Neosid Spulen

  • Heisann,
    nachdem ich mich jetzt schon eine ganze Weile mit der ersten Neosid-Spule meines Miss Mosquita-Bausatzes rumärgere frage ich mich, was dieses scheinbar fehlerträchtige Bauteil so besonders macht. Mir ist klar, das ich so Spulen und Übertrager ziemlich verkleinern kann und auch das magnetische Feld in den Ferritkomponenten zentriere. Aber warum nicht einen etwas einfacher handhabbaren Ringkern nehmen auch wenn er etwas mehr Platz benötigt. Das Wirkprinzip sollte doch das selbe bleiben. Sollte es nur auf die abschirmenden Eigenschaften des Kupferbechers ankommen, so ließe sich der doch sicherlich auch über einer Ringkernspule anbringen, wenn er etwas größer ausfällt. ;)


    Vielen Dank schon mal für die Erleuchtung. :)

    73s de Jens, DK2AB
    *** C8H10N4O2 ***

  • Hallo Jens,


    möglicherweise ist eine Abgleichmöglichkeit der Spule erforderlich. Diese ist bei Ringkernspulen nur in ganz engen Grenzen möglich.

    73 de Winfried, DCØVD

  • Hallo OM DK2AB,


    ein Grund für den Einsatz einer Spule nach Neosid-Art, könnte der Koppelfaktor sein,
    der bei RK-Spulen irgend wo zwischen 0,7 und 0,99 liegt bei Becherspulen ohne geschlossenem
    Kern eher unterhalb von 0,5 liegt.
    Dadurch ergeben sich unterschiedliche induktive Verhaltensweisen bei Schaltungsgruppen.


    Einige Beispiele dazu:



    Ein Oszillator benötigt eine Spule mit hoher Güte, um eine gute Frequenzstabilität zu haben,
    da ist eine Schpule auf einem RK unter Umständen vom Vorteil, sofern der Kern für die Frequenz
    geeignet ist. Wird die Rückkopplung kapazitiv über einen Spannungsteiler mittels Kondensatoren
    bewerkstelligt, stellt die hoche Kopplung beim RK kein Problem dar, da keine Koppelspule benötigt wird.
    Will man hingegen induktiv rückkoppeln über eine Abzapfung oder eine zweite Spule auf dem selben
    Kern, kann der Koppelfaktor bereits zu hoch sein und eine Becherspule mit einer geringeren Kopplung
    wäre für diesen Type vom Oszillator besser geeignet.


    Ein Filter, welches aus mehreren Spulen aufgebaut ist und induktiv die Spulen koppelt, benötigt
    auf der einen Seite hohe Güten (-> RK) aber auf der anderen Seite möglicherweise eine lose Kopplung
    der einzelnen Spulen um kleine Bandbreiten zu erzielen.
    Der erste Punkt spricht für RK, der zweite für Noesid-Spulen.


    Den Leistungsaspekt habe ich auch noch nicht erwähnt. RK entsprechender Größe können gegenüber den
    Becherspulen punkten, da sie meist aus dickerem Draht bestehen und der RK mehr Spannung/Strom und
    damit Leistung verkraftet.


    Becherspulen können einfacher verstimmt werden, wenn sie einen drehbaren Kern besitzen.


    Becherspulen, die nicht so stark koppeln haben wiederum größere Streufelder (Einstrahlung/Verkoppelung/etc.)
    weshalb sie besser zu schirmen sind.




    Du siehst also, man muss von Fall zu Fall entscheiden, was mit welcher Spule besser aufzubauen ist, um die
    besten Eigenschaften zu erzielen.


    Ich denke, dass die Alten Hasen hier im Forum auf diesem Gebiet bestimmt noch weitere Argumente für oder
    gegen den Einsatz von RK/NS vorbringen können.



    Hoffe ein wenig zum Verständniss der Thematik beigetragen zu haben.



    vy73
    Markus
    DL8MBY

  • Aber warum nicht einen etwas einfacher handhabbaren Ringkern nehmen auch wenn er etwas mehr Platz benötigt. Das Wirkprinzip sollte doch das selbe bleiben.


    Eine berechtigte Frage.
    In amerikanischen Bauanleitungen und Bausätzen (z.B. Softrock) werden fast ausschließlich Eisenkern-Toroidspulen verwendet. Sie sind nachbausicher, weisen eine hohe Güte auf und haben nahezu keine Streuung. allerding sind sie nur schwer und nur in engen Grenzen abzugleichen.


    Der Vorteil der Neosid Becherspulen liegt in erster Linie in der guten Abgleichfähigkeit. Auch bei angezapften Spulen oder Spulen mit Koppelwicklung greift man hierzulande lieber zum Neosid Filterbausatz, obwohl das auch beim Ringkern gut möglich wäre. So lange es Fertigfilter sind, finde ich die Neosid Teile ganz passabel, das Selberwickeln auch eher abschreckend.


    73, Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

  • Hallo liebe OMs,
    vielen Dank für die Einsichten in die Untiefen der HF-Technik. Jetzt wo mir die Vor- und Nachteile etwas aufbereitet wurden kann ich nachvollziehen warum Neosid-Spulen ihr nicht zu unterschätzende Daseinsberechtigung haben.

    73s de Jens, DK2AB
    *** C8H10N4O2 ***

  • Hallo Jens,


    Neosid-Spulen oder generell Spulen auf Kunststoffkörper mit Abgleichkern und Schirmbecher sind nicht fehlerträchtiger als Ringkerne. Auch bei Ringkernen können Probleme wie unerwünschte Kopplung, mangelnde oder unsachgemäße Befestigung bei sehr dünnem Draht usw. auftreten. Das Problem ist doch wohl eher die Bewicklung und das Anlöten des Spulendrahts an die Beinchen im Kunststoffkörper.


    Ich bewickle diese Dinger schon seit ewigen Zeiten und mit etwas Übung geht das auch immer einwandfrei. Man sollte nur einige wenige Kniffe beherrschen. Das abgesehen natürlich vom passenden Lötkolben, mit dem man selbstverständlich nicht den Kuntstoffkörper verschmoren sollte. Als erstes wird der Spulendraht an einem Ende sorgfältig verzinnt. Heutige Kupferlackdrähte haben eine Lackierung, die beim Verzinnen schmilzt und die Verzinnung nicht behindert. Dann das Ende des Spulendrahts mit einer guten Pinzette um das richtige Bein schlingen und vorsichtig anlöten. Ich verwende so gut wie immer bei bedrahteten Bauteilen einen 80-W-Lötkolben. Mit dem geht das gut, wenn man schnell lötet.


    Dann wird die Spule gewickelt. Anschließend den (unverzinnten!) Draht an das vorgesehene Bein führen und dort ebenfalls einmal herumschlingen. Nun den Draht wieder zurückwinden und eine Windung wieder abwickeln! Natürlich den Draht dabei immer schön straff halten. Mit dem Daumen die Wicklung auf dem Spulenkörper festhalten und den Draht 5 mm länger (!) als die noch sichtbare, etwas geöfftente Schlinge (wo der Draht um das Bein ging) abschneiden.


    Nun dieses Drahtende ebenfalls verzinnen, natürlich bis über die angedeutete Schlinge. Jetzt mit einer Spitzzange oder der Pinzette das Ende fassen, die Wicklung wieder vervollständigen (eine Windung!), den Draht zum Sockel führen und um das Bein schlingen. Der Daht sollte jetzt mit seiner Verzinnung schön um das Bein herum liegen. Kurz anlöten, abstehendes Ende abschneiden - fertig. Das geht immer und einfach - nur mal ein bisschen üben!


    73, Uli, DK4SX