Sensorpaddles mit Wägezellen

  • Moin moin,



    ich wollte schon seit längerer Zeit immer mal ausprobieren, ob man Wägezellen als druck-abhängige Sensor-Paddles verwenden kann. Ihre Handhabung wäre "näher" an der von mechanischen Paddles, denn die Hebel sind zwar starr, reagieren aber reproduzierbar auf die Andruck-Kraft, während kapazitive Padddles eher auf die Größe der direkt berührten Fläche ansprechen.


    Bei kapazitiven Paddles reicht also "leiseste Berührung". Sie sind gut geeignet für OPs, bei denen die Finger beim Geben "fliegen".


    Wer die Finger nah am Paddle behält, dürfte mit einem druck-abhängigen Paddle besser zurecht kommen.



    Es gibt Wägezellen von Adafruit Sparkfun ab 100g Maximal-Messgewicht, die man auch bei deutschen Versendern erhält. Hatte mich nie zu einer Bestellung hinreißen lassen, aber neuerdings gibt es bei Reichelt Wägezellen (plus Standard-AD-Wandler für solche Zellen - HX711 - die man hier nicht benötigt) für "schlappe" 6 Euro.


    Leider ist die empfindlichste Reichelt-Wägezelle für eine Maximal-Masse von 1kg ausgelegt; eigentlich etwas ungünstig für die Zweckentfremdung als Paddle.



    Habe es trotzdem probiert.



    Wägezellen bestehen laut Tante Wikipedia meist aus vier in Brückenschaltung angeordneten Dehnungs-Messtreifen und liefern SEHR geringe Differenzspannungen - meist 2mV / V.


    Bei 50g Anpress"kraft" und 3 V Betriebsspannung also nur "winzige" 0,3 mV.


    Trotzdem kann man sie mit Operationsverstärkern in Komparatorschaltung recht ordentlich auswerten. Dazu "verstimmt" man eine Brückenhälfte gezielt durch einen hochohmigen Widerstand, damit der Ausgang des Komparators in eine stabile Ruhelage kippt. Wird nun Druck auf die Wägezelle in die richtige Richtung ausgeübt, schlägt der Komparator-Ausgang in die Arbeitslage um.


    Die Wägezellen haben übrigens meist 4 * 1kOhm. Unklar ist mir, wie viel Spannung (bzw. Leistung) sie vertragen. Ein HX711-IC versorgt sie aber immerhin mit bis zu 5,5V.





    Mit zwei gegensinnig beschalteten Komparatoren kann man erreichen, dass der eine Komparator in positiver Druck-Richtung anspricht, der andere in der Gegenrichtung. Schon hat man ein Einhebel-Paddle!


    Die Einstellung ist jedoch etwas "fummelig", weil sich die beiden "Verstimmungs-Trimmer" gegenseitig beeinflussen.



    Unkritischer ist in dieser Hinsicht ein Sqeeze-Paddle, denn die beiden Komparatoren sind voneinander unabhängig und auch gleichartig beschaltet (sofern eine Wägezelle 180° um ihre Achse gedreht wird). Die zweite Wägezelle ist imfolgenden Schaltbild nicht eingezeichnet.



    Ich hatte lediglich Doppel-Op-Amps LM358 herumliegen. Die funktionieren erst ab 6-7V halbwegs und die Ausgänge schalten nicht wirklich auf "Low", sondern behalten eine Rest-Spannung. Mein Pico-Keyer spricht darauf leider noch nicht an. Ich habe mir daher zum Testen mit Anzeige-LEDs geholfen.


    Auch ist die Kalibrierung stark von der Betriebsspannung abhängig. Ich hoffe, es liegt nur dran, dass die LM358 zu nah an der Minimal-Betriebsspannung betrieben werden. Der Gesamt-Stromverbrauch ist auch recht hoch (knapp 10 mA).


    Aber immerhin.... ich konnte das eine Ende des Wägebalkens mit der linken Hand auf die Tischkante drücken und mit dem freien Ende mit nur leichtem Fingerdruck recht flott geben (durchaus vergleichbar mit einem üblichen mechanischen Paddle).


    Mit moderneren Rail-To-Rail-Op-Amps müsste es eigentlich besser funktionieren - z.B. mit MCP602, die es noch im DIP-Gehäuse gibt. Auch der Stromverbrauch müsste damit sinken (auf etwa 4 mA). Wird aber eine Weile dauern, bis sich für mich wieder eine Reichelt-Bestellung lohnt....


    Bis dahin probiere ich es vielleicht mal mit einem ATtiny 85 oder 84. Der ADC löst zwar nur 1024 Schritte auf (also 3mV), aber man kann über den ADMux optional einen 20-fach-Verstärker aktivieren. Das könnte reichen.



    In den obigen Schaltungsvorschlägen fehlen übrigens noch die HF-Abblock-Kondensatoren. Die OpAmp-Lösung hat trotz des relativ hohen Stromverbrauches jedoch den Charme, "altherren-geeignet" zu sein ;)


    1.mp3.zip


    Warnung: das Ganze ist nicht ausentwickelt, sondern soll Anregung für eigene Experimente sein.


    73,

    Ralf



    Update 1:

    Die empfindlicheren Adafruit Sparkfun-Wägezellen mit 100g und 500g werden von Adafruit selbst nicht mehr angeboten; hier in Deutschland werden wohl nur noch Restbestände abverkauft


    Die Sparkfun-Wägezellen mit 100g Nenngewicht werden in den USA nach wie vor von Sparkfun angeboten (BezeichnungTAL221) und sind bei mehreren deutschen Händlern erhältlich. Weiß auch nicht, wie ich auf das schmale Brett geraten war, dass die von Adafruit stammen.


    Update 2:

    Mit den 100g-Wägezellen von Sparkfun (TAL221) funktionieren analoge und Mikrocontroller-Variante wesentlich besser. Die Ansprechempfindlichkeit dürfte bei etwa 10-15 Gramm liegen; also im brauchbaren Bereich !

    3 Mal editiert, zuletzt von DK5BU ()

  • Hallo Ralf,


    schöne Idee, mit dem ATtiny und dem 20-fach Gain müsste das eigentlich funktionieren. MCP601 im SOT23-5 habe ich hier dutzende rumliegen, mir fehlt aber die Zeit - hänge seit einem Jahr noch an einem anderen Projekt...

    Aber irgendwann... werde ich das mal testen.


    73

    Markus

  • Hallo Markus,


    hatte gestern erst einmal Plan "B" versucht. Ich bin ATtiny13-Fan, weil der ATtiny13 so wenige Features hat, dass er zu meinen geringen Programmier-Fähigkeiten passt. Aber der hat keinen ADC-Vorverstärker.... jedoch einen internen Komparator an PB0/PB1.


    Aber nur einen, nicht zwei; daher hatte ich gestern Nachmittag versucht, ob man den dynamisch so umkonfigurieren kann, dass er abwechselnd beide Rollen für die Auswertung eines Einhebel-Wägezellen-Paddles spielen kann (in Anlehnung an das erste Schaltbild). Den Verstimmungs-Trimm-Widerstand hatte ich an PB2 gehängt und zwischen Low und Hi umgeschaltet und den (internen) Komparator-Ausgang abwechselnd auf Hi oder Low abgefragt.


    Aber geht wohl nicht; außer einem Knoten im Hirn ist nix dabei rausgekommen.


    Also doch Plan "A"; ATTiny25 (bzw. ATtiny85, weil die noch in der Bastelkiste vorhanden sein müssten).

    Wägezellen-Brücken-Ausgänge an PB3/PB4, PB2 soll die Brücken-Versorgungsspannung schalten, PB0 und PB1 werden die Ausgänge, und an PB5/Reset soll ein Poti für die Empfindlichkeits-Vorgabe und ein Reset-Taster zum Aufwecken ran. Abschalten per Timer nach einigen Minuten Nicht-Benutzung.


    73,

    Ralf

  • Update:


    Die Sache mit dem ständigen Umkonfigurieren des ATtiny13-Komparators hat zwar irgendwann grundsätzlich geklappt, aber der Ansprech-Druck war nur in einer Richtung akzeptabel; in der anderen Richtung war jedoch hoher Kraftaufwand nötig. Keine Ahnung, warum. Habs's also beerdigt.


    Mit einem ATtiny85 und seinem ADC geht es deutlich besser, aber noch nicht wirklich komfortabel. Die 1kg-Wägezelle ist zu unempfindlich bzw. die 20-fache Verstärkung des internen ADC-Vorverstärkers ist etwas zu knapp. Ich muß etwa den doppelten bis dreifachen Anpressdruck im Vergleich zu meinem MFJ- Bencher-BY1-Clone aufwenden, obwohl ein längeres Paddle-Griffstück das kompensieren sollte.

    Der Stromverbrauch ist leider auch relativ hoch - 7 mA bei 5V Betriebsspannung. 5mA "frisst" die Wägezelle. Unter 3V fängt das Ding an, zu spinnen. Weiss noch nicht, warum. Das Aufwecken per Reset-Taster und das Abschalten per Watchdog-Timer nach 15 Minuten klappen übrigens.


    Der Bauteile-Aufwand gefällt mir: Wägezelle (links), ATtiny85, Elko, Trimmer, Taster, 2 Widerstände - that's all :)





    Mit einer empfindlicheren Wägezelle oder einem separaten Vorverstärker könnte das gut funktionieren - und der Mikrocontroller könnte nebenbei auch die Keyer-Funktionalität übernehmen.

    73,

    Ralf


    PS: Wer den BASCOM_Code aufbohren will oder für die Umsetzung in eine "richtige" Programmiersprache reingucken will:


    waegezelle-t85.zip


    Update 1:

    R3 habe ich inzwischen auf 100k verkleinert, dann werden die ADC-Werte in den Bereich um 60 verschoben (damit es keinen Rollover geben kann).

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  • Hallo Holger,


    ja, auf die TAL221 hatte ich ein Auge geworfen, und wie im ersten Beitrag angefügt, gibt's die auch bei mehreren deutschen Händlern. Ich hatte jedoch irrtümlich gespeichert, dass die von Adafruit stammen, und dort hatte ich sie folglich nicht gefunden.


    Exp-Tech liefert übrigens nur noch an gewerbliche Kunden (ganz oben rechts ist ein unscheinbarer Hinweis für Privatkunden).


    Es gibt 100g-Wägezellen auch beim US-Ausbeuter-Laden mit dem großen "A" - wer da kaufen mag, findet dort zahlreiche Lieferanten.

    73,

    Ralf

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  • Hallo Ralf,

    danke für den Hinweis, aber ich hatte weiter oben im "Kleingedruckten" bereits erwähnt: die 100g-Wägezellen von Adafruit sind aus dem Adafruit-Programm verschwunden; hier in Deutschland werden wohl nur noch Lagerbestände abverkauft. Lohnt sich also nicht, Bauanleitungen dafür zu veröffentlichen.

    warum nimmst Du nicht die von Dir im ersten Post genannten DEBO HX711-01 von Reichelt angebotene Wägezelle samt Auswerteschaltung für 6 Euro. Bei 24 Bit Auflösung (mit dem HX711) ergibt sich aus den 1 kg maximal messbare Masse eine Auflösung von 0,06 mg pro Stufung. Bei einer Morsetaste kommt es doch nicht auf die maximal messbare Masse an, sondern auf eine bestimmte Ansprechschwelle an.


    73/72 de Ingo, DK3RED - Don't forget: the fun is the power!

  • Hallo Ingo,


    danke für den Tipp - ja, das hätte ich vielleicht als nächstes ausprobiert (Plan "C"). Aber mir schien der Aufwand recht hoch; ich hätte wohl einen Arduino Micro Pro genommen, Libraries zusammensuchen und mich da auch mit dem Energiesparen per Powerdown abmühen müssen - das Thema wird ja bei Arduinos eher stiefmütterlich behandelt.


    Die HX711 haben zwar eine genügend hohe Auflösung, ich war aber auch unsicher, ob ich mir bei Batteriebetrieb irgendwelche "Schmutzeffekte" einhandele, wenn ich mit einer 1kg-Wägezelle im 10g-Bereich hantiere.


    Eine 100g-Wägezelle wäre der unproblematischere Weg - den werde ich erst einmal nehmen und gucken, ob ich damit weiter komme.


    73,

    Ralf


    Update 1:


    Markus hatte es weiter unten angesprochen: die HX711 lösen zwar hoch auf, aber sind recht langsam und machen möglicherweise Promleme bei flottem CW (die sind halt für Küchenwaagen designed). Hatte vergessen, das zu erwähnen.

    Einmal editiert, zuletzt von DK5BU ()

  • Hallo Ralf,

    Die HX711 haben zwar eine genügend hohe Auflösung, ich war aber auch unsicher, ob ich mir bei Batteriebetrieb irgendwelche "Schmutzeffekte" einhandele, wenn ich mit einer 1kg-Wägezelle im 10g-Bereich hantiere.

    es kommt nicht auf den Maximalwert an. Kklar wird es immer durch Vibrationen verursachte "Wackler" geben. Der digitalisierte Wert wird somit nicht konstant sein, selbst wenn man die Wägezelle nicht berührt. Doch wenn Du eine Hysterese einbaust, klappt es. Wenn Du beispielsweise bei 11g einschaltest und bei 9g ausschaltest, kannst Du die 10g-Schwelle ohne "Tastenprellen" erkennen. Das mit 24 Bit aufgelöste Signal gibt das her, denn die minimal mögliche Stufung beträgt ja 0,06 mg.


    73/72 de Ingo, DK3RED - Don't forget: the fun is the power!

  • Hi,

    beim HX711 wäre noch zu testen, ob der schnell genug ist. Offenbar wird die Brücke hier nur zum Sampeln gepowert. 80 Samples pro Sekunde ist der 'High-Speed-Mode', dazu kommt lt. Datenblatt 50 ms 'Settling Time'.

    Könnte vom Timing her schwierig werden.


    73

    Markus

  • Moin moin,


    Mit den 100g-Wägezellen von Sparkfun (TAL221) funktionieren analoge und Mikrocontroller-Variante wesentlich besser. Die Ansprechempfindlichkeit dürfte bei etwa 10-15 Gramm liegen.


    "Gefühlt" ist die Empfindlichkeit zwar nicht überragend und scheint nicht um den Faktor 10 geringer zu sein (gegenüber den 1kg- Wägezellen). Aber gut genug. Habe keine Federwaage oder so etwas, aber wenn ich das Paddle um 90 Grad drehe, neu kalibriere und einen Keks drauf lege, der 12,5 Gramm wiegen soll (200g/16), löst das Paddle aus. Das provisorische Paddle-Griffstück war dabei sogar auf etwa 2,5 cm verkürzt.


    Bei der Mikrocontroller-Variante fällt allerdings auf, dass die Wägezelle für gleiche ADC-Sprünge in positiver und negativer Richtung mit etwas unterschiedlichen Kräften beaufschlagt werden muss (man kann sich ja die ADC-Werte auf eine virtuelle serielle Schnittstelle ausgeben lassen).


    Für ein Squeeze-Paddle mit zwei Wägezellen wäre das bedeutungslos; bei einem Einhebel-Paddle müsste man damit leben oder es per Software zu kompensieren versuchen.


    Da ich inzwischen auch Bug- und Cootie/Sidesweeper-Fan bin, werde ich mir wohl als nächstes einen Wägezellen-Bug mit ATtiny85 bauen (den man auch in den Cootie/Sidesweeper-Modus umschalten kann).


    Ist billiger als die überteuerten Vibroplex-"Ruinen" auf Ebay und wird weniger Kontakt-Prell-Probleme machen als mein Hi-Mound BK-100 Bug ;)


    73,

    Ralf

  • Moin


    Ich bin neu im Forum und habe gerade diesen Beitrag entdeckt. Mein Beitrag bezieht sich auch nicht auf das genannte Thema, sondern auf den HX711 Baustein.


    Werft diesen nicht weg, denn mit dessen Hilfe und einem kleinen Programm auf einem Arduino mini oder nano kann man daraus einen kleinen thermischen Leistungsmesser bauen.

    Ich habe mit seiner Hilfe und einer Diodenbrücke ein analogen und auch digitalen Leistungsmesser gebaut, der von 0 bis 1 GHz Leistungen von 1 bis 100 mW messen kann. Ich werde den Leistungsmesser mal vorstellen, wenn ich alle Unterlagen hierfür noch finde und weis wie man in diesem Forum Bilder und Quellcode einfügen kann.


    73

    Günter

  • Hallo in die Runde,

    interessanter Ansatz mit der Wägezelle - habe mir auch eine 100g Zelle bestellt.

    Dazu dann auch noch ein Board mit dem NAU7802.

    Der NAU7802 ist recht interessant - der kann z.B. 320 Messungen / Sec und hat eine I2C - Schnittstelle.

    So ist mit einem µC und ein bischen Software eigentlich alles möglich.

    STBY kann der NAU7802 auch und noch einiges mehr.


    73, DL3AD

    Frank