Hallo, Gerd,
Vorsicht, Oberwellenschleuder!
Es tauchen immer mal wieder Simpelsendervorschläge auf, bei denen ein Oszillator direkt an eine Antenne gehängt wird.
Ich bin bei solchen Schaltungen immer "Bedenkenträger": Wegen der Oberwellen. Oszillatoren, gerade solche, die Leistung abgeben sollen, erzeugen in aller Regel satte Oberwellen. (Dagegen hilft auch nicht, dass ein Quarzoszillator benutzt wird.)
Wo kommen die Oberwellen her?
Hintergrund: Der Transistor in so einem Oszillator muss zunächst einmal mehr verstärken, als im Rückkopplungszweig gedämpft wird. Sonst würde die Schwingung ja gar nicht anfangen.
Wenn das Ding nun gerade angefangen hat, zu schwingen, führt die überschüssige Verstärkung dazu, dass die Amplitude wächst. Soll sie ja auch.
Frage: Wie weit wächst die Amplitude? Wann hört sie damit auf? Und warum?
Wenn ewig mehr Verstärkung da wäre, als der Rückkopplungszweig auffrisst, würde die Amplitude bis ins Unendliche weiter wachsen. Kann natürlich nicht sein. Also: Was passiert da? Wo ist die Bremse?
Was häufig passiert (wenn man nicht einen ziemlich speziellen Oszillator baut):
Mit der wachsenden Amplitude wird der Transistor immer härter ausgesteuert. Im Ausgangssignal des Transistors tauchen dann Oberwellen auf. Die Amplitude wächst zunächst noch weiter. Dadurch werden die Oberwellen mehr. Gleichzeitig wächst der Anteil auf der eigentlich gewünschten Frequenz mit immer härterer Ansteuerung langsamer. Nach und nach geht die überschüssige Verstärkung immer mehr in die Oberwellen. Bis schließlich für die eigentliche Oszillatorfrequenz nur noch gerade so viel Verstärkung übrig bleibt, dass die Amplitude nicht mehr weiter steigt.
Die erzeugten Oberwellen sind je nach Schaltung recht kräftig. Gerade bei den Simpelschaltungen wird der Oszillator ja direkt getastet. Da darf er keine paar hundert Millisekunden zum Anschwingen brauchen. Es muss vielmehr bei dieser Sorte Schaltung ein kräftiger Verstärkungsüberschuss vorhanden sein, sonst tut sie nicht. Etliche 100mW Oberwellen kommen da schnell zusammen.
Verboten!
Mit so einem Oberwellenanteil sollte man dann nicht direkt auf die Antenne gehen.
Und darf es auch gar nicht. Nach der "Verfügung Nr. 33/2007" der BNetzA
http://www.bundesnetzagentur.d…chtwerte%20funkanlagen%22
muss die "unerwünschte Aussendung" 40 dB unterhalb der maximalen Leistung des Senders liegen. (Für Sender mit Ausgangsleistungen über 2,5 mW.)
Kann man aber wegfiltern
Nun sind Oberwellen in Oszillatoren allgemein eigentlich kein Problem. Denn Oberwellen kann man wegfiltern.
So auch hier: Abhilfe schafft ein anständiges Tiefpassfilter zwischen Oszillator und Antenne. In dem bleiben die Oberwellen hängen. Drei simple Ringkerne und ein paar Kondensatoren sollten reichen. Wenn man vorsichtig ist, minimale Messmittel hat und weiß, was man tut, kommt man auch mit zwei Kernen hin.
Für Tiefpassfilter gibt es eine Menge Fundstellen in unserer Literatur.
Der zum Beispiel im "Low Power Scrapbook" Seiten 27/28 und auch sonst oft beschriebene klassische "Halbwellenfilter" erreicht leider nur etwa 25 dB Dämpfung auf der doppelten Designfrequenz. Das würde nur reichen, wenn man sich sicher sein könnte, dass der Oszillator selbst die Oberwellen schon 15 dB unter das eigentliche Ausgangssignal drückt.
Glücklicherweise gibt es mehrere einfache Tricks, wie man die Oberwellenunterdrückung steigern kann. Einer ist das (von HaJo aus anderen Gründen propagierte) "peaked low pass filter" (vergl. Low Power Scrapbook S. 296).
Man geht dabei zum Beispiel vom Halbwellenfilter aus und vergrößert beide Spulen. Dann schaltet entsprechende Kondensatoren den Spulen in Reihe. Die zusätzliche Induktivität der Spule bildet mit dem Kondensator gedanklich einen Serienschwngkreis. Wenn der für die Sendefrequenz dimensioniert ist, kompensieren sich Induktivitätsvergrößerung und Kondensator genau. Es bleibt dann nur noch die ursprüngliche (unvergrößerte) Induktivität übrig. Auf der Sendefrequenz verhält sich das Filter dadurch immer noch genau wie das ursprüngliche Halbwellenfilter. Dagegen werden höhere Frequenzen stärker bedämpft, weil der Serienschwingkreis hier hochohmig wird.
Das ist nur eine Möglichkeit. "Experimental Methods" hat ab Seiten 3.2 andere Filtervorschläge.
Vy 72,
Andreas