Hallo Clemens,
ich werde mal alle 6 Fälle kurz beschreiben, damit wir uns darüber besser verständigen können. Voraussetzung ist eine symmetrische Speiseleitung, die lang genug ist. Verluste sind vernachässigt und die Speiseleitung ist so verlegt, dass es keine Kopplung vom Dipol auf die Speiseleitung gibt. Im ersten Fall geht sie dann senkrecht zum Dipol nach unten. In den unsymmetrischen Fällen müsste man sie entsprechend abwinkeln. Dies dient zunächst nur zur Vereinfachung der Betrachtung.
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Trafo nur unten
1) Beide Dipolhälften sind gleich lang:
Hier fliessen sowohl unten als auch oben an der Antenne gleich grosse Strome. Das Kabel strahlt nicht, weil sich die Magnetfelder beider Ströme im Idealfall vollständig aufheben.
2) Es ist nur eine Dipolhälfte angeschlossen:
Unten wird immer noch der Strom eingeprägt. Oben kann am offenen Ende kein Strom fliessen, während am anderen Speisekabelende ein Strom in die andere Dipolhälfte fliessen wird. Da sich nun die beiden Ströme im Kabel unterscheiden, hebt sich das von ihnen erzeugte Feld nicht mehr auf und damit strahlt auch die Speiseleitung.
Man kann es auch so betrachten, dass beide Speiseadern wegen ihres dichten Abstandes aufeinander koppeln. Das macht sie am offenen Ende vollkommen (0dB) und am Speisepunkt wo der Trafo einen entgegengesetzten Strom in die Adern einprägt überhaupt nicht (unendliche Koppeldämpfung). Am offenen Ende heben sich der von unten eingeprägte und der von der anderen Ader eingekoppelte Strom auf, so dass er 0 wird.
3) Der Dipol ist unsymmetrisch:
Es ergibt sich ein Gleichgewicht zwischen 1) und 2). D.h. das Kabel strahlt, aber weniger als bei 2), weil sich die beiden Teilfelder der einzelnen Speiseleitungen schon etwas besser gegeneinander aufheben können.
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Trafo unten und oben
4) Beide Dipolhälften sind gleich lang:
Kein Unterschied zu 1)
5) Es ist nur eine Dipolhälfte angeschlossen:
Die Ströme in den einzelnen Adern der Speiseleitung sind an jedem gemeinsamen Ort entgegengesetzt gleich gross und deren Magnetfelder heben sich auf. Auf der Sekundärseite des oberen Trafos fliesst aber kein Strom, obwohl eine Dipolhälfte dran hängt. Antenne und die Speiseleitung strahlen beide nichts ab. Die gesamt Energie wird im Idealfall zum TX reflektiert (entspricht einem offenen Speiseleitungsende).
Man kann es auch so betrachten, dass auf der Sekundärseite des oberen Trafos kein Abschlusswiderstand wirkt (es fliesst ja auch kein Strom durch die Sekundärwicklung) und daher wird alle Energie zum TX refelktiert.
6) Der Dipol ist unsymmetrisch:
Am oberen Ende der Speiseleitung fliessen in beiden Adern gleich grosse entgegengesetzte Ströme. Die Speiseleitung strahlt also nicht. Auf der Sekundärseite fliesst bei einem 1:1-Trafo der gleiche Strom wie in der Speiseleitung und in beiden Dipolhälften wird der gleiche Strom eingeprägt. Ob Anpassung herrscht kann man allgemein nicht sagen. Es kommt auf die Länge der Dipolhälften an. Sehr wahrscheinlich ist der Strahlungswiderstand aber komplex. Das führt dann zwar zu stehenden Wellen auf dem Speisekabel, doch das Kabel strahlt deshalb nicht.
Nun zur oben gemachten Einschränkung der Strahlungskopplung zwischen Dipol und Speiseleitung. Es kommt auf die Wirkfäche an, die die Speiseleitung zum Dipol aufweist. Dieser Effekt überlagert sich zu den oben beschriebenen Wirkungen 1) bis 6). Je nach Orientierung (Winkel) der Speiseleitung zum Dipol kann es bei 2) zu einer Addition oder Subtraktion der eingekoppelten Energie auf die strahlende Speiseleitung kommen. Die Koppeldämpfung ist im Idealfall unendlich, in der Praxis höchstens um die 20dB und so wie Spseiseleitungen üblicherweise hängen, im Bereich um 10dB. Für eine noch festere Kopplung müsste sie schon dichter und länger parallel zum Dipol laufen. Das macht man üblicherweise aber nicht.
Nachtrag:
Ich vergass noch was zur fehlenden Erde zu schreiben. Ja, das ist eigentlich gewollt, weil ich es nicht noch komplizierter machen wollte. Das Thema Erdnetz sollte getrennt in einem anderen Thread behandelt werden, denn so nebenbei wie jetzt abgehandelt ist es eigentlich nicht sehr erschöpfend. Ich kann das ja noch mal explizit erwähnen.