Moin Stefan,
für meine Trenn- und Regeltrafovorschlag zur Werkstattausrüstung wurde ich schon mal "angemacht". Bei alten Radios kann es sein, dass eine Seite der Netzzuleitung am Chassis liegt. Auch mit Trafo! (Hier im Schaltbild zu sehen: https://www.youtube.com/watch?v=jkh3Bs1UrC8 ) Daher schauen / messen!! Wenn primärseitig Netzfilter-C's eingesetzt werden, können auch die Leckströme verursachen. Denke daran, dass die Spannungen dort nicht ohne sind. Ist man unachtsam, besteht durchaus Lebensgefahr. Man(n) muss wissen, was man tut. Die alte Regel "immer eine Hand in der Hosentasche" beim Hantieren unter Spannung zu haben, basiert auf Erfahrungen alter Hasen. Soweit zu diesem Thema.
Zumindest ein Netzregeltrafo wäre zum langsamen Formieren der Elkos von Vorteil. Zumal man dort mit den eingebauten Instrumenten auch den Strom überwachen kann. Das geht natürlich auch mit einem Strommessgerät statt der eingebauten Sicherung(en).
Gleichwohl gibts im WWW - wenn man passend sucht - Vorschläge, wie man auch ohne Stelltrafo vorgehen kann, um Elkos zu formieren. Braucht so oder so Zeit. Die Sache mit der Lampe als Vorwiderstand, die bei Kurzschluss der nachfolgenden Schaltung einfach aufleuchtet und folgende Schäden begrenzt (aber nicht verhindert), ist schon eine gute Sache.
Ansonsten ist der Weg von Jochen schon mal gut. Schaltplan wirst Du sicher haben - waren bei den alten Geräten meistens dabei. Nicht immer gibt es Anodenspannungssicherungen, aber es gibt die Möglichkeit, die Eingangsseite des Gleichrichters beidseitig vom Trafo zu trennen.
So kannst Du in der Tat die - vermutlich - E-Röhren heiztechnisch überprüfen. Vorweg: Wenn das Gerät einen Netzspannungswahlschalter hat - bringe den auf 240 Volt oder so... Wir haben keine 220V mehr, für die die Geräte ausgelegt waren. Mal abgesehen von einigen "verschneiten" Gegenden, hi. Es gibt auch Gegenden, wo mehr als 230V vorhanden sind. Eine leicht höhere Anodenspannung ist nicht so das Problem, aber eine höhere Heizspannung als (bei E-Röhren 6,3V) verkürzt die Lebensdauer mehr als eine leichte Unterspannung. Gilt für die meisten Röhren.
Also nach Netzspannungseinstellung erstmal Heizung testen. Wenn (funktionierende) Skalenlampen drin sind, werden die leuchten.
Wenn das soweit okay, ist, würde ich auf alle Fälle die Netzteilelkos formieren. Werden sicher zwei sein - Sieb- und Ladeleko. Oft in einem Gehäuse. Wenn Du gleich was Neues einbauen möchtest, auch gut. Muss aber oft nicht sein.
Sichtkontrolle wurde schon angesprochen. Natürlich hilft vor dem Einschalten die Kontrolle mit einem Widerstandsmessgerät und ggf. auch mit einem C-Messgerät mit ESR.
Beim Formieren und testen darauf achten, die Elkos über einen Widerstand mit passendem Wert und Belastung ! nach dem Ausschalten entladen. Kontrolle der +UB, ob die dan wirklich abgebaut wird. Zumal dann, wenn man das eine oder andere an Last abklemmt.
Immer nur einen Schritt nach dem anderen. Ich würde mich wirklich erst um die Versorgungsspannungen kümmern und dann schauen, was nach der groben vorsichtigen Reinigung passiert. Kontakte reinigen (mit den richtigen Mitteln und Methoden) und mehr kann dann später kommen.
Wenn die Elkos formiert oder neue drin sind, dann erstmal auf MW schalten und schauen, wie sich das anhört. Kommt was an Geräuschen, Brumm oder so. Dann ist die NF da. Hat das Radio einen TB / Phono-Eingang - dann kann man hierüber schon mal die NF-Stufe testen.
Koppelkondensatoren zwischen den Anoden der vorherige Röhrenstufe zum Eingang der nächsten sind oft und "gerne" mit einem (Fein)schluss versehen. Messen! Also die Spannung davor und danach. Schaltbild hilft.
Bei der NF-Entstufe ist das besonders wichtig, denn sonst treibt eine positive Gittervorspannung durch defeken Koppel-C am Gitter 1 diese in den vorzeitigen Verschleiss. Oder hat es schon, auch das ist möglich.
In der Endstufe wirds in der Regel einen Kathodenelko geben. Die Kathode ist per Kathodenwiderstand "hochgelegt" und erzeugt somit über den sehr hochohmingen Gitterableitwiderstand die negative Vorspannung. Also nochmal: Eine positive Spannung von ein paar Volt (Datenblatt) gegen Masse an der Kathode ergibt die negative Vorspannung des Gitters. Das über den Ableitwiderstand von einigen 100 KOhm an Masse liegt. Somit ist das Gitter negativer gegenüber der Kathode, was das das Ziel ist.
Der Kathodenelko sorgt für die saubere Gleichspannung und "nimmt" die NF an der Kathode "raus".
Achtung, Falle: Auch wenn alles halbwegs gut klingt - Kathodenspannung IMMER messen! Ein defekter Elko dort zieht Gitter und Kathode auf gleiches Potential, was einen immens hohen Anodenstrom (und den baldigen Tod!) der Röhre verursacht. Wenn man Erfahrung hat, riecht man den hohen Strom einer Röhre schon.
In der Regel altern Bauteile über die Jahre. Wenn aber keiner an den Kisten geschraubt hat (Kunde: "hab' mal alle losen Kerne festgezogen"), ist in der Regel nicht viel nachzugleichen. Sollte also schon spielen. Abgleich geht eh nur mit Anleitung und ein paar Hilfsmitteln. Ist aber in der Regel eher selten notwendig.
Wenn das alles soweit in Ordnung ist, dann auf alle Fälle die schwarzen Wimas - sofern vorhanden - gegen was Gutes Ntauschen. Kapazitätswert ist klar, aber auch die Gleichspannungsfestigkeit beachten. Ferner die Polarisation der Block- und Rollkondensatoren. Kein Scherz. Der Aussenbelag ist mit einem Strich gekennzeichnet und die Einbaulage oft entscheidend für einen störungsfreien Betrieb.
Wellenschaltöl blau.
Ich verweise mal auf diese Site... https://www.dampfradioforum.de/viewtopic.php?f=24&t=831 Dort gibts noch weitere Hinweise zur Behandlung von Kontakten, der Mann spricht ebenfalls aus Erfahrug.
Es ist übringens nicht immer gleich nötig, mit der chemischen Keule zu kommen. Oftmals reicht ein gründliches und häufiges Betätigen der Tasten (sog. Klavierspielen) aus, um leichte Probleme zu beseitigen. Natürlich im ausgeschalteten Zustand. Gleiches gilt für Potis - ein paar Minuten Drehen über alles kann helfen. Ob man danach noch chemische Hilfen benötigt, muss man entscheiden.
Schaltkontakte sollten mit einem Mittel gereinigt werden, dass restlos verdampft. Und immer ohne Spannung, also Radio AUS. Ablüften lassen. Es gibt mehrere Methoden, nach dem Reinigen Kontaktoberflächen wieder leitfähiger zu machen als aggressive Sprays.
Nicht immer geht ein Durchziehen mit Papier wie bei Morsetasten. Aber das hier schon oft empfohlene leichte !! benetzen mit Ballistol wäre eine Variante. Technikerkollegen aus der DDR nannten mal Pulmotin-Salbe als Mittel der Wahl. Dabei waren es Techniker in den großen MW und KW-Sendern, die sich nach der Grenzöffnung auf Kurzwelle austauschten. Nun, ich habe dann mal eine Tube der Salbe gekauft. Gibts noch. Riecht wie alle diese "Brustchremes" gegen Erkältung. Habe dann das dezente ! Auftragen auf Kontakte probiert - Krass gut! Bei schwer erreichbaren habe ich das mit einer Mischung aus restlos verdamfenden Mittel plus Pulmotin versucht - bekam sogar hartnäckiges Krachen nachhaltig in den Griff. Was wir früher in der Werkstatt erfolgreich genommen habe, propagiere ich hier nicht. Dauerhaft wirkungsvoll, aber bei unsachgemässer Anwendung in Röhrenschaltungen mit den hohen Spannungen zu gefährlich.
Auftragen der Mittelchen mit einem Zahnstocher oder dünnem Schaltdraht lässt keine großen Mengen zu. Verteilen durch "Klavierspielen", wie gehabt. "Viel hilft viel" ist hier FALSCH.
Ansonsten ist http://www.jogis-roehrenbude.de/ immer eine Quelle für diese Dinge.
Oder auch hier: https://www.youtube.com/c/meisterjambo…query=reparatur
Beispiel: https://www.youtube.com/watch?v=d9dZDHu2VS8
Viel Erfolg!