Verluste an verkürzten Vertikalantennen am Beispiel einer 10m langen
Antenne für 160m.
Wie oft finden wir sie, die Wunderantenne? Kurz, klein, unsichtbar für
"Antennengeschädigte" mit enormen Gewinn ..., nur für wen? Dieser Artikel will
möglichst unwissenschaftlich aber anschaulich ein paar Zusammenhänge
aufzeigen, die durch die Physik vorgegeben sind.
Ein moderner Transceiver hat einen Ausgangswiderstand, der per Definition auf
50Ohm genormt wurde. Passend dazu bietet die Kabelindustrie freundlicherweise
Koaxkabel mit einem Wellenwiderstand von 50Ohm an. Der simple Grund ist, daß
man an der Stoßstelle zwischen Sender und Kabel keine Reflexionen haben möchte.
Sprich, man möchte die Energie möglichst verlustfrei in das Kabel loswerden.
Die Antenne und die elektromagnetischen Wellen, die von der Antenne
abgestrahlt werden sollen, schert es erst einmal herzlich wenig was der Mensch
definiert hat. Durch die Strom-/Spannungsverhältnisse auf der Antenne ergeben
sich an jeder Stelle der Antenne gem. Ohmschen Gesetz andere Widerstände.
Der Mensch versucht nun sein auf 50Ohm definiertes Koax irgendwo anzuschließen,
wo die Antenne auch 50Ohm hat. Strenggenommen gilt das nur für eine Frequenz,
bzw. vielfache davon, wo die Strom-/Spannungsverhältnisse wieder 'zufällig' 50Ohm
ergeben (z.B. Lambda 3/4). Das ist beim Lambda-halbe Dipol nun etwa der Fall.
Das Problem in unserem Fall (verkürzte Antenne) ist nun, daß wir keine 50Ohm finden,
weil sich der Widerstand aus zwei Komponenten (der Real- und der Blindkomponente)
zusammensetzt. Diese Komponenten sind um 90Grad phasenverschoben. Tatsächlich
finden wir bei unserer 10m langen Vertikal für 160m ca. 2 Ohm - j1000 Ohm. 2 Ohm
real, 1000 Ohm kapazitiv. Also keine 50 Ohm ohne Blindanteil.
Blindwiderstände sind unerwünscht und müssen kompensiert werden. Also bauen wir
das Gegenteil von dem ein, was als Blindkomponente (-j1000 Ohm) steht -> eine
Spule, die ebenfalls für die Frequenz einen Blindwiderstand von +j1000 Ohm
hat.
Wenn das nun optimal funktioniert, wird die Blindkomponente kompensiert. Die
Antenne hat jetzt einen Widerstand von 2 Ohm ± j 0 Ohm. Mist! Immer noch keine
50Ohm. Wenn wir jetzt aber ein SWR von 1:1 messen sollten, haben sich still und
leise Verluste eingeschlichen, die sich zu den 2 Ohm addieren. Erst einmal ca. 5Ohm
durch die Spule (+j1000 Ohm / Güte). Wenn wir die Güte mit 200 annehmen, ergeben
1000Ohm/200=5Ohm. Also sind wir schon bei 2+5=7Ohm.
Jetzt kommt noch ein unsichtbarer Feind daher, der ganz gierig Sendeenergie
vernichten möchte. Die Erdverluste! Der Gegenpol zu unserem Strahler ist, da wir
keinen Dipol betreiben, die Erde. Die Erde leitet leider fast gar nicht. Also suchen
wir uns Komponenten, die die Leitfähigkeit am Fußpunkt der Antenne (da wo unser
Kabel angeschlossen wird) verbessert. Dafür nehmen wir Radials, Heizungen,
Wasserrohre, Dachrinnen, etc.. Aber wie gut leitet das, was wir angeschlossen
haben wirklich? Der HF-Widerstand hat leider nichts mit dem Gleichstromwiderstand
zu tun. In Erdnähe sind kapazitive Kopplungen für diese Verluste verantwortlich. Je
höher der Speisepunkt ist, desto weniger Radials braucht man, weil diese Kopplung
abnimmt. Deshalb braucht man nicht so viele "elevated" Radials. Eine 160m Antenne
wird man aber kaum in 10m Höhe aufbauen können. Also bleibt die Kopplung zum
Erdboden hoch. Was macht man dagegen? Mehr Radials auslegen, Wasserrohre
anschließen, etc.! Dennoch bleiben ein paar Verluste.
Wenn das SWR also 1:1 ist, kann man davon ausgehen, daß wir 43Ohm Erdverluste
haben (die 7 Ohm (Realteil + Spule) plus 43Ohm Erdverluste = 50Ohm) Voila,
SWR 1:1 und wir meinen: "Hey klasse, meine Antenne funktioniert!!" Aber nix da!
Die Verluste verheizen die Energie!
Die Effizienz (also die abgestrahlte Leistung) ergibt sich aus den 2 Ohm
Strahlungswiderstand zum Gesamtwiderstand. 2Ohm zu 50Ohm ergeben 4%.
Von 5Watt QRP werden nur noch 200mW abgestrahlt!
Was nun?
Je länger die Antenne zur Wellenlänge ist, desto höher ist der Strahlungswiderstand
(bis Lambda/2; wir betrachten bei der verkürzten Antenne nur bis Lambda/4).
Gleichzeitig benötigen wir weniger Induktivität, um den geringer werdenden
kapazitiven Blindwiderstand zu kompensieren. Bei z.B. 18m Länge statt 10m ergeben
sich rund 5Ohm -j600 Ohm. Wenn die Spule gleichzeitig mit einer besseren Güte
hergestellt wird (Q=300) ergeben sich 600Ohm/300=2Ohm für die Spule. In Summe
wieder 7Ohm, aber 5Ohm sinnvoller Strahlungswiderstand und nur 2Ohm Verluste.
Effizienz?
5Ohm/50Ohm=10% => von 5Watt werden 500mW abgestrahlt. Immerhin 4dB mehr!
Nun zum echten Feind: Die Erdverluste! Was bleibt? Radials! So viele und so
lang wie irgend möglich. Diese möglichst gleichmäßig im Garten verteilen. Vielleicht
bekommen wir die Erdverluste auf 7 Ohm gedrückt!? Was wenn?
Dann haben wir 5+2+7=14Ohm. Effizienz: 5Ohm/14Ohm=36% Wow! Von 5W gehen
knapp 1,8W in die Luft! Ein Antennenanalyzer wäre hier sinnvoll, um die tatsächliche
Fußpunktimpedanz zu messen!
Aber -oh Schreck- 14Ohm : 50Ohm => Das SWR ist im roten Bereich! Die Antenne
kann ja nicht funktionieren!!! Kann sie nicht? Doch! Wir müssen nun die 14Ohm an
die 50Ohm anpassen. Wir machen es uns jetzt mal einfach, und behaupten, daß das
ein autom. ATU am Fußpunkt am besten kann, womit man dann auch die Antenne
etwas breitbandiger (im Sinne von remote nachstimmbar) betreiben kann. Denn
wenn auf eine hohe Güte geachtet wurde, wird eine Antenne auf 160m schmalbandig
arbeiten. Dafür aber effektiv, und darauf kommt es gerade bei QRP an!
Der ATU hat jetzt nicht mehr viel Arbeit zu leisten und sollte kaum Verluste beitragen.
Wenn man die Spule für 80m per Relais überbrückt, hat man zusätzlich eine super
Antenne für 80m. Auf 80m ergeben sich mit dem 18m Strahler etwa 50-60%
Wirkungsgrad, je nach Erdverlusten.
Fazit: Wenn man also weiß wie lang die Antenne im Verhältnis zur Wellenlänge
ist, kann man schon grob abschätzen welchen Wirkungsgrad sie hat und wie
beworbene "Gewinne" einzuschätzen sind. Ist dann das Erdnetz unzureichend
und/oder sind noch verlustbehaftete Bauteile im Spiel (z.B. kleine, eng gewickelte
Spulen) wird der Wirkungsgrad noch (viel) schlechter.
Damit erübrigt sich in aller Regel die Frage nach Erfahrungsberichten zu Antennen,
sofern die Frage Richtung Performance zielt. Die Bandbreite der (ehrlichen) Antworten
ist so groß, wie die Bandbreite der Qualität vom verwendeten Erdnetz. Der
Erfahrungsbericht bezieht sich also selten auf die Antenne selbst. Davon unabhängig
sind natürlich Erfahrungswerte zur mechanischen Stabilität, Wertigkeit und
Handhabung interessant.