im Fehlerfall der TRX auf 50 Ohm geschaltet.


    Auf "offen" schalten würde ich nicht, da dann vor dem Abregeln die doppelte Spannung an den Ausgangstransistoren des TRX entsteht und das auch problematisch sein kann.


    Das passiert bei Umschalten auf 50ohm auch, weil der Zungenkontakt des Relais dabei etliche Millisekunden "auf Reisen" ist und in der Zeit gar keinen Kontakt hat.


    Eine interne Dummy Load muesste auch gut was aushalten, da diese Endstufe um die 30W Ansteuerung braucht.


    Kurzschluss direkt am Ausgang (ohne Transformation durch eine Leitung) bringt einen (zu) hohen Strom und Leerlauf eine (zu) hohe Spannung.

    Ludwig, dabei ist eben die Frage, wie lange der zu hohe Strom ausgehalten wird. Die interne Schutzschaltung ueber SWR-Bruecke und ALC sollte innerhalb einiger Millisekunden oder wenigstens zig Millisekunden zupacken. Zu hohe Spannung fuehrt bei alten bipolaren Endstufentransistoren normalerweise innerhalb von Mikrosekunden zum Ableben, weil die im Gegensatz zu vielen FETs keine gescheite Avalanche-Festigkeit haben. Man koennte sehr kurze Spitzen in Endstufen mit einfachen Mitteln wegbuegeln, habe ich aber noch nie in Geraeten gesehen. Mein alter JST-100 wuerde dann noch leben.


    73, Joerg

  • Hallo,

    für alle die es interessiert.

    Der Artikel auf den ich mich bezog heißt "Wo bleibt die rücklaufende Leistung?" von DC7GB im Funkamateur Heft 2/22 S. 132 und 3/22 S. 214.

    72! Frank, DH0JAE
    QRV auch mit QRP, G-QRP-C 6807

  • für alle die es interessiert.

    Der Artikel auf den ich mich bezog heißt "Wo bleibt die rücklaufende Leistung?" von DC7GB im Funkamateur Heft 2/22 S. 132 und 3/22 S. 214.

    Das ist eine umstrittene These.

    Hier eine abweichende Ansicht, sehr fundiert:

    "Das hartnackige Mysterium der Totalreflexion auf HF-Leitungen", Luitjens Popgen, IEEE (pdf)


    und hier eine Abhandlung von dem ehemaigen Technikreferenten des DARC, Ernst Fischer DJ7IL:

    "Energiefluss auf Übertragungsleitungen" Wohin geht die Leistung, die von einer fehlangepassten Last am Ausgang einer Übertragungsleitung reflektiert wird ?(pdf)


    73

    Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

  • Handelt es sich möglicherweise um die legendäre sog. "Fußabtreter-PA" MA-1000B? Die wurde u. a. von MAGNUS vertrieben und dazu gibt es einen Schaltplan.
    Ich habe sie auch in Betrieb und eine ALC nachgerüstet.

    73, Mario

  • Moin Mario,


    Die MA-1000B ist laut Beschreibung und Bild ein ganz anderer Verstaerker, wobei das Messinstrument gleich zu sein scheint:


    Metron Magnus MA1000B Solid State Linear Amplifier Manual


    Ueber diese Web Site komme ich nicht an das Schaltbild. Dennoch wuerde mich interessieren, wie Du die ALC nachgeruestet hast, damit ich nicht das Rad neu erfinden muss. Transistor-PAs sind sich im Prinzip alle aehnlich, Standardschaltung. Mein RF Power Labs Verstaerker hat eine Opamp-Mimik drin, die einer ALC aehnlich ist, aber danach kommt nur ein Schwellwertschalter und das Brachial-Relais am Ende. Da koennte ich schonmal ein Signal abzwacken, was m.W. jedoch nur gegen hohes SWR schuetzt. Die Amplitude oder FWD-Power, Ansteueramplitude sowie u.U. die Kuehlkoerpertemperatur per Analog-OR mit reinzumischen sollte aber eine der leichteren Uebungen sein. Winterprojekt Nummer 17 oder so :)


    Falls Deine ALC Loesung kopierbar ist, mein Email ist: joergsch@analogconsultants.com


    Ein Notbehelf koennte sein, das "Angstrelais" nicht nach Masse, sondern auf einen fetten induktionsarmen 10-20ohm Widerstand schalten zu lassen. Damit sieht der TRX keinen vollstaendigen Kurzschluss, aber es muesste genug HF weggebraten werden und dessen interner SWR-Schutz kommt. Leider hat der Entwickler des A-1000X vergessen, genau diese Schaltplanseite mit in die Betriebsanleitung zu setzen, alles andere scheint da zu sein. Im Internet gibt es so gut wie nichts zu diesem Verstaerker.


    Interessant waere auch, so eine PA mal auf robustere LDMOS umzuruesten, doch das ist ein anderes Thema.


    73, Joerg

  • Hallo Joerg,
    meine ALC-Geschichte ist uralt und ist auf einen Betrieb mit dem TS-440, später TS-50 zugeschnitten. Das passt auch nur speziell zur MA-1000B.
    Ich habe 3 Signale ausgewertet:

    1. Ansteuerpegel, frequenzabhängig
    2. HF-Spannung am Ausgang
    3. DC-Stromaufnahme

    Daraus wurde eine ALC-Spannung von 0 bis -8,5V erzeugt.

    Das läuft bis heute noch so im Wohnmobil, jetzt mit einem FT-857. Die MA-1000 ist äußerst robust und hat keine größeren Ausfälle gehabt.
    Ich schicke dir die Unterlagen, aber wie gesagt, es wird für dich uninteressant sein.

    73, Mario

  • Danke, Mario, da sind schon gute Anregungen drin. Diese Verstaerker sind sich ja alle sehr aehnlich. Nur dass meiner etwas konservativer gebaut ist, groesser, aber mit weniger Leistung.


    Bei mir sollen es absolute Ruecklaufleistung, Eingangsleistung, DC-Strom, Kuehlkoerpertemperatur und statt der HF-Spannung am Ausgang vielleicht die Kollektordurchsteuerung werden.


    73, Joerg