Impedanz und Verlust der Hühnerleiter

  • Liebe OMs!


    Bei einem lamda/2-Dipol befindet sich am Einspeisepunkt ein Strommaximum und Spannungsminimum. Dementsprechend niedrig ist die Impedanz, und man kann mit 50-Ohm-Kabel direkt den Sender anschließen. (Schirme und Erdungen möchte ich hier nicht betrachten.) An jeder Stelle des Kabels fließt gleich viel Strom.


    Der selbe Dipol kann auch mit 450-Ohm-Kabel angeschlossen werden. Am Speisepunkt herrscht weiterhin eine niedrige Impedanz. Allerdings verändert sich die Impedanz. Bei lamda/4 Entfernung von der Antenne ist die Impedanz sehr hoch, bei lamda/2 wieder niedrig und so weiter. Für den Anschlusspunkt des Senders sollte eine Stelle im Kabel mit niedriger Impedanz gesucht werden. Es ist aber auch möglich, das Kabel an einer beliebigen Stelle abzuschneiden und die Impedanz mit einem Schwingkreis oder Balun für den Sender passend zu transformieren.


    Jetzt wird die Größe des Dipols verändert. Dadurch ändert sich die Impedanz am Speisepunkt, und es entsteht eine Welle auf dem 50-Ohm-Kabel. Für den Sonderfall, dass am Speisepunkt 450 Ohm herrschen, wird das 450-Ohm-Kabel an jeder Stelle den gleichen Strom übertragen, so wie es vorher beim 50-Ohm-Kabel war.



    Meine Frage lautet: Warum werden bei Dipolen unbekannter Wellenlänge, z.B. dem 2x6,50m-Dipol für 7…30MHz, hochohmige Kabel bevorzugt? Mit der Breite der Hühnerleiter steigt die Impedanz, und das scheint in jedem Falle ein Vorteil zu sein.


    Viele Grüße aus Berlin
    Thomas, DD1TS

  • Hallo Thomas,


    schau Dir die Sache mal mit dem hier verlinkten Programm TLdetail an.
    Da siehst Du, dass ein Koaxkabel in einer solchen Konfiguration sehr hohe Verluste verursachen würde.


    Als Beispiel habe ich für die Antenne (=load) R=15 Ohm und jX =-600 Ohm eingegeben.Auf 7 MHz, bei 20m Speiseleitung kommen mit Koax noch knapp 3 Watt von 100 bei der Antenne an, mit 600 Ohm HL sind es immerhin noch 76 Watt.


    73 de Wolfgang

  • Hallo Thomas,

    Meine Frage lautet: Warum werden bei Dipolen unbekannter Wellenlänge, z.B. dem 2x6,50m-Dipol für 7…30MHz, hochohmige Kabel bevorzugt? Mit der Breite der Hühnerleiter steigt die Impedanz, und das scheint in jedem Falle ein Vorteil zu sein.

    das hängt nur zu einem Teil mit der höheren Impedanz zusammen. Wenn Du ein niederohmiges Kabel einsetzt, wird es in erster Linie ein Koaxialkabel sein. Dann müsstest Du, wenn Du es genau machen willst, einen (schweren/frequenzabhängigen) Balun am Speisepunkt der Antenne (in luftiger Höhe) einsetzen. Ansonsten schielt der Dipol bei waagerechtem Aufbau und gleichmäßiger Beeinflussung durch die Umgebung etwas, da ja sein einer Ast am abgeschirmt Mittelanschluss des Koaxialkabels liegt und der andere am (geerdeten) Außenleiter.


    Nimmst Du hingegen eine Hühnerleiter, so bekommst Du eine symmetrische Speisung. Kommerzielle Zweidrahtleitungen kenne ich mit Impedanzen ab 240 Ohm. Diese besitzen zwischen den beiden Drähten einen (wie auch immer gearteten) Kunststoff. Und Letzterer hat immer einen Einfluss auf die HF, wie Du aus dem Verkürzungsfaktor VF kleiner 1 erkennen kannst. Nimmst Du hingegen bei einer breiten Hühnerleiter Luft als Isolator, so steigt der Verkürzungsfaktor schnell an. Da der Verkürzungsfaktor von der Dielektrizitätszahl und der Permeabilität des als Dielektrikum verwendeten Isoliermaterials abhängig ist, siehst Du, warum gerne Zweidrahtleitungen mit größerem Abstand der Leiter und somit höherer Impedanz verwendet werden.
    Die Auswirkungen kannst Du gut mit TLD (siehe andere Antwort in diesem Thema) erkunden.


    Früher wurde oft zur Speisung und kurze Entfernungen zweidrähtiger Netzleitung eingesetzt. Man erkannte schnell, dass die Verluste relativ hoch sind. Nicht nur ich habe es aber auch heutzutage schon mit Lautsprecherleitung erfolgreich probiert. Man muss sich nur bewusst sein, dass Verluste auftreten und die Leitung möglichst kurz halten.


    Einen Vorteil hat die symmetrische Speisung aber noch. Du kannst einen Dipol (oder sagen wir besser ein Gebilde mit zwei etwa gleichlangen Ästen) über eine symmetrische Leitung auf allen Bändern erregen. Gut, beim Koaxialkabel ohne (!) Balun am oberen Ende bekommt man es auch hin, doch gegebenenfalls ist dann noch die Transformation der Speiseleitung dann zu beachten.


    73/72 de Ingo, DK3RED - Don't forget: the fun is the power!

  • Vielen Dank!


    Bei Lautsprecherkabel ist also das Problem, dass erstens die Ströme ungünstig hoch sind und zweitens das Dielektrikum viel Leistung schluckt?


    Ich wundere mich, dass manche Leute lieber 450-Ohm-Wireman über die nasse Wiese legen als Lautsprecherkabel zu nehmen, welches sich von dem Wasser deutlich weniger beeinflussen lassen würde.

  • Hallo Thomas,

    Zitat

    Bei Lautsprecherkabel ist also das Problem, dass ... das Dielektrikum viel Leistung schluckt?


    ja.



    Zitat

    Ich
    wundere mich, dass manche Leute lieber 450-Ohm-Wireman über die nasse
    Wiese legen als Lautsprecherkabel zu nehmen, welches sich von dem Wasser
    deutlich weniger beeinflussen lassen würde.


    Ob das Lautsprecherkabel gegenüber Feuchtigkeit weniger empfindlich ist,
    habe ich noch nicht untersucht. Ein Wassertropfen ist jedoch im
    Verhältnis zum Abstand der beiden Adern beim Lautsprecherkabel viel
    größer als der gleiche Wassertropfen zwischen den Adern eines Wireman.
    Somit müsste ein Wassertropfen beim Lautsprecherkabel eine größere
    negative Wirkung ausüben als beim Wireman. Doch beim Wireman kann sich
    der Tropfen weiter zwischen die Adern "drängen" - beim Lautsprecherkabel
    ist der Steg zwischen den Adern durch die Isolierung recht dick und der Tropfen wird "auf Abstand" gehalten.


    73/72 de Ingo, DK3RED - Don't forget: the fun is the power!

  • Ich verwende als Speiseleitung gerne Feldtelefonleitung. Die ist in 500m Rollen auf Flohmärkten oder von diversen Surplus-Läden erhältlich. Isolierung scheint PE zu sein, das nimmt kein Wasser auf. Die Leitung ist auch deutlich leichter als Lautsprecherkabel. Man kann sie einfach in die 2 Adern auftrennen um so die Dipoläste zu erhalten.


    73 Heinz, OE5EEP

  • Hallo Heinz,

    Man kann sie einfach in die 2 Adern auftrennen um so die Dipoläste zu erhalten.

    das geht bei Lautsprecherleitung in der Regel auch. Ich habe auch schon Material irgendwo online bestellt, da ließen sich die Adern nicht trennen, ohne dass eine Isolierung beschädigt wurde. Seit dem gehe ich wieder in den Baumarkt um die Ecke und zupfe (wenn gerade kein Verkäufer zusieht) an den Leitungen, um zu sehen, ob sich die Adern gut trennen lassen. ;o)


    73/72 de Ingo, DK3RED - Don't forget: the fun is the power!

  • Moin zusammen.
    es ist interessant zu lesen, was so alles als Speiseleitung verwendet wird (und anscheinend funktioniert)... Um die Liste zu erweitern: Ich zweckentfremde gerne "Klingelstegleitung (LIY?)" als Hühnerleiter. Dieses Zeugs besteht aus zwei recht dünnen (0.2mm?) Drähten, die in Kunststoff (PVC?) mit einem Anstand von ca. 7mm eingebettet sind, und ist in fast jedem Baumarkt erhältlich. Meinen (unmassgeblichen) Messungen nach hat diese Leitung ca. 250Ohm und hat sich (für QRP) als "durchaus geeignet" herausgestellt. Das liegt vielleicht an der Ähnlichkeit zu der früher erhältlichen "UKW-Bandleitung"...


    DD1TS:
    Du kannst bei symetrischen Konstruktionen die Speiseleitung auch als einen Teil der Antenne betrachten (->angepasste Antennenleitung), wobei die Zuleitung aufgrund der gegensinnigen Ströme nicht an der Abstrahlung beteiligt ist. Die Impedanz am "Anfang" der Speiseleitung ist in diesem Fall natürlich frequenzabhängig, und muss ggf. mit einem Tuner angepasst werden.


    73 de Roland / DK1RM