Ich knobele seit ein paar Tagen an dem Sinusgenerator herum, den Hans (DJ4AZ) im QRP-Report 4 /2006 auf Seite 25 vorstellt. Spannende Schaltung! Wie funktioniert die bloss?
Erst mal, wie weit ich noch mitkomme:
Der OpAmp muss mit symmetrischer Versorgungsspannung betrieben werden. Also "Masse" ist auf der Hälfte zwischen negativer und positiver Versorgungsspannung.
Der verwendete OpAmp OP1 = LT136x hat eine Bandbreite von etlichen Megaherz (und ist daher übrigens auch nicht ganz billig). Die Umschaltfrequenz fs = 500 kHz liegt noch deutlich innerhalb der Bandbreite von OP1. Während des Umschaltens wird es vielleicht zu irgendwelchen kurzzeitigen "Spikes" kommen, die aber vom nachfolgenden Tiefpassfilter unterdrückt werden und für die Funktion der Schaltung keine Rolle spielen.
Der Umschalter IC1 muss doch wohl "break before make" geschaltet werden. Sonst würde der Kondensator C2 bei jedem Umschalten entladen, und es könnte sich keinerlei Signal entwickeln.
Soweit die Vorbemerkungen. Bis jetzt ist noch alles klar, so weit. Nun zu meinem Verständnis der Schaltung - oder genauer gesagt, meinem Nicht-Verständnis. Ich sehe nicht, wieso da ein Sinus herauskommen soll. M.E. erzeugt die Schaltung lediglich ein 500 kHz - Rechtecksignal.
Schön der Reihe nach:
Wenn der Umschalter IC1 IN- mit OUT des OP1 direkt verbindet, sinkt die Ausgangsspannung des OP1 sofort auf 0 V. Eine eventuelle Ladung von C1 wird dann über R1 langsam abgebaut. Noch nicht sehr spannend.
In der anderen Schalterstellung nehme ich mal am, dass in C2 eine kleine Ladung vorhanden sei. Sagen wir mal, wir hätten eine (kleine) Spannung U2 über C2, mit Pluspol am OP1 - Ausgang.
Diese Spannung drückt nun im Umschaltmoment IN- nach unten. OP1 reagiert so, dass die Spannung am Ausgang steigt.
Eine Ausgangsspannungsänderung wird über C2 direkt, mV für mV, auf den IN- durchgereicht, da sich C2 (für den Moment) wie eine Konstantspannungsquelle verhält. Durch den Spannungsteiler R3 / R2 wird die selbe Spannungsänderung nur zu etwa 1/6 an IN+ durchgereicht. Im Ergebnis lässt OP1 die Ausgangsspannung (blitzschnell) ansteigen, bis IN+ und IN- auf dem selben Spannungsniveau angekommen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Ausgangsspannung des OP1 auf etwa 6/5 U1 angestiegen ist.
Das war im Umschaltmoment. Was passiert nun während der Zeit, in der der Schalter in der rechten Stellung bleibt?
Nun ist IN- auf Potential 1/5 U1. Nehmen wir an, C1 wäre ladungslos. Durch das Potential 1/5 U1 an IN- wird C1 (über R1) langsam aufgeladen.
Die einzige Möglichkeit für C1, Strom zu bekommen, ist aber über C2 (da IN- hochohmig ist). Das heisst, ein kleiner Strom fließt über C2, C1 und R1 und lädt beide Kondensatoren gemeinsam auf.
Für jedes Millivolt, das sich C1 auflädt, läd sich C2 um 10 Millivolt auf (da der selbe Ladestrom fließt und die Kapazität von C2 um den Faktor 10 kleiner ist). Gleichzeitig steigt die Ausgangsspannung des OP1 an, um etwa 12 Millivolt (6/5 von 10 Millivolt). Die Spannung an IN- und IN+ steigt um 2 Millivolt.
Insgesamt steigt dann auch der Ladestrom durch C2, C1 und R1 noch weiter.
Es kommt also zu einer Art Schneeball-Effekt: Im Laufe der Zeit steigen Ladestrom, und auch die Spannungen in C2 und C1, (exponentiell) an.
Irgendwann wird der Schalter umgelegt. Wie oben schon erwähnt, sinkt die Ausgangsspannung des OP1 (blitzschnell) auf 0 Volt. Während der Schalter nun in der anderen Position ist, bleibt die Ladung in C2 erhalten. Die in C1 wird teilweise abgebaut.
Nach einer Weile wird der Schalter wieder in die rechte Stellung zurückgelegt. Nun ist C1 teilweise entladen. Das führt zu einem noch (etwas) höheren Ladestrom.
Fazit bisher: Wenn wir einmal eine positive Anfangsladung in C2 hatten (zum Beispiel durch OP1-Rauschen), führt die Schaltung dazu, dass C2 jedes Mal weiter aufgeladen wird, wenn der Schalter "rechts" liegt.
Nach etlichen Takten erreicht der Ausgang von OP1 (in der rechten Schalterstellung) die maximal mögliche Spannung. Der Verstärker geht in die Sättigung.
In der linken Schalterstellung geht der OP1 - Ausgang weiterhin blitzschnell auf Masse. C1 wird in dieser Schalterstellung weiterhin entladen. Das führt dann dazu, dass in der rechten Schalterstellung C2 noch ein bisschen nachgeladen werden kann.
So nach und nach wird so die Spannung U2 von C2 weiter erhöht, bis sie schließlich die maximale Ausgangsspannung von OP1 erreicht.
Und das war's dann.
Der Ausgang von OP1 wechselt nun nur noch im Takt des Schalters zwischen 0 Volt und dem maximalen Niveau. Es wird also schlicht ein 500kHz - Rechtecksignal erzeugt. Ein Sinus ist weit und breit nicht in Sicht.
Habe ich einen Denkfehler gemacht? Gibt es einen Druckfehler im QRP-Report? Oder wo ist der Fehler?
Vy 73, Andreas
Zur Schaltung siehe angehängten Scan aus dem QRP-Report. C1 = 10 nF, C2 = 1 nF, fs = 500 kHz, R1 = 1,2 kOhm bis 1,2 MOhm, IC1 = 1/3 74HC4053 o.ä., R2 = 1 kOhm, R3 = 4,9 kOhm, OP1 = LT1361 oder LT1363.