Der IP3 und die Wirklichkeit

  • Eigenartig,
    seit einigen Jahren werden die Eigenschaften eines Empfängers nahzu kritiklos in erster Linie über den IP3 definiert. Das verwundert um so mehr weil doch viele erfahrene Funkamateure heute noch von älteren Geräten schwärmen die trotz "miesem" IP3 von -10dBm bis -20dBm hervorragendes Hören auf den KW Bändern ermöglichten. In Wirklichkeit ist es doch so, dass der IP3 nur ein Parameter von vielen ist, die die Fähigkeiten eines RX ausmachen. Kein unwichtiger, aber einer unter vielen und dazu einer der auch wenn er nicht überragend gut ist trotzdem einen hervorragenden RX zuläßt.
    Beispiele kennt jeder von uns. Da wird ein RX in Testberichten über Messwerte tot geschrieben, hat man den Empfänger an der Antenne, so hört er sich besser an als alles bisher gehörte.


    Um zumindest etwas mehr Klarheit über den IP3 zu vermitteln habe ich Frank Sichla, DL7VFS um die Genehmigung gebeten das entsprechende Kapitel aus seinem Buch "Messpraxis für Empfänger, Sender und Antennen" hier im QRP Forum veröffentlichen zu dürfen.
    Ich danke Frank für die Erlaubnis zum Abdruck, möchte aber die Gelegenheit nutzen, dieses Buch jedem ernsthaft am Selbstbau interessierten Funkamateur ans Herz zu legen.
    Ihr bekommt das Buch bei allen einschlägigen Buchhändlern, natürlich auch bei QRPproject. Damit es sich lohnt, bestellt man am Besten gleich das "ABC der Schwingkreistechnik", ebenfalls von Frank mit dazu. Ich habe selten aus einem Buch so viel neues gezogen, wie aus diesen beiden Büchern.


    Hier das Kapitel über dne IP3:
    Exkurs: Intermodulation




    Grundlegende Informationen über Intermodulation findet man reichlich in der Amateur- und Fachliteratur. „Das große Amateurfunk-Lexikon“ erlaubt beispielsweise einen guten Einsteig in die Thematik.
    Man unterscheidet zwischen Intermodulation zweiter und dritter Ordnung und kennzeichnet diese jeweils mit einem sogenannten Intercept-Punkt.
    Der Intercept-Punkt zweiter Ordnung beschreibt praktisch die Immunität gegenüber Rundfunksendern. Der Intercept-Punkt dritter Ordnung kennzeichnet hingegen die Veranlagung des Empfängers, Intermodulationsprodukte mit Im-Band-Signalen zu bilden.
    Die Messung wird hier aus zwei guten Gründen nicht beschrieben:


    1. Der Aufwand ist relativ hoch. Man benötigt als Minimalausstattung zwei intermodulationsarme HF-Generatoren, einen rückwirkungsarmen (transformatorischen) Leistungskoppler, ein einstellbares Dämpfungsglied sowie einen NF-Pegelmesser für echten Effektivwert (RMS) oder Spectrum Analyzer.


    2. Werte für Intercept-Punkte sind relativ stark von den verschiedenen Messbedingungen abhängig und somit kaum fair vergleichbar.


    Statt Messvorschriften anzugeben, soll daher im Folgenden etwas genauer über die „Schattenseiten“ der Intermodulation informiert werden.


    Phänomen Intermodulation


    Schon der Begriff „Intermodulation“ ist irreführend. Während es sich bei der wenig bedeutsamen Kreuzmodulation tatsächlich um eine Modulationsübernahme handelt, geht es bei Intermodulation darum nicht. Hier handelt es sich vielmehr um eine unerwünschte Mischung, so dass Begriffe wie „Störmischung“ oder „Fehlmischung“ treffender wären. Modulation ist hingegen ein Spezialfall von Mischung, der sich dadurch auszeichnet, dass der Frequenzabstand der beiden Signale fast so groß ist wie die große Frequenz (der Träger). Bei Intermodulation dritter Ordnung aber mischen sich zwei fast frequenzgleiche Signale.
    Europäische Funkamateure interessieren sich besonders für ihr Großsignalverhalten, welches erheblich – aber längst nicht vollständig – durch den Intercept-Punkt dritter Ordnung (IP3) beschrieben wird. Dabei übersehen sie leider allzu oft, dass diese Angabe – vergleichbar mit einem Transistorparameter – stark von den Messbedingungen abhängt. Hinzu kommen weitere Unsicherheiten. So wird z. B. der Zusammenhang zwischen Intermodulation und Empfindlichkeit oft übersehen.
    Beispielhaft sei eine mögliche Irritationen anhand eines Leserbrief von Dr. Clemens Paul, DL4RAJ, in dem es um den Spitzenempfänger AOR-7030 geht. Dieser wurde von Nils Schiffhauer, Ex-DK8OK, vorgestellt. Der Leser verwies nun auf Messergebnisse in der Zeitschrift CQ DL 2/2001, wonach der AOR-7030 u. a. deswegen ein „schlechter Empfänger“ sei, weil sein IP3 dort mit 4,5 dBm statt der vom Hersteller versprochenen 35 dBm ermittelt wurde.
    Nils Schiffhauer antwortete darauf u. a. folgendermaßen: „Ich freue mich, dass ... die CQ DL auch den AR-7030 getestet hat. Ich kann nicht beurteilen, ob deren Messdaten stimmig sind, sie sind freilich auch unter den entsprechenden Randbedingungen zu lesen. Ich orientiere mich da mehr an der ARRL, die seit Jahrzehnten alle Transceiver und Receiver nach einem konsistenten Protokoll testete, den AR-7030 als Terrific Performer sieht und ihn in QST June 1997 auch Messdaten präsentierte, die signifikant von denen aus der CQ DL abweichen. So wurde der IP3 auf 20 m mit 28 dBm gemessen...“
    Randbedingungen, konsistentes (dauerhaftes, beständiges) Protokoll, IP3 auf 20 m – hier merken wir schon, dass Intercept-Punkt eventuell nicht immer gleich Intercept-Punkt sein muss. Lesen wir weiter: „Was mich auch gegenüber Messdaten immer etwas skeptisch stimmt, ist das Starren auf isoliert dastehende Werte, wie den IP3. Der Wert ist zweifelsohne wichtig, und dennoch können zwei Geräte mit dem identischen IP3 in der Praxis ganz andere Ergebnisse liefern.“
    Da haben wir’s! Aber warum ist das so?


    Intercept-Punkte sind leistungsabhängig


    „Intermodulationsprodukte zweiter Ordnung steigen quadratisch, Intermodulationsprodukte dritter Ordnung kubisch mit den Amplituden von f1 und f2. Wenn also die eingespeisten Signale um 10 dB erhöht werden, steigen die Intermodulationsprodukte zweiter Ordnung um 20 dB und die Intermodulationsprodukte dritter Ordnung um 30 dB.“ Diese Aussage aus einer Zeitschrift muss nicht nur für die Theorie, sondern weitergehend auch für die Praxis relativiert werden.
    Denn das Intermodulationsprodukt kann eines der gleichen Eingangssignale schon theoretisch nicht einholen (oder abfangen = intercept, Bild 40). Daher ist ein Intercept-Punkt pure Theorie. Es lässt sich sogar rechnerisch nachweisen, dass ein kleineres Verhältnis als 13 dB zwischen Eingangssignalen und Intermodulationsprodukten gar nicht möglich ist.
    In der Praxis sorgt auf jeden Fall die Kompression dafür, dass die Kurven abbiegen. Dies erfolgt jedoch dann erst bei relativ großen Pegeln. Bei einem guten KW-Empfänger liegt der 1-dB-Kompressionspunkt über 0 dBm (224 mV an 50 Ohm). Der Pegel zur Bestimmung des Intermodulationspunkts sollte jedoch wesentlich geringer sein.
    Entscheidend jedoch ist: Die Kurven für Intermodulationsprodukte verlaufen in der Praxis oft nur bei sehr kleinen Pegeln gerade. Mit zunehmendem Eingangspegel können sie sich „verbiegen“, sogar Wendepunkte sind möglich. Ein eindrucksvolles Beispiel bringt Bild 41. Dies bedeutet nichts weiter, als dass Intermodulationspunkte abhängig von der Leistung sein können, bei der sie gemessen werden.
    Das dies in der Tat oft zutrifft, geht beispielsweise aus den umfangreichen Messungen von G. Schwarzbeck, DL1BU, hervor (Großsignalverhalten von KW-Empfängern, CQ DL 3/1981, S. 17ff, 11/1981, S. 536ff und 1/1982, S. 21f). Allgemein kann man sagen, dass eine gute Großsignalfestigkeit weniger leistungsabhängig ist als eine schlechte, Ausnahmen bestätigen die Regel. Da die IP3-Angabe üblicherweise nicht mit der entsprechenden Eingangsleistungsangabe verknüpft ist, kann der Hersteller den maximalen Wert angeben, auch wenn die Messbedingungen dafür nicht sinnvoll erscheinen. Bei einem passiven Mischer sind oft schon 10 mV Eingangsspannung an den üblichen 50 Ohm zu groß, und es wird ein zu guter Wert vorgetäuscht. Je größer die Eingangspegel der beiden Testsignale, um so unsicherer wird der resultierende IP3-Wert für die Betriebspraxis.
    Das Problem ist ernst: Leider sind die gewünschten ausreichend kleinen Messpegel in der Praxis kaum möglich. Warum? Ganz einfach: Beträgt der IP3 z. B. 10 dBm und speisen wir Leistungen von je -70 dBm ein, dann sind die Intermodulationsprodukte je -240 dBm schwach, liegen also meilenweit „im Rauschen“. Daher ist die Messbarkeit der IM-Produkte das Kriterium. Man beachte, dass die untere Grenze -115 dBm für den Anzeigebereich von Spektrumanalysatoren auch bei Geräten für mehrere 1000 Euro nicht unüblich ist.
    Man könnte auch so vorgehen, dass die Generatorleistungen so weit erhöht werden, dass die Leistung eines IM-Produkts gerade die Leistung des Eigenrauschens des Empfängers erreicht, die Ausgangsleistung des Empfängers also um 3 dB ansteigt. Bei einem Empfänger, der eine Grenzempfindlichkeit von -127 dBm und einen IP3 von 27 dB besitzt, muss jeder Doppelton dann etwa 15 mV an 50 Ohm haben – ein bereits bedenklich hoher Wert!
    Somit sollte eine IM-Messbedingung lauten: Das zur Messung herangezogene IM-Produkt muss so klein wie möglich sein. IP-Angaben wären aussagekräftiger, wäre bekannt, wie groß das gemessene IM-Produkt ist.


    Der Frequenzabstand hat große Bedeutung


    Intermodulation dritten Grades ist In-Band-Intermodulation. Zwei Signale in einem Band verursachen dort ein drittes Signal, ein Intermodulationsprodukt, beispielsweise nach dem Schema


    2x7,04 MHz – 7,02 MHz = 14,08 MHz – 7,02 MHz = 7,06 MHz.


    Dies lässt die Ansicht aufkommen, dass der Frequenzabstand zwischen den Eingangssignalen unerheblich sei, wenn diese nur im Band liegen. Jedoch ist die Vorselektion (zum Glück) oft erheblich schmäler als ein KW-Amateurband. Somit dämpft sie bei entsprechend großem Abstand der Eingangssignale diese auch oft erheblich.
    „Wenn zwischen zwei intermodulierende Stufen ein Filter geschaltet wird, das einen Ton eines Doppeltonsignals durchlässt und den anderen um y dB dämpft, nimmt der Pegel des IM-Produkts, dessen Frequenz im Durchlassbereich des Filters liegt, am Ausgang ebenfalls um y dB ab. Das gilt für IM zweiter (und dritter) Ordnung.“ So liest man es bei D. Lechner im Buch „Kurzwellenempfänger“ (2. Auflage, Berlin 1985).
    Das bedeutet: Zur vollständigen Beschreibung des IM-Verhaltens gehört die Abhängigkeit des Intercept-Punkts vom Frequenzabstand der beiden Signale.
    Wir wollen gnädig sein und auf eine Kurvendarstellung verzichten, aber als vernünftige Messbedingung formulieren: Der IP3 sollte für f2 – f1 = 2, 20 und 200 kHz angegeben werden. Der Kennwert bei 200 kHz lässt den Einfluss der HF-Vorselektion abschätzen.
    Und die Praxis? Oft wird eine IP3-Angabe nicht mal von einer Frequenzangabe begleitet! Dann stehen der Manipulation Tür und Tor offen.
    Übrigens: Außer dem Grundprinzip der Entstehung haben Intermodulation gerader und ungerader Ordnung nichts gemeinsam! Man kann absolut nicht vom IP3 auf den IP2 schließen oder umgekehrt. Denn die Neigung zu Krümmungen gerader bzw. ungerader Ordnung kann bei verschiedenen Bauelementen verschieden ausgeprägt sein.


    Die Zusammenschaltung der Generatoren ist kritisch


    „Ein großes praktisches Problem ist die gegenseitige Beeinflussung der Signalgeneratoren über ihre jeweiligen Ausgänge. Manche Hersteller empfehlen deshalb Leistungsgeneratoren und schalten passive Trennglieder als Entkopplungselement nach.
    Eine genaue Analyse zeigt jedoch, dass die gegenseitige Beeinflussung der Signalgeneratoren durch die Ausgangs-Pegelschleife bewirkt wird, wie Bild 42 am Beispiel einer Spektrum-Analysatormessung zeigt.
    Im Normalbetrieb sind nur Intermodulationsprodukte von etwas über 30 dB messbar.
    Durch Auftrennen der Ausgangs-Pegelschleife der Signalgeneratoren kann die Intermodulations-Messfähigkeit auf über 65 dB gesteigert werden.
    Eine andere Möglichkeit zur Reduzierung der gegenseitigen Rückwirkungen von Signalgeneratoren ist die Zusammenschaltung über Richtkoppler oder Richtbrücken, die die notwendige Rückwärtsisolation bewirken.“ So schreibt W. D. Schleifer in „Hochfrequenz- und Mikrowellen-Messtechnik in der Praxis“ (Hüthig-Verlag, Heidelberg 1981). Und hat Recht damit: Der Koppler ist kritisch. Keinesfalls darf es etwa hier schon zu nennenswerter Intermodulation kommen!
    Informieren uns die Prüfer über die Qualität des eingesetzten Kopplers? In aller Regel nicht.


    Auch die Generatoren sind kritisch


    Warum? Beispielsweise M. Martin gibt in seinem Aufsatz „Verbesserung des Dynamikbereichs von Kurzwellen-Nachrichtenempfängern“ (Funk-Technik 12/1982, S. 512ff) die Antwort: „Um IP-Werte über 30 dBm zu bestimmen, muss das Zweitonsignal einen sehr großen internen Intermodulationsabstand aufweisen, der vor allem bei niedrigen Dämpfungswerten der Eichleitung erhalten bleiben soll. Unter Verwendung von zwei 32-dBm-VMOS-Leistungsverstärkern mit nachfolgendem 10-dB-Dämpfungsglied konnte zusammen mit einer nach Betrag und Phase abgleichbaren Brückenschaltung (Bild 43) am Eingang der Eichleitung bei einem Pegel von 2x16 dBm ein Intermodulationsabstand von 32 dB gemessen werden. Das entspricht einem internen IP-Wert von 62 dBm. Mit ihm lassen sich alle Empfängereingänge bei Pegeln bis maximal 10 dBm in ihrem Großsignalverhalten untersuchen.“
    Dazu wurde der optimierte Koppler also von zwei Leistungsverstärkern angesteuert. 32 dBm sind rund 1,6 W!


    Intercept-Punkte sind frequenzabhängig


    In D. Lechners Buch „Kurzwellenempfänger“ wird die Schaltung eines Präzisions-Diodenringmischers für einen HF-Messempfänger gezeigt und dazu bemerkt, dass der Ausgangs-Intermodulationspegel dritter Ordnung dieser Schaltung bei jeder Verdopplung der Oszillatorfrequenz um 12 dB zunimmt. In Bild 44 ist dies dargestellt.
    Auch die Begründung für dieses Verhalten wird geliefert: „In HF-Mischern trägt gewöhnlich die endliche Umschaltzeit der Dioden unter dem Einfluss der Oszillatorspannung in einem gut konstruierten Ringmischer am meisten zu Intermodulationsstörungen bei. ... Verallgemeinernd gesagt, können zwei Eingangssignale die Umschaltzeitpunkte phasenmodulieren und somit intermodulieren. ... Bei gegebenem Verhältnis von Oszillator- zu Eingangssignalspannung bestimmt das Produkt von Oszillatorfrequenz und Anstiegszeit den IM-Abstand. Bei Verdopplung der Oszillatorfrequenz, aber konstanter Anstiegszeit der Oszillatorspannung verringert sich der IM-Abstand auf ein Viertel.“
    Mit der Sperrkapazität und der Krümmung der Durchlasskennlinie werden zwei weitere Ursachen für IM in passiven Diodenmischern genannt. Schließlich wird zusammengefasst: „Die drei beschriebenen Ursachen begrenzen unabhängig voneinander den IMA. Je nach Oszillatorpegel, Oszillatorspannungs-Anstiegsgeschwindigkeit und Eingangsfrequenz überwiegen gewöhnlich die IM-Produkte infolge einer bestimmten Ursache, und die übrigen Effekte sind zu vernachlässigen.“
    Dennoch kann die Möglichkeit der Frequenzabhängigkeit insbesondere des IP3 nicht von der Hand gewiesen werden. Beispielsweise wurde der IP3 des Kommunikationsempfängers RR-9203C bei 1,5 MHz mit 49,5 und bei 30 MHz mit 24 dBm gemessen. Daher scheint eine weitere Messbedingung sinnvoll: Der IP3 ist mindestens im niedrigsten und im höchsten Amateurband, welches der Empfänger erfasst, zu bestimmen. Beim IP2 sind die Ausgangsfrequenzen für den praktischen Wert der Angabe entscheidend.


    IP und effektiver IP


    Auch wenn wir obige Unsicherheiten einmal beiseite lassen, ist es dennoch nicht angebracht einen IP isoliert zu betrachten oder Intercept-Punkte bedingungslos zu vergleichen. Warum dies?
    Bild 45 erklärt es recht einleuchtend. Weil man durch eine einfache Maßnahme, nämlich ein Dämpfungsglied, IP3 und Empfindlichkeit verändern kann, muss der IP3 eigentlich im Zusammenhang mit der Empfindlichkeit gesehen werden.
    Bei vielen Kurzwellenempfängern, wie dem oben genannten RR-9203C, wird nämlich die Empfindlichkeit dem Außenrauschen angepasst und so bei niedrigeren Frequenzen ein deutlich höherer IP3 möglich als bei hohen. Zwischen 1,5 und 30 MHz ändern sich Rauschmaß und folglich IP3 hier um mehr als 20 dB, während der entsprechende Dynamikbereich und also auch das Intermodulationsverhalten dritter Ordnung konstant bleiben. Ein Dämpfungsglied muss hier nur zum Mindern von Intermodulation bei deutlich über dem Empfängerrauschen liegendem Störsignal bemüht werden, und so ist es richtig. Das wird auch an anderen Empfängern deutlich, z. B. am R&S EK890, für den Rudolf Wetzel, DK2AG, bei 30 MHz ein Rauschmaß von nur 2 dB ermittelt hat. Man muss sich fragen, warum Rohde & Schwarz diesen Aufwand betrieben, wo doch das Außenrauschen selbst hier noch um 15 dB liegt.


    Merke: Wirklich wichtig ist lediglich ein großer Dynamikbereich, wenn das Empfängerrauschen nur deutlich unter dem Außenrauschen liegt (mindestens 3 dB) und das reziproke Mischen sehr gering bleibt.


    Letzte Forderung ist nicht zu unterschätzen, denn im modernen Empfänger stellt reziprokes Mischen ein größeres Problem dar als der intermodulationsfreie Dynamikbereich.
    „Ein besseres, weil von der Bandbreite unabhängiges Maß für die Leistungsfähigkeit des Empfängers als der Dynamikbereich ist der Empfängerfaktor. Er ist definiert als Eingangs-IM-Schnittpegel geteilt durch Rauschzahl.“ (Lechner: Kurzwellenempfänger) Dem stimme ich prinzipiell zu, weise aber darauf hin, dass es sich um eine Leistungsangabe handelt. Daher empfehle ich, vom effektiven IP3 zu sprechen:


    IP3eff = IP3 – F


    Erst dieser beschreibt das IM-Verhalten dritter Ordnung vollständig und wäre im Beispiel des RR-9203C fast frequenzunabhängig, was von einer guten Konstruktion zu erwarten ist.


    IM erfolgt nicht nur im Frontend


    Als Frontend bezeichnet man gewöhnlich den Empfängerteil von der Antennenbuchse bis zur letzten definitiv dynamikbestimmenden Stufe. Hier, insbesondere im ersten Mischer und einem eventuell vorgeschalteten Verstärker, sieht man allgemein die Intermodulations-Ursache.
    Jedoch kann Intermodulation auch in der Antennenanlage und im eventuell vorgeschalteten Preselektor oder auch im Produktdetektor/NF-Teil erfolgen.
    Über durch Witterungseinfluss beeinträchtigte Kontakte in Antennenanlagen als Quelle von Intermodulation wurde ja schon gelegentlich berichtet.
    Spezielle Quarzfilter werden besonders im 40-m-Band als besonders wirksame Preselektoren genutzt. Doch auch dort kommt es zu Intermodulation: „Liegen die beiden Eingangssignale innerhalb des Durchlassbereichs des Quarzfilters, so ist der IM-Pegel am Ausgang höher als bei der Lage im Sperrbereich. Der IM-Pegel dritter Ordnung am Ausgang hängt irregulär vom Eingangspegel ab und weist Hysterese auf.“ (Lechner: Kurzwellenempfänger)
    Dass antiparallele Dioden im Empfängereingang als Schutz gegen überhöhte HF-Eingangsleistung eine ergiebige Quelle von Intermodulations- und Kreuzmodulationsprodukten ist, hat sich wohl herumgesprochen.
    Sogar der Produktdetektor kann zur IM beitragen: Nur Krümmungen gerader Ordnung in der Übertragungskennlinie rufen hier IM-Störungen hervor. Das kann soweit gehen, dass ein Sprachsignal zischelnd klingt.
    Auch die Antenne hat Einfluss auf die IM-Produkte. Eine weniger leistungsfähige Antenne kann den Empfang drastisch verbessern, weil sie weniger intermodulierende Signale empfängt. Das Verdrehen einer richtungsempfindlichen Antenne kann in vielen Fällen IM-Störungen reduzieren.
    Übrigens: Der IP3 eines „elektronischen Empfängervorsatzes“ (Aktivantenne, Vorverstärker) muss nicht überbewertet werden. Wichtiger als hohe Intermodulationsfestigkeit ist eine möglichst geringe Betriebsverstärkung dieser Baugruppe.


    Fazit


    Wir haben gezeigt, dass der leichtfertige Umgang mit IP-Angaben oft zu Irritationen führen muss. Eine pure IP-Angabe ohne Nebenbedingungen ist relativ aussageschwach.
    Es dürfte deutlich geworden sein, dass bei der IP-Messung ein großer Manipulationsspielraum besteht und dass darüber hinaus auch unvermutete Faktoren IM-Messungen verfälschen können. Die Gefahr der Fehlinterpretation von IP-Werten ist groß, eine ordentliche Messung erfordert gutes Equipment und möglichst viel Erfahrung.
    Lassen wir zum Abschluss Nils Schiffhauer, der durch 25 Jahre fast jedes ernstzunehmende Gerät erprobt hat, noch einmal zur Wort kommen: „Ich denke allerdings ohnehin, dass Messdaten viel zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Für aktive Funkamateure ist es doch vor allem wichtig, was ein Receiver – im Vergleich zu anderen – tatsächlich leistet! Daraus und aus der zeitnahen Präsentation dieser Ergebnisse ergibt sich der Nutzen eines Praxisberichts für tatsächlich aktive Hörer und Funkamateure. Ich bilde mir ein, dass meine Antennenanlage mit logarithmisch-periodischer DLP-11 und frei hängender FD-4 eher am oberen Rand der Möglichkeiten eines durchschnittlichen Hörers/Funkamateurs angesiedelt ist und ich daher schon recht tief in die Geräte hineinleuchten kann.
    Was mich auch gegenüber Messdaten immer etwas skeptisch stimmt, ist das Starren auf isoliert dastehende Werte, wie den IP3. Der Wert ist zweifelsohne wichtig, und dennoch können zwei Geräte mit dem identischen IP3 in der Praxis ganz andere Ergebnisse liefern. Entscheidend ist ... ja immer, wie diese Dinge beim Empfang denn tatsächlich zusammenspielen.“


    Bild 40: Idealer Verlauf der Signale bei der Intermodulationsmessung – für Intermodulationsprodukte meist reine Theorie


    Bild 41: Verlauf je eines durch Intermodulation dritter Ordnung von vier Dioden-Ringmischern gebildeten Intermodulationsprodukts (Messung: D. Lechner)


    Bild 42: Gegenseitige Beeinflussung beim HF-Intermodulationstest mit verschiedenen ALC-Betriebsarten, grafisch dargestellt am Beispiel eines gebräuchlichen Spektrumanalysators (Quelle W. D. Schleifer: Hochfrequenz- und Mikrowellen-Messtechnik in der Praxis, Hüthig-Verlag Heidelberg 1981)


    Bild 43: Nach Betrag und Phase abgleichbarer Brücken-Leistungssummierer für Zweitonsignale


    Bild 44: Der Ausgangs-IP3 eines Diodenringmischers nimmt mit der Oszillatorfrequenz zu.


    Bild 45: Ein Dämpfungsglied am Empfängereingang mindert nicht nur die Gesamtempfindlichkeit, sondern hebt auch den IP3.

  • Hallo Peter,


    fast alles Deines langen Beitrags wurde ja schon in "Zweitonmessung Hobo" diskutiert, ausgetestet und ist bekannt. Um nicht weiter in Ungnade zu fallen stelle ich hiermit meine Diskussion über den IP3 ein.


    73 de Günter
    dl5sdc

  • ein Einwurf...


    Messwerte, die der NORMALBASTLER und gutwillig lötende Amateur nicht selbst nachvollziehen kann....


    Unabhängig der sich "streitenden Parteien", kann der Amateur entweder folgen oder nicht. Der Bäcker mit Lizenz und dem Funkvirus verfallen, wird solcher Art Diskurs nur schwerlich folgen können. Und selbst eingefleischte "Fachleute" sind nicht dazu in der Lage, die Physik auf den Kopp zu stellen...


    Mal ganz ehrlich.... dies ist ein Forum der selbstbauenden Amateure. Gut, wenn sich etliche Spezialisten einbringen, doch ich meine, lasst bitte die "Kuh im Dorf".


    Es gibt im Funksektor genügend Hürden, die der bastelnde Funkamateur (so er denn lötwillig ist :D) zu meistern gewillt ist. Wer also hilfreich dazu etwas beisteuern kann, soll das auch tun. ABER solch Diskurs, der an einen Wettbewerb der Waschmittelhändler (oder jeder andere Zweig) erinnern lässt, ist in meinen Augen nicht förderlich.


    Um es zu verkürzen...wer einmal eine "Kiste" zum spielen brachte, freut sich noch nach Jahren darüber...ich meine , darum geht es...


    vy73
    Andy
    DK3JI

    AK

  • und noch ein Einwurf


    Liebe Oms,


    Motiv und Thema unseres Forums ist der Selbstbau und wir wollen hier in erster Linie Plattform und Hilfestellung für Einsteiger und Wiedereinsteiger sein. Immer wenn ich mich hier zu Wort melde, bedenke ich deswegen, wie wirken meine Beiträge auf diejenigen, die über weniger Erfahrung und Kenntnisse verfügen, denn gerade denen wollen wir Unterstützung und Hilfe geben.
    Und so trifft Andy mit seinem Einwurf genau des Pudels Kern.
    Was ist passiert:
    Es gibt noch keine Beiträge über vollendete Hobos, noch keine Erfolgs- oder Negatv-Meldungen über die Empfangseigenschaften und das Empfängerverhalten des Hobos, also es hat noch niemand richtig mit dem Hobo gehört. Im Thread "Zweitonmessung Hobo" gibt es aber schon Aussagen und Meßergebnisse zum IP3, der als nicht besonders gut eingestuft wird. Was denkt jetzt der Einsteiger oder auch NORMALBASTLER (wie Andy so schön sagt), ja der denkt, weil er es eben (noch) nicht besser einordenen kann, der Hobo taugt nichts. Aber das kann doch nicht Sinn der beiträge in dem Thread sein, oder?


    Ich bin absoluter Praktiker und freue mich über die Gebrauchseigenschaften der Eigenbaugeräte. Messen ist notwendig, aber eben Mittel zum Zweck.
    Wenn ich abends im Shack sitze und den Lötkolben schwinge, läuft oft mein K1 (Vierbandvariante mit Ringkern-BF) auf ca. 7030 kHz und ich lausche , was sich so in QRP tut. Dabei habe ich sauberen und je nach Bedingungen guten Empfang. Mit meinem FT-897 könnte ich nicht zuhören, ich würde zwar auch alle Stationen wie mit dem K1 hören, aber das ständige Grumpelmumpf und Gerausche würde mich doch sehr belasten. Aber wieso? - der FT-897 hat doch einen um Größen-ordnungen besseren IP3 als der K1. Da spielen wohl noch mehr Faktoren eine Rolle. Umgekehrt müsste ich doch mit dem K1 "Störmischungsprobleme" haben, aber ich weiß garnicht, wie sich diese anhören.
    Ich will damit nur sagen, daß der IP3-Wert für sich genommen für mich als Praktiker bedeutungslos ist. Empfängereigenschaften definieren sich für mich in erster Linie über die Dynamik - die Transparenz und wenn man dann noch die Regelung abschalten kann und den Empfänger nicht mit HF überfüttert (früher hatte man ein Poti in der Antennenzuführung), kann man auch mit miesem IP3 tolle Empfangsergebnisse erzielen.


    So nun lasst uns weiter Basteln :)

    72/73
    Con


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