Hallo,
nachdem in diesen beiden Threads http://www.qrpforum.de/index.php?page=Thread&threadID=9912 und http://www.qrpforum.de/index.php?page=Thread&threadID=9394 einige Punkte angesprochen wurden, wollte ich die Überlegungen der letzten Wochen hier auszugsweise präsentieren, da sie vielleicht für andere auch interessant sein können.
Die Palm Single hat mein Verhältnis zu meinen anderen Tasten kräftig ins Schleudern gebracht. Ich will nicht über die verringerte Fehlerquote noch Vorteile / Nachteile der Gebetechnik bei der Einhebeltaste schreiben. Dies hat sich für mich erledigt; Ich mache kein Squeeze und gebe aus den Fingern, nicht aus dem Handgelenk.
Obwohl die Tasten aehnlich aufgebaut waren, unterschieden sie sich grundlegend. So habe ich mein Wissen und meine Erfahrung aus dem Bau klassischer Gitarren hervorgekramt. Die Probleme aehneln sich an verschiedenen Punkten.
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Das Griffbrett der Gitarre besteht aus zwei Komponenten: Das "tragende", untere Holz, das für die Stabilität und die Schwingungsübertragung zuständig ist. Für den Spieler ist das Griffbrett sein Spielfeld. Hier wird seit fast 100 Jahren Ebenholz verwendet. Dies ist fast das härteste Holz, das man auf der Welt finden kann. Das Holz muss absolut plan geschliffen werden und bietet für die Fingerkuppe einen sehr harten, definierten Anschlagpunkt. Es ist aber aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften trotzdem noch weich im Verhältnis zu einem Metal, aber eindeutig.
Analogie:
Die Tastenhebel sollten nicht weich oder biegbar sein, sondern so steif wie möglich, damit der Kontakt des Fingers sofort eine Wirkung zeigt. Hier ist ein Minuspunkt meiner alten Schurr Portabeltaste mit ihren "weichen/schwabbeligen" Fingerbrettern, die sich bei geringem Druck durchaus bis zu 2 mm biegen lassen. (Dies wurde schon damals korrigiert, aber nicht bei mir ;-)) Dies erzeugt einen weichen Anschlag, der sich z.B. mit der MiniPalm einstellen lässt. Dieser weiche Anschlag ergibt eine Verzögerung der Tastung und ist auch nicht mehr eindeutig zu bedienen. Bei der Palm Single - und hier ist die Mechanik der Taste besser als die Mini, hat die notwendige mechanische Steifigkeit (Anschlag = Zeichen)
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Oberfläche
Das Fingerbrett der Gitarre wird mit Hobel und eventuell Ziehklinge absolut plan "geschliffen". Ein Prozess der viele Stunden dauert und bei dem keinesfalls irgend ein Schmirgelpapier verwendet werden darf. Wenn die Oberfläche glatt ist, dann wird (bei einigen) nochmals Öl
o.ae. aufgetragen. Dies hat zur Folge, dass sich die Fasern nochmals bewegen, die erneut abgeschliffen werden. Das Ergebnis ist aber keine Glasfläche, sondern eine glatte Oberfläche, die aufgrund der Holzstruktur von den Fingerkuppen noch als ausreichend rau angesehen wird und so ein "rutschen" verhindern.
Analogie
Die Oberfläche darf nicht glasähnlich sein, sondern sollte eine gewisse "Grifflichkeit" haben. Dies ist bei der Single sehr gut gelöst, da die Oberfläche etwas rauer ist, aber ich will ja nicht auf der Oberfläche rumrutschen. Im Gegensatz hat meine grosse alte Schurr eine glatte Oberfläche, die die Haftfähigkeit eher durch Dreck und Schweiss erreicht und leicht klebrig werden kann. Mein Plädoyer geht daher sogar eher zu einem Holzhebelende, da die Charakteristika von Plastik keine Griffigkeit erzeugen kann, ausser die Oberfläche wird bearbeitet.
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Taktiles Feedback
Wenn der Gitarrenspieler die Finger senkt, kommt er zuerst mit der Saite in Berührung. Er muss aber weiter drücken bis die Saite das Fingerbrett erreicht. Er muss weiterdrücken, bis die Saite genügend Stabilität zum Bund erreicht. Es gibt als von den Fingern durchaus erkannt drei mal Feedback bis das Ziel erreicht ist. Bei der Geige ist dies anders, aber ... das Feedback ist notwendig, damit er sicher ist, dass der Ton erzeugt werden kann.
Analogie
Der CWist berührt die Taste und muss einen definierten Druck ausüben, damit der Kontakt geschlossen werden kann. Er hat also ein zweifaches
Feedback und der Finger kann sich sicher sein, dass der Kontakt geschlossen ist. Deswegen ist ein minimaler Abstand vom Hebel zum Kontakt sinnvoll UND der Kontaktschluss muss mechanisch hart sein.
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Fingerbewegung
Der Gitarrist muss sich um Bewegungsökonomie bemühen, um schnelle Läufe mechanisch organisieren zu können. Er wird also seine Hand bundweise
bewegen und seine Finger schweben nur Millimeter über der Saite. Weiterhin ist die Saitenlage (Höhe der Saite über dem Griffbrett) Gegenstand zahlloser Diskussionen. Die Optimierungen liegen hier im zehntel Millimeterbereich.
Analogie
Die Finger sollten in der Nähe der Tastenhebel liegen, um Bewegung zu sparen. Bei meinen 2-Hebeltasten liegen diese zwischen 12,7 und 13 mm. Gestern habe ich nochmals nachgesehen: Ich muss eine zusaetzliche Entfernung pro Finger von jeweils 5 mm überwinden und habe bedingt durch die Bewegung veränderte Druckverhältnisse, wenn der Finger auf die Taste trifft.
Hier kamen meine Schwierigkeiten mit der Single her. Der Weg den meine Finger zuruecklegen mussten vergrösserte sich. 13 mm - 5 mm (Dicke Single) um 8/2 mm. Dass heisst das meine "eingestellten" Finger sich jeweils statt um 5 plötzlich um 9 mm bewegen mussten. Die Folge: Bei der Mini konnte ich (ohne Squeeze) locker bis Tempo 35 geben. Bei der Single war bei 30 WPM Schluss.
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Ich hatte mir die letzten 10 Jahre ueberhaupt keine Gedanken über Tasten gemacht, sondern einfach nur benutzt. Dann habe ich die Palm Single gekauft und plötzlich hatte ich ein viel besseres Gefühl beim Geben.
Ursachenforschung:
Die Taste ermöglicht einen noch kürzeren Abstand zu den Kontakten als z.B. die Mini Palm. Ausserdem war die ganze Konstruktion steifer. Ich hatte also einen sehr viel direkteren Kontakt und einen haerteren Anschlag ... hatte etwas gedauert, bis ich dies herausbekommen hatte. Ausserdem war, da Prototyp die Oberfläche des Hebels leicht aufgeraut - Prima.
Allerdings hatte ich Schwierigkeiten bei schnelleren Tempi. Hier hat ein OM den entscheidenden Hinweis gegeben: Ich war ein Wanderer zwischen Ein- und Zweihebeltasten und meine Finger hatten sich auf den Abstand Zweihebel eingestellt.
Nachdem ich die Haerte als einer der ausschlaggebenden Punkte identifiziert hatte, macht ich mich an die Mini Palm und stellte fest, dass ich diese ganz weich - entsprechend der Schurr eingestellt hatte. Also habe ich die Taste auf hart gestellt und sie liess sich sehr viel besser geben, ausser, dass die Taste nicht dafür gebaut ist (Ziel: Portabelbetrieb). Material und Konstruktion zeigen deutliche Grenzen auf. Bei meiner Einstellung schlägt der Daumen (Dash) auf den Ditkontakt durch. Hier muss ich noch einen neuen Kompromiss finden.
Nun wollte ich es wissen und nahm mir die Portabeltaste von Schurr vor, die ob der Grösse in den letzten Jahren meine Lieblingstaste war: Der Kontaktabstand war korrekt, also minimalst, trotzdem war die Taste weicher. Der Grund: Die Plastikfingerhebel sind ab Messingtraeger 4,3 cm lang und dünner als als bei der grossen Schurr. Mit der Taste kann ich (leider) nur weich geben. Ausserdem fehlt mir plötzlich die von der PM gewohnte unterschiedliche Druckeinstellung für die Finger. (Mein Daumen tritt härter zu ;-))
Zuletzt die alte grosse Schurrtaste: Nur eine Einstellungsmöglichkeit Druck für beide Finger. Kontaktabstand ok. Haerte auch gut. Die Fingerhebel sind nur 3,2 cm lang und und 0,5 mm dicker. Aber: Das Plexiglas ist anders, die Fläche groesser und meine Finger rutschen auf der Oberfläche. Hier hatte ich mir ganz am Anfang so einen weitausholenden Schmetterlingsfluegelschlag Anschlag angewöhnt ... nicht gut.
Soweit zum Stand der Technik.
Folgerungen sortiert nach dem Stand der Beliebtheit:
1. Palm Single
2. Grosse Schurr: Ich habe zuerst Knochen aus dem Gitarrenbau eingesetzt, aber der war zu kurz, zeigte aber das gewuenschte Verhalten. So habe ich vorläufig wieder die alten Hebel eingebaut, diese aber aufgeraut.
Ich hatte eigentlich eine perfekte Single, wenn ... Ja, wenn da nicht meine alten Finger gewesen wären, die wie eine eingerostete Kneifzange auf ihren maximalen Abstand bestanden haetten.
Mit dieser Diskussion nervte ich einige Leute bis Johannes DL9SCO von Palm Radio der Kragen platzte und er eine Sonderanfertigung für meine Single entwarf und erstellte. Es war ein Aufsatz auf den alten Hebel.
Ich habe den Aufsatz uebergestuelpt. Der Vorbau sitzt stramm und wackelsicher.
Das Aussehen hat sich geändert. Man erkennt sie nicht mehr als Single. Doch durch die Rundung bekommt sie aber eine gewisse angenehme Form.
Haptik: Sehr gut besser, viel besser als die alte Schurr und sogar als das Mini Paddle.
Bewegungsfreiheit und Dynamik haben trotz der Gewichtsveränderung von 3 Gramm nicht geändert. Sie ist meine Beste und die "Haerte" des Anschlages ist geblieben.
Der Fingerabstand ist jetzt ideal. Ich bin auf Anhieb und ohne Anstrengung bis Tempo 35 gekommen. Dann bemerkte ich, dass ich fuer den Zeigefinger den Anpressdruck zu gering eingestellt hatte. Nach einer Korrektur war dann auch 40 drin. Da ich das hoeren, aber nicht mehr lesen kann, habe ich die Einstellung wieder weicher gemacht. Bis Tempo 30 reicht vollkommen.
So: Eine Entschuldigung an das Palm-Team für die mit meiner Sturheit verbundenen Nerverei und einen Dank für die Mühe, "meine" sehr gute Taste zu einer Palm Single + zu verwandeln.
73 de Hajo