welche Kondensatoren für PA-Tiefpassfilter

  • Hallo Bastler


    Ich will den/die Fäden zum Thema Tiefpassfilter nicht entern. Bei der Diskussion habe ich aber bisher noch keine Antwort zur Auswahl der Kondenstoren gefunden - nicht der Werte sondern der C-Typen.


    Bei den Induktivitäten/Ringkernen sind "Praxistipps" z.B. für die je nach Leistung notwendige Ringkerngröße verfügbar (z.B. AmidonT68-2/6 bis 100 Watt). Außerdem könnte man die ungefähren HF-Ströme berechnen und gegen den maximalen Fluß im Kern prüfen.


    Aber die Kondensatoren?? Wert ist klar - notwendige Spannungsfestigkeit ist auch klar. Aber die Kondensatoren müssen ja die Leistung der Oberwellen irgendwie "verbraten". Für QRPP gehen sicherlich die üblichen 100V-Keramik-NP0. Bei dem (ur-)alten 40m-Bodan-Direktmischer der QRP-AG waren Folienkondensatoren im Bausatz. Als "high-end" werden Glimmer-Kondensatoren empfohlen - recht teuer und z.B. bei Reichelt als 100V-Typen verfügbar, was ja eigentlich bis 100 Watt noch passen sollte?


    Kann hier ein Experte mal etwas zum thema der Kondenstoreauswahl schreiben. Ich würde das gerne verstehe und nachvollziehen können.

    vy 72/73 de Martin, DH4NWG


    hpe cuagn !!


    DARC DOK B12 | DL-QRP-AG #490 | FISTS #18187 | SKCC #12673 | GQRP #17504

  • Wert ist klar - notwendige Spannungsfestigkeit ist auch klar. Aber die Kondensatoren müssen ja die Leistung der Oberwellen irgendwie "verbraten"

    Am besten wird gar keine Leistung im Kondensator verbraten, denn er soll sich wie ein reiner Blindwiderstand verhalten. Und das beantwortet auch schon die Frage: am besten geeignet sind Kondensatoren mit möglichst kleinem Verlustfaktor Tangens Delta (tan δ) bei der Nutzfrequenz. Der äquivalente Serienwiderstand, ESR soll möglichst klein, die Kapazität wenig temperaturabhängig sein. Die Eigenresonanz möglichst weitab von der Nutzfrequenz sein.


    Kondensatoren mit geringen Verlusten sind z.B.


    Keramikkondensatoren der Klasse I (NP0, C0G)

    Kunststofffolienkondensatoren mit Polystyrol (Styroflex) oder Polypropylen (PP) Dielektrikum (wegen Wicklungsinduktivität/Eigenresonanz oft nur für die unteren KW-Bänder gut geeignet)

    Glimmer Kondensatoren, die Königsklasse, gut und teuer. Ihr niedriger Verlustfaktor ist nahezu frequenzunabhängig und temperaturstabil


    Nicht jeder Kondensator ist für jede Frequenz optimal, der Verlustfaktor ist frequenzabhängig. Der Verlustfaktor von Glimmer ist z.B. bei Audio Frequenzen geringfügig schlechter als Polystyrol/Polypropylen und bei hohen Frequenzen besser und ausgeglichener als Class 1 Keramik (NP0/COG). Wickelkondensatoren wie die silbernen Styroflexkondensatoren weisen bauartbedingt eine ausgeprägte Eigenresonanz auf. Neben der unvermeidlichen Eigenresonanz von Metall-Folien-Kondensatoren gibt es noch zu beachten: ab ca. 2 MHz steigt der Verlustfaktor von Styroflex-Kondensatoren im Vergleich zu Keramikkondensatoren an, darunter sind sie Top.



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    Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

    2 Mal editiert, zuletzt von DL4ZAO ()

  • Ergänzend hier ein Link zu einem Artikel von Murata, die alle wichtigen Aspekte eines Kondensatores beleuchtet. Dort gibt es auch ein Spice basiertes Online Produkt Tool "simSurfing" mit einer Datenbank der Murata Bauteile, in der man alle Datenblat Eigenschaften und charakteristische Eigenschaften Frequenz-Verhalten von Murata Cs und Ls abrufen und auch die Spice Parameter runterladen kann.


    Artikel: "What are impedance/ESR frequency characteristics in capacitors?2


    Murata SimSurfing Tool


    ähnliche Information findet man auch bei anderen namhaften Kondensatorherstellern wie EPCOS/TDK etc.


    73

    Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

  • Hallo Günter,

    mit gefällt diese Übersicht. Kannst du bitte die Kurve für Glimmer in dein Diagramm mit aufnehmen.

    Glimmerkondensatoren kenne ich immer nur als bedrahtete Bauteile. Der Nachtei von Glimmer-Cs ist, dass sie nur sehr schwer als SMD zu bekommen sind und für Experimente oft zu teuer.

    Grüße Jörn

  • Hallo,

    aus der Praxis für die Praxis ist der Baubericht eines Tiefpassfilters von DJ0ABR -> 2KW Tiefpassfilter

  • Ja, DJ0ABR fasst es sehr schön zusammen, das deckt sich mit meinen Erfahrungen.


    "eigentlich sind Glimmerkondensatoren bei HF-Leistungsanwendungen die erste Wahl. Leider sind handelsübliche Glimmer-Cs nur bis 500V gut erhältlich. Natürlich gibt es sie auch für viel höhere Spannung bis mehrere kV, allerdings steigt dann der Preis exorbitant an. Stückpreise von bis zu 10 Eur sind normal. Das ist für mich ein k.o. Kriterium, solche Preise bin ich nicht bereit zu zahlen.


    Polypropylen Folienkondensatoren wurden vor allem für Schaltnetzteile und ähnliche Schaltanwendungen entwickelt. Sie sind daher extrem robust und vor allem sehr leicht zu beschaffen. 2kV FKP1-Kondensatoren kosten um die 30ct pro Stück. Die Güte ist hoch, wenn auch nicht so hoch wie bei C0G Keramikkondensatoren. Mit FKP1 lassen sich hochwertige Filter zu äußerst günstigen Preisen erstellen. Wenn auch die Durchgangsdämpfung um ca. 0,1dB schlechter ist als mit C0G Keramikkondensatoren, so glänzen FKP1 durch ihre robuste Bauweise und die Selbstheilungseigenschaften. Für mich sind diese Kondensatoren in Schaltungen bis 14 MHz die erste Wahl. Darüber macht sich der Wickel des Kondensators bemerkbar und die Güte sinkt.


    Für Frequenzen ab 14 MHz sind SMD Keramikkondensatoren C0G/NP0 die erste Wahl. Ich benutze relativ große 1812 Typen. Trotzdem muss man immer mindestens 4 oder mehr parallel schalten damit die Strombelastbarkeit gegeben ist. Es gibt übrigens spezielle HF SMD Kondensatoren mit beachtlich hohen Güten, diese sind aber sehr teuer und unter 100 MHz auch nicht erforderlich. Man greift also zu 2kV oder 3kV Hochspannungs-SMD Keramikkondensatoren C0G/NP0."


    Es sei erwähnt, bei Filtern für "kleine" Leistungen um 100W kann man auf die Parallelschaltung von 4 und mehr SMD1812 Keramikkondensatoren verzichten.


    Glimmerkondensatoren kenne ich immer nur als bedrahtete Bauteile. Der Nachtei von Glimmer-Cs ist, dass sie nur sehr schwer als SMD zu bekommen sind und für Experimente oft zu teuer.

    Hallo Jörn, es gibt Glimmerkondensatoren von Cornell Dubilier in SMD von 0805 bis 2220. Sie sind allerdings, wie du zutreffend schreibst, recht teuer, zwischen 2 und 4 € das Stück. Die Vorteile gegenüber einem guten Class 1 Keramikkondensator wiegen den Preis m.E. nicht auf.


    Cornell Dubilier Mica Capacitors


    73

    Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

    2 Mal editiert, zuletzt von DL4ZAO ()

  • Nun auch ein aktueller Erfahrungsbericht aus meinem Shack dazu.


    Für meinen Eigenbau-ATU haben ich schlichtweg zum Erreichen ausreichender Kriechstrecken immer mindestens zweimal 1812 (mit je einer Fräsung) in Reihe schalten wollen.

    Jetzt arbeitet das Teil mit Standardkondensatoren wie dem hier

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    Bei 2 kV oder 16 A scheint es mir nicht sinnvoll, die Belastbarkeit der Kondensatoren mit Hausmitteln auszureizen. Vielleicht 10 mm Kriechstrecke bei einem SMD-Kondensator, oder 1 A HF-Strom auf einem Via?

    Verwendet habe ich 10, 22, 100 und 330 pF. Rund 500 Vp und 2 ARMS scheinen zumindest kein Problem zu sein. Und bei dem Preis tut es eben nicht weh, z.B. 4 Stk parallel und das zweimal in Reihe zu schalten.

  • Hab den hier nachgebaut:

    Risiko- kommunikation
    Gelungene Risikokommunikation kann im Falle einer Krise von entscheidendem Vorteil sein. Was macht gelungene Risikokommunikation aus?
    www.bbk.bund.de

    alles Mica 1kV.