Meißner Schaltung Rückkoppelung

  • Das mit dem unsauberen Sinus finde ich interessant, habe mich schon gewundert warum der so aussieht. Trift das auch auf die Basis-Spannung zu (rote Kurve)?

    Hallo Christian,


    der ideale Trafo überträgt den Spannungsverlauf im Schwingkreis 1:1 auf L1. Deshalb ist dort der Sinus auch so verformt. Nach C2, also an der Basis (Deine rote Kurve), kommt eine weitere Verformung hinzu. Ist die Spannung hier groß genug, wird die Basis-Emitter-Diode viel mehr leitend und die Basisspannung bricht ein. Es entsteht ein Spannungsabfall über C2 und eine Eindellung in der positiven Halbwelle des Sinus.


    73, Ludwig

  • Moin Christian,


    ich sehe, Dich beschäftigt die Tatsache, dass wir bei nur 12V Betriebsspannung plötzlich irgendwo die doppelte Spannung herzaubern können. Das hängt mit einer besonderen Eigenschaft einer Spule zusammen - und das versuchte ich mit dem Beitrag #30 zu erklären - Selbstinduktion.


    Wenn durch eine Spule ein Strom fliesst und sich ein Magnetfeld aufgebaut hat und die Spule dann komplett aus dem Stromkreis nimmt (R3, R2 und Q1 nehmen wir mal für die reine Betrachtung 'raus) baut sich eine höhere Spannung auf. Hier ein kleiner Film, der das veranschaulicht, was passiert: Klick. Die Lampe leuchtet beim Ausschalten heller. Beim Zusammenbruch des Feldes wird hier (Im Film nur einmalig) mehr Spannnung erzeugt / induziert als vorher.


    Das passiert in unserem Oszillator ebenfalls. Nur periodisch und das in Sinusform. Der Q1 schiebt im geeigneten Moment kurz Energie in den Kreis, L1 wird durchströmt und es baut sich ein Magnetfeld auf. Dann wird Q1 gesperrt und so der Zustand wie im Film erreicht.


    Betrachten wir die Diagramme


    so sehen wir beim Messen über die Spule eine mittensymetrische Spannung. Darüber nochmal die Kollektorspannung.


    Es handelt sich um eine Wechselspannung. Und konsequenterweise auch um Wechselstrom, der in dem Schwingkreis von L1 und C1 hin- und herschwingt. Wie schon mehrfach geschrieben wurde, den Schaukeleffekt nicht ausser Acht lassen. Es passiert alles nicht schlagartig. Es ist kein Schaltnetzteil.

    Ich empfehle dir vom ein/aus Denken Abstand zu nehmen.

    Ich habe den Eindruck, dass das Denken immer noch mit reinspielt. Auch wenn es alles ganz fix geht, so hat Martin es in seinem Posting schon gut beschrieben.


    Die Tatsache, dass Ub durch die Spule geleitet wird, sollte uns nicht ablenken. Sie wird "nur" benötigt, damit die Transistorschaltung mit Spannung (und Strom) versorgt wird.


    Die Spannungsüberhöhung ensteht durch den Effekt bei der Selbstinduktion. Von der gedanklichen Herangehensweise an die Schaltung "addiert" sich da nix. Damit wäre schon alles an Deiner Frage von #42 erklärt.


    --- Ergänzungen ---


    So eine Oszillatorschaltung ist schon recht komplex und die Grundlagen zum Widerstand, Transistor, Kondensator; zur Spule, (plus Funktion als Übertrager) und die gesamten Wechselwirkungen kommen hier zum Tragen.


    Wie sehe ich die Schaltung? Alles vereinfacht geschrieben. Nun kenne ich so eine Schaltung schon aus meiner Lehrzeit. Aber egal. :)


    Ich sehe zuerst L1 und C1 als eine Einheit. Als Schwingkreis. Der mit allem Drum und Dran an sich schon recht komplex ist.


    Dann sehe ich einen Transistorverstärker, der mit einer typischen Beschaltung als Analogverstärker in Emitterschaltung daherkommt. Deren Eigenschaften bekannt sind . Wichtig hier die Phasendrehung, die schon weiter oben erwähnt wurde. Mit R3, R2 als Basisspannungsteiler, um den Transistor vorzuspannen. R1 zur Strombegrenzung, gleichspannungsmässigen Gegenkopplung und mit zur Arbeitspunkteinstellung. C4 legt den Emitter wechselspannungsmässig kalt = wechselspannungsmässige Gegenkopplung.


    Q1 bekommt am Kollektor seine Spannungs- und Stromversorgung. Von dort zweigt auch der Basisvorspannungsteiler R3 und R2 ab.


    Die Spule ist erst einmal nur ein Draht mit geringen ohmschem Widerstand. Würde der Emitterwiderstand R1 nicht sein, so würde Q1 nach dem ersten Öffnen nicht mehr lange leben. Also begrenzt R1 den Strom. Der Transistor ist ein Bauelement mit einer bestimmten Kennlinie. Hier wird er nicht als Schalter betrieben!


    Ausflug zur Simulation. Ich trenne mal C2 ab. Einfach die Leiterbahn zum Knoten von R3 und R2 durchschneiden. Simulieren. Messe ich die Spannung zwischen Basis und Emitter (rote Messspitze an Knoten gehen, linke Maustaste festhalten und dann den Emitter gehen), so stehen dort rund 0,65 Volt an. Also in der Kennlinie (Datenblatt) sehe ich, dass der Transistor nicht mehr komplett gesperrt ist. Genau richtig.


    Zurück zur Schaltungsbetrachtung. Die Dimensionierung vom Basisspannungsteiler R3 und R2 im Zusammenhang mit R1 stellt die BE-Vorspannung ein. Ich sehe dann eine Koppelspule L2, die mit L1 gekoppelt ist. Die eine in der Phase um 180 Grad verschobene Spannung an die Basis liefert. Der Koppelkondensator C2 ist nötig, damit die Gleichspannung am Knotenpunkt R3 und R2 nicht gegen Masse kurzzuschliessen. (Ein C lässt keinen Gleichstrom durch.) Wäre C2 ein Kurzschluss, läge die Basis über den Draht von L2 an Masse.


    Ich sehe C3, der nur als Auskoppelkondensator dient. Genau wie C2 trennt er die Gleichspannung vom Rest, der "rechts" angeschlossen würde, ab. Gut, eine Spannungsversorgung für das Ganze muss auch noch da sein. In der Simulation ist sie ideal. Im realen Zustand würden dort noch Kondensatoren an Ub angeschlossen werden, damit die Spannungsquelle wechselspannungstechnisch "kalt" bleibt.


    Eine Masse haben wir auch, also alles klar. Also haben wir eine klassische Oszillatorschaltung vor uns. Wie sie nach dem Einschalten zum Schwingen kommt, steht schon ganz am Anfang des Diskussionsfadens.


    So sehe ich die einzelnen Abschnitte. Gut, habe das mal gelernt, laaaange her. :)

    73 Michael, DF2OK.

    ~ AFU seit 1975 ~ DARC ~ G-QRP-Club ~ DL-QRP-AG ~ AGCW ~ FISTS ~ QRPARCI ~ SKCC ~

    "Der Gesunde weiß nicht, wie reich er ist."

  • Danke Michael für, Deine ausführliche Erklärung.
    Das mit dem "Addieren" war halt für mich naheliegend, weil die Scheitelsp. ja gerade 24V( = 2x12V) entspricht.
    Ist der Wert der Selbstind.-Sp. von +-12V zufällig, da nach dem Induktionsgesetz die Induktionsp. größer wird je schneller sich der mag. Fluss ändert?

    Ich komme aus der mech. Ecke :) Hatte aber beim Studium u.a. Elektrotechnik 1+2, sowie Elektronik und prakt. Übungen im Labor.
    Rückblickend würde ich heute eher Elektrotechnik, bzw. Nachrichtentechnik wählen.. :)

    73 de Christian

  • Ist der Wert der Selbstind.-Sp. von +-12V zufällig, da nach dem Induktionsgesetz die Induktionsp. größer wird je schneller sich der mag. Fluss ändert?

    Man muss die Ströme und Spannung beim Schwingkreis im Zusammenwirkten von Spule und Kapazität und dem begrenzenden Einfluss des Transistors betrachten. Im Schwingkreis müssen sich nach der Kirchhoffschen Maschenregel die Induktionsspannung und die Spannung am Kondensator zu 0 addieren. Das Ganze hier verständlich erläutert:


    Schwingkreis,


    und hier:


    Meissner Oszilator


    73, Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

    Einmal editiert, zuletzt von DL4ZAO ()

  • Danke für Euere Geduld und Zahlreichen Hilfestellungen - ganz im Sinne des Ham Spirit!

    73 de Christian

  • Danke für Euere Geduld und Zahlreichen Hilfestellungen - ganz im Sinne des Ham Spirit!

    :) Durch Deine Fragestellung und die Antworten wurde ich animiert mich mit LTspice zu befassen. Das ergab für mich einen Mehrwert.

    und hier:


    Meissner Oszilator

    Prima Link, danke!

    73 Michael, DF2OK.

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  • Hallo Christian,

    Ist der Wert der Selbstind.-Sp. von +-12V zufällig ... ?

    Man muss die Ströme und Spannung beim Schwingkreis im Zusammenwirkten von Spule und Kapazität und dem begrenzenden Einfluss des Transistors betrachten.

    Um es mit der Schaukel zu erklären:

    Der Transistor, wenn er durchgesteuert wird, zieht den Schwingkreis über den Kollektor auf ca. 2 V (gegen Masse gemessen). Die andere Seite von L||C liegt an 12 V. Du ziehst die Schaukel bis zu einer bestimmten Auslenkung (-10 V von der neutralen Lage). Wenn Du sie loslässt, schwingt sie auf der anderen Seite etwa auf die gleiche Auslenkung. Das wären dann ca. 10 V bezogen auf 12 V. Durch die Verformung des Sinus ist das Ausschwingen "auf der anderen Seite" bei der betrachteten Schaltung etwas weiter.


    73, Ludwig