Tiefpassfilter 40m - Abweichung Theorie und Praxis

  • Ich suchte ein Tiefpassfilter für 40m. Im SDT21 ist ein wunderbar berechnetes Tiefpassfilter für genau meinen Zweck. So dachte ich.

    Also ging ich hin,

    - stellte die Werte mit RFsim99 nach. Top!

    - baute auf einem Steckbrett das Filter nach. Flop!

    Nun kam es mir letztlich nicht auf den exakten Nachbau an. Was mich stört ist, dass der Nachbau mit einem frisch kalibrierten NWT-2 für mich nicht verständliche Werte ab ca. 15MHz aufwärts zeigt. Woran mag das liegen?


    Erstaunlich, was 5 Bauteile "anrichten" können.

  • Das liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit am Aufbau. Für das Übersprechen und die unerwünschte Resonanzstelle kommen m. E. zu lange Anschlussleitungen, die mit den Kondensatoren eine Resonanz bei 15 MHz ergeben oder parasitäre Kopplungen über die Masseleitung oder über die Spulen in Frage. Ein Steckbrett bietet für ein HF-Filter keine geeigneten Bedingungen. Besser Mannhattan Style auf der Kupferfläche einer Leiterplatte und dabei darauf achten, dass die Spulen nicht aufeinander koppeln und die Koaxbuchsen direkt am Filter angeschlossen sind.


    73

    Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

    2 Mal editiert, zuletzt von DL4ZAO ()

  • Hallo,

    kann ich voll bestätigen, zumindest bei den ambitionierten Parametern. Ich habe meine KW-Filter so aufgebaut:

    - Simulation in RFSIM (bzw. Benutzung des Filterentwurfsprogrammes für TP-Filter)

    - Induktivitäten mit dem Miniringkernrechner berechnet, Werte überprüft als Schwingkreis (bekanntes C anlöten, 1-2Wdg Draht durchfädeln und in die Buchsen des NWT stecken, Wobbeln zur Anzeige der Resonzfrequenz), Zurechtschieben der Windungen zum Abgleich (häufig mußten 1-2 Windungen abgewickelt werden)

    - C's sollten NP0, Glimmer oder ähnliches sein.

    - Filter zusammenbauen und überprüfen.

    Ergebnis: in etwa sollte die Kurve stimmen. Größere Bauelementetoleranzen können sich merklich auf die Welligkeit auswirken. Und während die Filterdämpfung auf dem Rechner stetig größer wird, ist im praktischen Aufbau häufig schon zwischen -30 und -40 dB Schluß und auch der Abfall der Kurve ist nicht so steil. Ursache sehe ich darin, daß meist mit den idealen Werten der Bauteile gerechnet wird (ohne Verluste, da oft nicht bekannt) und auch die Übersprechdämpfung je nach Aufbau ein Wörtchen mitredet. Und falls doch irgendwo mal -50dB gemessen werden, und man läuft um den Tisch herum, ist alles wieder anders, da kommt die Amateurtechnik von Otto Normalverbraucher an ihre Grenzen.

    73 Reiner

  • Danke Reiner für Deinen Material-Hinweis.

    Hier wurden Original AMIDON T104-6 Ringkerne sowie Original MICA Kondensatoren verwendet.

    Daher mein "Kopfkratzen" um so grösser.


    Günter - habe die Ringkerne um 90° verdreht zueinander stehen. Die Kondensatoren treffen sind an genau einem Punkt gg. Masse.


    Errata 20211230-0755utc: AMIDON T94-6 kommen zum Einsatz, nicht T104-6 (also das gleiche Material, nur anderer Durchmesser)

    Erstaunlich, was 5 Bauteile "anrichten" können.

    Einmal editiert, zuletzt von DL1EGR () aus folgendem Grund: etwas vergessen...

  • Hallo Raimund,


    selbst mit hochwertigen und verlustarmen Bauteilen kann ein mangelhafter Aufbau nicht kompensiert werden. Die von Günter erwähnte Möglichkeit ist kostengünstig und wird direkt zum gewünschten Ergebnis führen. Welchen Kern hast du verwendet? T104-6 ist mir zumindest unbekannt, aber ich kenne auch nicht alles. Eine große Wirkung bei der Anordnung von Ringkernen im 90° Winkel wirst du nicht beobachten können. Das trifft eher für Luftspulen zu.

    vy 73 de Dirk, DH4YM

  • Eine große Wirkung bei der Anordnung von Ringkernen im 90° Winkel wirst du nicht beobachten können. Das trifft eher für Luftspulen zu.

    Kann ich bestätigen. Bei Ringkernen nutzt der übliche 90°-Winkel praktisch nichts - zum Verständnis anhängendes Bild. Dazu kommt evtl. noch eine unerwünschte kapazitive Kopplung.


    Bei Luftspulen funktioniert die 90°-Drehung wie beim gezeigten 20MHz LPF sehr gut (hier wurde bei der Messung noch ein Stück Kupferfolie in der Mitte zur Abschirmung eingefügt, was die Sparrdämpfung von max. 70db auf rund 90db erhöhte)


    MfG, Horst

    Elektrosmog hält gesund

  • Guten Morgen

    Habe den Bausatz des SDT21-40m mit dem Tiefpass begonnen und schaue auch dort auf ein Messergebnis wie im Eingangsbeitrag beschrieben.

    Im Laufe des Tages möchte ich den Beitrag von Horst und Günter praktisch untersuchen und berichten.

    Erstaunlich, was nur 5 Bauteile "anrichten" können!

    Erstaunlich, was 5 Bauteile "anrichten" können.

  • DL1EGR


    Eine Kurve wie von dir gemessen ergibt sich zum Beispiel wenn über einer der Spulen eine parasitäre Kapazität von ca 80pF liegen würde.


    73

    Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

  • Hallo Günter und alle Mitleser*innen

    es gibt neue Erkenntnisse zum SDT21-40m TPF


    ganz kurz am NWT

    zum Vergleich mein 40m-BPF nach DG0SA, frisch vermessen


    Meine "Ratlosigkeit" steigt im Moment.

    Erstaunlich, was 5 Bauteile "anrichten" können.

  • Meine "Ratlosigkeit" steigt im Moment.

    Raimund,

    Mit diesem Aufbau wirst du auf keinen grünen Zweig kommen. Man bedenke: 10cm Draht entsprechen einer Induktivität von über 0,1 µH. Mit dermaßen langen freiverdrahteten und aufeinander koppelnden Anschlussleitungen und den damit verbundenen parasitären Induktivitäten und Kapazitäten lässt sich kein Filter zuverlässig messen.


    73

    Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

  • Günter - ein günstigerer Messaufbau ist also?

    So viele Möglichkeiten gibt es bei einer bestehenden Platine nicht, oder?

    Mit dem nanoVNA ergibt sich eine ähnliche Messung. Ich hatte schon den Verdacht, dass das NWT-2 beschädigt sei. Zudem habe ich mit kalibrierten Abschwächern im Kontrollempfänger einige Messpunkte überprüft.

    Erstaunlich, was 5 Bauteile "anrichten" können.

  • Hallo Raimund,


    ich hatte es mir schon fast gedacht, dass das DUT ok ist, jedoch der Messaufbau nicht optimal. Den Ausführungen von Günter ist nichts hinzuzufügen. Der grüne Draht ist zudem in diesem DC-ähnlichen Aufbau überflüssig. Entferne auf jeden Fall den Adapter BNC-4mm-Laborbuchse, kürze die Leitungen deutlich ein und löte Eingang und Ausgang an entsprechende BNC-Stecker. Es gibt natürlich noch bessere Lösungen, kenne aber deine Ausstattung nicht.


    Ich sehe gerade den neuen Beitrag. Wo liegt denn deine Kalibrierbezugsebene?

    vy 73 de Dirk, DH4YM

  • Hi Dirk, wie schon an anderer Stelle geschrieben, nun, mit Deiner Zustimmung, auch hier:

    * Short-Open-Load Kalibrierung - kenne ich auch nicht anders.

    * Kalibrierung an den Enden der Messleitungen - habe ich nach Deinem Hinweis gemacht. Ergebnis bleibt.

    Danke für Deinen Hinweis.

    Jetzt würde mich interessieren, ob jemand mit 5 Bauteilen einen Tiefpass für z.B. 40m aufgebaut und vermessen hat.

    Die Ergebnisse würden mich / die Leser*innen sehr interessieren.

    Gruss - Raimund

    Erstaunlich, was 5 Bauteile "anrichten" können.

  • Hallo Raimund,


    so ein Filter habe ich um 2016 aufgebaut. 2 Spulen, 3 Kondensatoren. Werte müsste ich suchen. Platine ist nicht von mir.



    und die Messung mit FA-NWT:


  • Raimund, ich habe keinen Tiefpass fuer 40m aufgebaut, aber fuer 10m. Das ist Jahrzehnte her und er sass nur als "TVI Angstfilter" hinter einer fetten KW Endstufe. Er hatte entweder fuenf oder sieben Bauteile. Er verhielt sich so wie berechnet, weil er auf durchgehender Kupferflaeche und in einem Metallgehaeuse aufgebaut war. Ich kann hier nur den anderen beipflichten. In einem fliegenden Testaufbau reichen wenige Nanohenry in der Masse, Mantelwellen oder Uebersprechen zwischen Ein- und Ausgangskabel, um die Daempfung im VHF Bereich fast komplett kaputtzumachen und so sieht Dein VNA Plot aus.


    In Deinem letzten Bild sehen die SMB Buchsen lose aus. Wie ist deren Verbindung zur Masse der Platine geloest? Mache mal ein Foto mit den Buchsen drauf. Hat die Platine eine durchgehende Masseflaeche? Falls nicht, liegt da das Problem. Falls ja, wickle mal eines der Koaxkabel 2-3 mal durch einen 43er Ringkern.


    73, Joerg

  • so habe die Schaltung von obigem Filter gefunden. Ist etwas aufwändiger als die Schaltung von Raimund, aber mit 2 zusätzlichen Kondensatoren hat man diese Schaltung. Ich habe damals lange herumexperimentiert, bis ich die obige Kurve für 40m hatte. Zwischen Simulation und Realität lagen Welten.

    Nach meinen Unterlagen müssten dies die Werte sein: C19=470pF, C24=82pF, C21=680pF, C25=240pF und C22=360pF. L5, L6 ~1uH




    Alles ohne Garantie.

  • Die Parallelschaltung zwischen z.B. L5 und C24 bzw. zwischen L6 und C25 in Ulis Schaltung ergibt so eine ausgeprägte Sperr-Resonanz auf einer diskreten Frequenez, wie sie Raimund in seinem Filter um die 15 MHz beobachtet. Typisch für ein Cauer Filter. Sein Tiefpass ist aber kein Cauer Filter, daher mein früherer Hinweis, dass zu den Spulen - versehentlich oder parasitär - eine Kapazität wirkt, die diese Cauer Charakteristik verursacht.


    Und zu Raimunds Frage mit der Erfahrung mit Filtern kann ich beisteuern, dass sich die von mir bislang gebauten Filter nur unwesentlich von den Berechnungen unterscheiden. Und wenn, dann erklärbar durch ungewollte parasitäre Effekte oder Übersprechen.


    73, Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

  • und zum Vergleich ein 40m TP von 60dBm, gibt es bei Ebay :



    Filter steht offen auf dem Tisch. Gemessen wurde mit einem NanoVNA V2Plus4.

    Auffallend ist beidseitig die große Kupferfläche mit vielen Durchkontaktierungen (siehe Ebay).

  • Hallo Raimund,

    Meine "Ratlosigkeit" steigt im Moment.

    ich habe an meinem SDT21 (Sendefrequenz 7030 kHz) mit den im Bausatz enthaltenen SMCC-Drosseln eine um 48 dB gedämpfte ersten Oberwelle (14060 kHz) gemessen, bei der zweiten (21090 kHz) waren es sogar 55 dB. Ich kann Dir daher nur raten, erst einmal das Gerätchen vollständig aufzubauen und dann die Oberwellen zu messen, bevor Du an ein Redesign des Tiefpassfilters im SDT21 gehst.


    Klar wirst Du mit den SMCC-Drosseln garantiert nicht die Werte erreichen, wie sie bei Ringkernen-Spulen möglich sind. Doch sie sind für den Einsatzfall ausreichend. Die oben und auch die im Funkamateur 1/2022, S. 45, angegebenen Messwerte stammen von meinem Aufbau. Sie wurden mit einem FA-NWT01 gemessen.


    Peter, DK1HE, wollte durch die Verwendung von Fertigspulen ja gerade mehr Leute zum Basteln bewegen. Durch die Verwendung von Ringkernspulen ließen sich bestimmt noch ein paar Dezibel mehr herausholen. Doch wozu? Die gesetzlichen Vorgaben sind doch erfüllt.


    73/72 de Ingo, DK3RED - Don't forget: the fun is the power!