Ferrithülsen auf Koaxkabel beliebig möglich ?

  • Hallo



    Wenn man eine eine Dipolantenne per Koaxkabel speist, darf man eigentlich an beliebiger Stelle Ferrihülsen über das Kabel anbringen ?
    Ich habe auf einem ca 25 Meter langem Koaxkabel an drei Stellen Ferrithülsen angebracht, als Schutz vor BCI/TVI. Nachträglich sind mir Zweifel gekommen, ob ich damit das Nutzsignal nicht massiv dämpfe. Fliesst die HF nur im Innenleiter, und kann ich über den Außenmantel an Antenneneinspeisepunkt und auf der Kabellänge beliebig verteilt Ferrithülsen gegen Mantelwellen anbringen ?
    Braucht das Nutzsignal den Außenmantel nicht als zweiten elektrischen Pol ?


    Vielen Dank für alle Antworten !



    73 de Paul, DL5KW

  • Hallo Paul,


    wenn ich die Theorie richtig verstanden habe, dann sollten auf einen Koaxkabel, das mittels Balun einen Dipol speist, keine Mantelwellen zu messen sein. Der HF-Strom sollt ja ausschließlich im Innenleiter fließen. Wenn Zuleitung und Dipol-Richtung ungünstig zueinander stehen, dann kann es allerdings passieren, dass auf dem Mantel, der dann sozusagen als Reflektor (oder Direktor) fungiert, ein HF-Strom induziert wird. Den Fall habe ich scheinbar auch bei mir. Ich würde, ebenso wie Du, an mindestens zwei Stellen (am Einspeisepunkt und am Trx) Ferrithülsen anbringen. Das dürfte die abgestrahlte Leistung nicht beeinflussen.
    Viel Spaß beim weiteren Probieren. Eigentlich klann es nur besser werden.

    73. Bernd, DB1BKA
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    Bert Brecht

  • Hallo, Paul,


    Zitat

    Vielen Dank für alle Antworten !


    Auch sehr späte?


    Zitat

    Fliesst die HF nur im Innenleiter?


    Nein, hoffentlich nicht.


    Bei einem normal betriebenen Koaxkabel sind Innenleiter und Mantel gleichermaßen an der HF-Leitung beteiligt: An jeder Stelle des Kabels sind der Gesamtstrom im Innenleiter und der Gesamtstrom im Mantel genau entgegengesetzt und gleich groß. Deshalb entsteht insgesamt kein Magnetfeld: Denn die beiden Magnetfelder von Innenleiter und Mantel heben sich gegenseitig genau auf.


    Der Begriff Mantelwelle ist etwas irreführend. Was mit Mantelwelle gemeint ist, entsteht immer dann, wenn die beiden Ströme nicht genau entgegengesetzt gleich groß sind.


    Bei jeder solchen Unsymmetrie heben sich die beiden Magnetfelder nicht mehr genau auf. Die Unsymmetrie hat also ein nach außen wirkendes Magnetfeld zur Folge. Leite ich HF durch das Kabel (und nicht nur Gleichstrom), fängt das Kabel an, zu strahlen. Es ist dann kein reines Speisekabel mehr, sondern wird zu einer Antenne.


    Zitat

    ... kann ich über den Außenmantel ... beliebig verteilt Ferrithülsen gegen Mantelwellen anbringen ?


    Ja, kannst Du. Das schadet nie und hilft manchmal.


    Solange die Stromsymmetrie zwischen innen und außen hergestellt ist, kannst Du mit Ferriten und anderen Kernen pflastern, wie Du willst (oder das Kabel zu einer Spule aufrollen). Es ändert sich nichts. Die Ferrite kriegen nichts zu tun und tun auch nichts.


    Wenn Du aber keine perfekte Stromsymmetrie hast, dann helfen Ferrite, sie zu verbessern. Ferrite dämpfen genau den unsymmetrischen Anteil des Stroms im Kabel.


    Wen man bei dem Begriff Mantelwelle bleiben will, dann dämpfen Ferrite Mantelwellen. Der Begriff "Unsymmetrie" gefällt mir in dem Zusammenhang besser.


    Dazu ein Gedankenexperiment: Du biegst ein Koaxkabel zu einer Schleife, und schließt den Anfang und das Enden des Innenleiters an einen HF-Generator an. Also Kurzschluss. Der Mantel wird weder am Anfang noch am Ende des Kabels an irgend etwas angeschlossen. Er hängt völlig in der Luft.


    Offensichtlich fließt hier überhaupt kein Strom im Mantel, da der ja an nichts angeschlossen ist. Trotzdem würde man den gesamten durch das Kabel fließenden Strom als "Mantelwelle" bezeichnen, weil er komplett unsymmetrisch ist.


    Wenn Du nun Deine Ferritringe als Mantelwellensperre auf dieses Kabel aufreihst, dämpfen sie den Strom. Obwohl dieser Strom offensichtlich nur im Innenleiter fließt, wirken die Ferrite in diesem Sinn als "Mantelwellensperre".


    Vy 73, Andreas

    Hansdampf auf vielen Gassen, mag das Bunte im Amateurfunk.
    Vergeudet zu viel Zeit im Fediverse.

    AfuBarcamp-Aktivist (das nächste ist Online am 31.01.2024 auf treff.darc.de).
    Halte schon mal gerne einen Weiterbildungsvortrag, das nächste Mal am 19.12.2023 über HF-Leitungen auf treff.darc.de.

  • Lbe Mitdiskutierer,


    ich glaube, daß bei dieser Diskussion das Koaxialkabel nicht richtig behandelt oder gedeutet worden ist:


    Meiner Meinung nach ist das Koaxialkabel kein zweipoliger Leiter, sondern ein dreipoliger!


    Die ersten beiden Leiter sind der Innenleiter selbst und die Innenseite des Kabelschirmes. wenn das Kabel irgendwie abgeschlossen ist (das braucht nicht unbedingt wellenwiderstandsrichtig zu sein). Diese Stromwege unterliegen auch dem Verkürzungsfaktor durch das Dielektrikum des Kabels.


    Der dritte Leiter ist die Außenseite des Kabelschirms, der nicht dem Verkürzungsfaktor unterliegt. Zwischen der Innen- und der Außenschicht des Schirmes gibt es die Schirmdämpfung. Ströme auf der Innenseite des Schirmes, die durch den Stromfluß zwischen ihm und dem Innenleiter zustandekommen, treten nicht so ohne weiteres aüf die Aussenseite des Schirmes über, denn sonst hätte das Kabel ja keine Schirmdämpfung. Durch schlechtes Anschließen des Schirmes (z. B. durch längere Drahtverbindungen statt möglichst flächigem Anschluß an Abschirmwände) kann man natürlich das Eindringen fremder Ströme in das Kabelinnere ermöglichen und die Schirmdämpfung vor allem von außen nach innen verschlechtern.


    Um damit auf den Ausgang der Diskussion zurückzukommen: Wenn das Kabel richtig angeschlossen ist, dann kann man seine Außenseite ruhig über die ganze Länge mit Ferrithülsen bestücken, ohne daß es der HF im Innern weh tut. Wenn das nicht so wäre, dann dürfte man auch keine HF-Kabel eingraben. Denn die Erde ist für HF ebenfalls ein Sumpf mit Verlusten.


    Bei koaxgespeisten Sendeantennen ist es leider üblich, vor allem wenn der Winkel des Kabels zur Speisestelle der Antenne nicht 90 Grad beträgt, daß die Ströme innen im Kabel vom Sender herrühren, während ein Strom auf der Außenhaut des Schirmes durch Strahlung der Antenne auf das Speisekabel entsteht. Dadurch entstehen die Mantelwellen. Man kann ihren Verlauf durch Mantelwellensperren abdrosseln, so daß sie nicht ins Haus gelangen etc, aber ihre eigentliche Entstehung durch Strahlung kann man nicht verhindern.


    Etwas günstiger sind die Verhältnisse, wenn der Sender in einem voll geschirmten Gebäude steht und die Antenne auf oder am Gebäude ein asymmetrischer Strahler ist (Groundplane oder Langdraht).


    HW?


    73

    Ha-Jo, DJ1ZB

  • Hallo allerseits,


    also mir leuchtet die Erklärung von DJ3EI mehr ein wie das 3-Leiter-System Koaxkabel. Der Ferrit interessiert sich doch nicht direkt für Ströme oder Spannungen, sondern für Magnetfelder. Und sind die Ströme gleich, heben sich die Magnetfelder auf, der Ferrit ist wirkungslos, weil keine äußeren Felder bestehen. Sind sie ungleich (jetzt existieren äußere Felder, das Kabel strahlt), dann wirkt der Ferritring wie eine Induktivität, so eine Art Trafo mit einer Windung Innenleiter und einer Windung Außenleiter und versucht gleiche Verhältnisse in diesen beiden "Windungen" herzustellen.
    Es ist dabei unwichtig, ob eine Windung innen und die andere drum herum liegt (Koaxkabel), wichtig ist, daß beide durch den Ring gehen.


    vy 73 Reiner

  • dr Old Men an YLs
    Ich frage mich allerdings ob Theorie und Praxis übereinstimmen. Betracht ich das Geflecht des Aussenleiters eines Koaxialkabels, so sind die einzelnen Drähte dieses Geflechts manchmal auf der Innenseite des Mantels und dann wechselt sie wieder auf die Aussenseite. Wechselt der HF-Strom auf der Innenseite nun von einem Draht zum andern? Da müsste er jedesmal eine Kontaktwiderstand überwinden. Mir ist da nicht alles klar, obwohl ich für meine Dipole auch Ferritröhrchen zur Symmetrierung und als Mantellwellsensperre verwende.
    73 an alle
    HB9WI Willy

    Einmal editiert, zuletzt von hb9wi ()

  • da bei höherfrequentem Wechselstrom immer mehr der Skineffekt zum tragen kommt, würde ich die Frage mit Ja beantworten.

    ______________


    73 de Volker,
    1DL 1 VAW

  • Hallo allerseits,


    so wie auf das Koaxkabel wirkt der Ferrit auch auf die Zweidrahtleitung - ungleiche Ströme werden unterdrückt, gleiche (entgegengesetzte) Ströme bleiben unbeeinflußt. Wie erkläre ich dieses System, wenn jetzt alle Ströme quasi "außen" (oder auch "innen") fließen?


    vy 73 Reiner


    Nachtrag: auch ein Ferrit über einem LAN-Kabel oder Netzkabel wirkt analog: Alles, was im Kabel sich aufhebt, z.B. die Signale im LAN, bleibt unbeeinflußt. Eine z.B. von außen ins Kabel eingestrahlte HF führt nicht zu sich gegenseitig aufhebenden Strömen auf dem Kabel - ihre Fortleitung wird behindert. Wäre das nicht so, würde ein Ferritring über eine Videokabel das Videosignal ausbremsen, so aber werden nur unsymmetrische (Stör-)Ströme behindert.

    Einmal editiert, zuletzt von DL8LRZ ()

  • Lbr Reiner,


    wir wollen ja gerade wissen, ob zwischen einem Zweidrahtsystem und einem mit drei Stromwegen, wie ich meine, ein Unterschied besteht oder nicht.


    DD1VW weist schon mit Recht darauf hin, daß die Schirmwirkung des Koaxkabels auf dem Skineffekt beruht. Bei meinen Empfangsversuchen auf Längstwelle für SAQ habe ich gemerkt, wie es ist, wenn dieser Effekt nicht mehr wirkt, weil der Schirm für diese tiefen Frequenzen einfach nicht dick genug ist (da müßte man Eisenrohre nehmen).


    Da zeigt sich nämlich folgender Effekt:


    Man leitet eine asymmetrische Drahtantenne oder eine aktive Antenne mit einem Koaxkabel ins Shack. Der Kabelschirm ist außen geerdet und innen am Empfänger, der auch eine Sicherheitserde hat. Man wundert sich, daß die leisen VLF-Sender nicht zu hören sind vor Störungen. Dann fügt man in das Kabel einen Trenntrafo ein; Innenleiter wie Schirm werden durch getrennte Wicklungen voneinander isoliert. Mit einem Male sind die Störungen um 1-2 S-Stufen niedriger, und man hört die leisen Sender, die man hören wollte. Nimmt man aber eine Strippe und verbindet die Schirme um den Trenntrafo herum wieder, sind die Störungen wieder da. Ohne Trenntrafo kann man auch zeigen, daß die Störungen nicht hörbar werden, wenn man den Innenleiter unterbricht (natürlich, wird mancher zunächst sagen, dann hört man ja gar nichts, stimmt auch). Die Störströme müssen dann aber sowohl außen als auch innen im Koaxschirm schon fließen; der Schirm mit seinen beiden getrennten Erden (außen und im Shack) wirkt wie eine Rahmenantenne. Und sobald der innere Stromweg wieder geschlossen ist, werden die Störungen auch auf den Innenleiter gekoppelt und (ohne Trenntrafo) wieder hörbar.


    Erst ab etwa 80 khz aufwärts verschwindet dieser Effekt, die Störströme bleiben dank d es nun funktionierenden Skineffektes außen auf dem Schirm, und man benötigt keinen Trenntrafo mehr.


    Hat das Koaxkabel nun drei Stromwege oder nicht?


    Wenn wir uns nicht einig werden sollten, dann müßte ich (oder auch Du) im Intenet nach Aufbauten für die Messung der Schirmwirkung von Koaxkabeln suchen. Schließlich liest man ja oft, einfache Koaxkabel haben eine Schirmwirkung von 40-50 dB und die heute so aktuellen Fernsehverteilkabel von 75-90 dB. So ganz ohne Grund gibt es diese Angaben eben nicht.


    HW?


    73

    Ha-Jo, DJ1ZB

  • Hallo Hajo,


    Antennenkabel draußen geerdet, Antennenkabel innen geerdet am Empfänger, die klassische Erdschleife. Je tiefer die Frequenz, desto stärker die (industriellen) Störungen. Ein Trenntrafo unterbricht die Erdschleife.
    Auch der Effekt Rahmenantenne ist möglich.
    Der Skineffekt ist ja die Verdrängung des Stromes auf einem Draht aus dem Inneren auf die Oberfläche. Dadurch steigt der ohmsche Widerstand dieses Drahtes für HF an. Inwiefern man bei gegenseitigen Beeinflussungen von Mehrleitersystemen noch vom Skineffekt spricht, entzieht sich meiner Kenntnis.
    Aber letztlich ging es um Ferritringe, und ob deren Funktion von der Schirmwirkung des Koaxkabels oder vom Magnetfeld der Ströme abhängt.
    Vy 73 Reiner

  • Hallo,


    ok, der Artikel sagt einiges zur Schirmung, wie Störungen eingekoppelt werden, aber nichts Neues dazu, wie der Ferritring auf dem Koaxkabel wirkt. Möge ihn jeder lesen, vielleicht auch mal in ein Buch schauen, und sich eine Meinung bilden.
    Ich bremse mich jetzt zum Thema, um hier keine Hick-Hack-Dauerdiskussion auszulösen, denn letztlich waren sich alle mit etwas unterschiedlichen Worten einig, daß der Ring wirkt.


    vy 73 Reiner

  • Lieber HaJo und lieber Volker,


    Zitat

    daß die Schirmwirkung des Koaxkabels auf dem Skineffekt beruht.


    Das leutet mir nicht ein.


    Wenn ich ein Etwas in eine Blechdose lege und die Blechdose erde, dann ist das Etwas vor HF-Feldern, aber auch vor 50 Hz-elektrischen Feldern und sogar vor statischen elektrischen Feldern geschützt. Also Schirmung, und, da frequenzunabhängig, doch wohl ohne Skineffekt.


    An der Dreileitertheorie kaue ich noch herum. Ich denke, um die kapieren zu können, muss man wirklich den Skineffekt heranziehen.


    Hat jemand bitte ein Link auf eine gute Erklärung des Skineffektes? Worauf beruht der eigentlich?


    Vy 73, Andreas

    Hansdampf auf vielen Gassen, mag das Bunte im Amateurfunk.
    Vergeudet zu viel Zeit im Fediverse.

    AfuBarcamp-Aktivist (das nächste ist Online am 31.01.2024 auf treff.darc.de).
    Halte schon mal gerne einen Weiterbildungsvortrag, das nächste Mal am 19.12.2023 über HF-Leitungen auf treff.darc.de.

  • Lbr Andreas,


    wenn Du etwas in einer Blechdose verschließt, dann brauchst Du meines Erachtens nicht mal eine Erde, damit die Innereien vor elektrischen Feldern geschützt sind.


    In einer Blattsammlung über EMV, die mir mal jemand zuschickte, habe ich gefunden, daß Nichteisenmetalle, z. b. Kupfer, gegen elektrische Felder recht gut wirken.


    Aber magnetische Felder werden von Nichteisenmetallen bei tiefen Frequenzen überhaupt nicht behindert, erst ab etwa 10 MHz ist die Schirmwirkung für elektrische und magnetische Felder praktisch gleich, bei 1 MHz halb so gut.
    Das statische Feld eines Magneten (Frequenz Null) kommt durch Nichteisenmetalle glatt durch und kann z. B. einen Eisenpulverkern stärker sättigen und dadurch die Frequenz eines freischwingenden Oszillators verändern (das ist mir mal mit einem magnetisch gewordenen Schraubenzieher aufgefallen).


    Ich bin jedenfalls froh über die Schirmwirkung von Koaxialkabeln, so wie sie sind.


    73

    Ha-Jo, DJ1ZB