BTR18 – ein Projekt der DL-QRP-AG
Peter Zenker, DL2FI
„ Der Artikel ist grottenschlecht und stellt die Funkamateure als antiquierte, verstaubte und Uralttechnik nutzende Menschen dar“ las ich gerade eben in einem Facebook Kommentar zu einem Artikel über Funkamateure heute.
Ob das eine berechtigte Kritik an dem Artikel ist, möchte ich hier nicht diskutieren und dass der Amateurfunk 2018 sich der modernsten Techniken bedient, sie teilweise sogar erfunden oder zumindest mit entwickelt hat brauche ich in einem Aufsatz, der sich an Funkamateure richtet auch nicht betonen. Mir geht es heute um etwas anderes, ich mache mir Gedanken über den Fluch, den die ganze moderne Technik mit sich bringt. Nein, nicht über den „Tod des Amateurfunks“ durch irgendeine moderne, digitale Betriebsart, nicht über die Fragen ob irgendeine Technik noch Amateurfunk beinhaltet oder nur noch Computertechnik ist. Mir geht es um den Kern des Amateurfunks, wie ich ihn sehe.
Der Kern des Amateurfunks war und ist in meinen Augen das Verstehen dessen, was seine Geräte machen. Der Unterschied zu anderen kommunikativen Hobbys besteht darin, dass der Funkamateur versteht, wie es funktioniert, dass jemand an irgend einem Platz der Welt mit ihm kommunizieren kann. Wenn ein Mensch telefoniert oder über das Internet chattet kann es ihm egal sein, welche Technik es ermöglicht, dass sein gesprochenes Wort oder sein geschriebener Text das Ohr oder das Auge den Menschen am anderen Ende der Leitung erreicht. Funkamateure sind da anders, sie wollen genau wissen warum und wie die Technik funktioniert. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, das der Grund dafür, dass es in Deutschland ein eigenes Amateurfunkgesetz gibt genau dieser Anspruch der Funkamateure an sich selbst ist. Es war (und ist) ein großer Gewinn für die Industrie, für Forschung und Lehre auf Menschen mit diesem Anspruch zurückgreifen zu können.
In meinem beruflichen Werdegang habe ich das am eigenen Leib mehrfach erlebt. Meine Elektronikkenntnisse, die ich im Amateurfunk bei DL9AH erlernt hatte reichten 1976 aus, von einem HighTec Konzern als Serviceingenieur für die Geräte mit denen ich bis dahin als Anwender gearbeitet hatte aus dem Chemielabor weg eingestellt zu werden. Als unsere Entwickler wenig später unser erstes durch einem Microprozessor gesteuertes Spektrometer vorstellten, hatte ich mir gemeinsam mit Freunden aus dem Ortsverband D15 bereits die Handassemblierung von 6509 beigebracht, weil wir damit eine RTTY Relais aufgebaut hatten. Natürlich war ich nicht der einzige im Konzern. Serviceingenieure müssen immer selbstständig, ohne große Anweisung draußen im Feld arbeiten. Die Personalabteilung hatte lange erkannt, dass Funkamateure besonders innovationsfreudig sind. Jede Kurs in unserer Technischen Schule am Bodensee war immer auch ein kleines HAM Fest
Dass das so bleiben kann setzt eins voraus: Es muss sicher gestellt sein, dass Nachwuchs gefördert wird. Interessierte junge Menschen, die ein erstes Grundinteresse haben sinnvoll an den Amateurfunk herangeführt werden. Dazu muss ihnen von Anfang an gezeigt werden, dass der Amateurfunk eben nicht darin besteht einen Fragenkatalog auswendig zu lernen, die Prüfung abzulegen, in einen Laden zu gehen, sich dort ein Funkgerät zu kaufen und damit in die Luft zu gehen. Es kommt vielmehr darauf an, ihnen zu zeigen, dass in unserem Hobby die Möglichkeit besteht die Grundlagen der Elektronik zu erlernen und dabei nicht in endloser Theorie ohne praktische Handhabung zu ersaufen.
Grundlagen in der Praxis verstehen bedeutet aber, dass man Funkmittel braucht, die nicht nur aus schwarzen Blöcken bestehen.
Für den modernen, digitalen Teil zeigen es uns die Coder, wie es geht. Wer mal in eines der Foren für Mikroprozessoren hinein geschaut hat, der wird verstehen, was ich meine. Dort findet man keine Computer Benutzer, man findet Menschen jeden Alters, die bei „Hello World“ angefangen sich gegenseitig helfend (Each one teach one) die Funktionen der Computerbausteine bis zum letzten Bit verstehen wollen. Auffällig ist dabei, dass kaum mit fertigen Computerboards gearbeitet wird sondern im Gegenteil tatsächlich mit den Grundbausteinen.
Analog dazu muss es dann für uns Funkamateure möglich sein, die Grundfunktionen eines Funkgerätes neben der Theorie auch in der Praxis an interessierte Menschen weiter zu geben – und daran mangelt es heutzutage. Moderne Funkgeräte, auch Bausätze für den Selbstbau sind inzwischen dermaßen komplex, dass außer einigen Spezialisten immer weniger Funkamateure verstehen, was in ihren Kisten im Einzelnen vor sich geht geschweige denn dass sie in der Lage wären, die Funktionen an interessierte Neulinge weiter zu geben. Das führt dazu, dass die Community bröckelt, die Weitergabe von Wissen immer weniger funktioniert. Natürlich gibt es im QRPforum (zum Glück) immer noch spannende Technik Diskussionen, aber von seltenen Ausnahmen abgesehen sind die dann eher für eine kleine Gruppe Technikfreaks interessant, oder beschäftigen sich mit Detailfrage. Ich wundere mich gar nicht darüber. Wie praxisnah kann ich denn mit einem interessierten Anfänger diskutieren, wenn die Frequenz in einem von einem netten, sachkundigen OM programmierten Baustein (blackbox) erzeugt wird, wenn die Umwandlung der HF Signale in hörbare Signale in einem Tausendfüßler nach mathematischen Algorithmen die wieder ein netter, sachkundiger OM programmiert hat (blackbox) erfolgt? Nicht falsch versehen, ich habe absolut nichts gegen diese moderne Technik, aber mir macht der Wegfall der Vorstufe große Sorge. Selbst die einfachsten Transceiverbausätze, die man heute bekommen kann sind hochintegriert und Firmware gesteuert und damit nicht mehr geeignet, die Grundfunktionen eines Transceivers zu verstehen.
Das alles treibt mich seit längerer Zeit um. Vor Jahren haben DK1HE und ich schon mal versucht, mit dem Hegau einen Bausatz zu schaffen, der sowohl den Einstieg in die Welt der SMD Bausteine als auch in die Welt der HF zu ermöglichen. Der SMD Teil hat einigermaßen funktioniert, viele Selbstbauer haben die Scheu vor den „Mäuseköteln“ verloren, der Einstieg in die HF Welt weniger, was aber letztlich meine Schuld war.
Wenn ich davon ausgegangen war, dass der Hegau wegen seiner Einfachheit zum Selbststudium geeignet ist dann war das sicher falsch. So ein Projekt muss unterfüttert werden. Es muss eine Grundlage in Form eines ersten Erklärbuches vorhanden sein und es muss eine Community aufgebaut werden, die Stück für Stück im Team alle aufkommenden Fragen beantwortet, alle vorhandenen Erklärungen immer weiter bearbeitet, vereinfacht, verfeinert. Über ein Forum wie das QRP-Forum sollte das möglich sein, ideal wäre, wenn man darüber hinaus moderne Möglichkeiten wie Teamspeak mit wöchentlicher Konferenz einsetzen würde.
Was zu so einem Konzept fehlt, ist eigentlich nur ein entsprechender Bausatz und die Menschen, Anfänger, Neueinsteiger, Wiedereinsteiger, Verstehenwoller und die Könner, die Spaß daran haben das Grundwissen zu vermitteln. DK1HE und ich haben diesen Spaß, können so ein Projekt aber nicht alleine stemmen
Das eine Problem können wir selbst lösen: Ein preiswerter, einfacher, nachbausicherer Bausatz für lernbereite Funkamateure sollte nicht das Problem sein. Es wäre sicher kein Problem gewesen mir von meinem langjährigen Freund Dave Benson die Genehmigung zur Wiederauflage seines SWT40 zu besorgen, Wayne Burdick hätte mir sicher auch erlaubt den 49er oder SST wieder aufleben zu lassen, aber wir wollten ein paar Einschränkungen vermeiden, die diese Bausätze haben. Peter Solf, DK1HE war schnell bereit, sic den Forderungen zu stellen. Jedes KW Band sollte möglich sein, der Gebrauchswert sollte hoch sein, damit man bei aller Lernbereitschaft nichts fürs Regal baut, diverse Interessengruppen wie z.B. SOTA sollten angesprochen werden (Portabilität, Stromaufnahme, sicherer Betrieb).
Heraus gekommen ist unser jüngstes Kind: BTR18 wobei BTR für Back to the Roots und 18 logisch für 2018 steht. Ich werde am Samstag, beim QTC an der See Treffen einen ersten Einblick in das Projekt geben, wobei ich sicher stark auf meine Motivation eingehen werde, DK1HE etwas ausführlicher zur Technik 14 Tage später beim Schwarzwaldtreffen (SWT) der DL-QRP-AG.
Das war der einfachere Teil des Projektes.
In der Hoffnung mich zu irren sehe ich als weitaus schwieriger an, genügend Menschen zu finden, die aus dem Projekt ein zweites Elmer 101 machen. Mir ist einfach klar wir das zu dritt nicht hinbekommen können, wir brauchen euch, die Fragesteller und euch, die Antwortgeber. Ich setze meine Hoffnung auf das QRP-Forum, auf die Mitglieder des OV Selbstbau, auf das Team „Funken lernen“ (die alle bisher nicht eingeweiht waren, aber ich wollte erst den Bausatz fertig haben.)