Zuleitung qrp mit CAT6 oder ähnlich (twisted-pair)

  • Stellt sich mir eine Frage, ob CAT6 (etc) als Antennenzuleitung genutzt werden kann?


    Leider hat die Leitung grundsätzlich 100Ohm als Wellenwiderstand.


    Aber könnte man den "umbauen"?

  • Hallo,
    evt. 2 Adernpaare parallel - probier es doch mal aus. Dämpfung soll wohl 8 dB / 100m sein bei 16 MHz, das wäre irgendwo zischen RG58 und RG174...
    73
    Mark

  • Stellt sich mir eine Frage, ob CAT6 (etc) als Antennenzuleitung genutzt werden kann?


    Leider hat die Leitung grundsätzlich 100Ohm als Wellenwiderstand.


    Aber könnte man den "umbauen"?

    Verdrillte Leitung als symmetrisches Speisekabel kenne ich schon seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Es war damals weit verbreitet, weil weitaus preiswerter als Koax, mein Papa DL1QH und ich haben damit unseren ersten Dipol gebaut 8)


    Ich hatte diese Speisemethode auch fast vergessen, bin aber durch das nach der Wende massenhaft auf Flohmärkten zu findende LFK - leichtes Feldkabel, die Telefonleitung der Armee - wieder darauf gestoßen und habe dieses dann jahrelang als Speiseleitung für meine 44m Umfang Diamond shape Loop benutzt.


    Der nächste Schritt war dann nur logisch: Als ich mein Home Netzwerk von TenBase2 auf ein TwistedPair System umstellte, auf dem ja immerhin mehrere hundert MHz quer durchs Haus jagen, kam mir der Gedanke, diese Technologie auch für Speiseleitungen zu benutzen. Mit Hilfe meiner Freunde des OV D15 entdrillten wir ein ziemlich langes Stück eines sehr dicken Teflon-Twisted Pair aus der BuWe Hubschrauber- Technik und bauten daraus die verschiedensten Antennen mit größtem Erfolg.


    So ein 1-paariges verdrilltes Speisekabel ist sehr viel leichter und platzsparender als jedes Koax und weniger sperrig als Hühnerleiter, also ideal für Portabel - Antennen. Seit mehreren Jahren habe ich verschiedene dieser Antennen - vom 2x19,80mDipol bis zum 2x6,5m Hille-Dipol und der Molch-Loop auf diversen HAM Festen vorgestellt und vorgeführt. Sie wurden xfach nachgebaut, besonders der 2x6,50 Dipol genannt "Twisted Hille" ist sehr beliebt.


    Praktisch entdrille ich so ein aus einem TwistedPair Bündel stammendes Leitungspaar auf die gewünschte Dipol-Länge, mache an dieser Stelle einen Knoten und fertig ist der Dipol aus einem Stück. Leicht, super transportabel und effektiv. Zur Ankopplung an den Transceiver benutze ich ein symmetrische ZM4 Anpassgerät oder eine ATU mit einem 1:4 Balun.


    Bei Uli, DG4SFS findet man für schmalen Taler eine vornehmere Version des Twisted Hille mit richtigem Mittenisolator usw. :thumbup: Man Uli übrigens gut selbst fragen, er ist eigentlich jeden Tag hier im Forum im Chat Raum anzutreffen.

    73/2 de Peter, DL2FI
    Proud member of Second Class Operators Club SOC and Flying Pig Zapper #OOO (Certificated Kit Destroyer)

  • Leider hat die Leitung grundsätzlich 100Ohm als Wellenwiderstand.


    Ein Twisted Pair in CAT6 Kabel hat einen Wellenwiderstand von 100 Ohm ± 10. Schaltet man zwei Aderpaare parallel, ergeben sich naturgemäß 50 Ohm ± 5. Also durchaus geeignet. Die Dämpfung von 100m Leitung beträgt laut Datenblatt ca 11dB bei 30 MHz bzw. 20dB bei 100 MHz. Zum Vergleich 100m RG58: ca 9dB bei 30 MHz bzw. 17dB bei 100 MHz.


    Will man alles richtig machen, fügt man am Übergang zu 50 Ohm koaxial ein 1:1 Strombalun zur Symmetrierung ein. Bei mir funktioniert das im Empfangsbetrieb absolut zufriedenstellend. Im Sendebetrieb wird man zwei parallelgeschaltete Aderpaare in Bezug auf die handhabbare Leistung nicht mit RG58 vergleichen dürfen, aber für QRP Leistungen sollte es allemal ausreichen.


    73
    Günter

    "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong" (H.L. Mencken)

  • evt. 2 Adernpaare parallel



    Achtung!

    Hier auch schon an anderer Stelle diskutiert:


    Die Adernpaare in einem Datenkabel haben unterschiedliche Schlagzahlen pro Meter bei der Verseilung. Damit soll das Nebensprechverhalten verbessert werden. Folge ist, dass die Doppeladern in einem Datenkabel unterschiedlich lang sind. Wenn nun zwei solch unterschiedlich lange Leitungen parallel geschaltet werden, dann gibt es unterschiedliche Laufzeiten auf den beiden Doppeladern und es kann passieren, dass ein Wellental auf der einen Doppelader mit einem Wellenberg oder einem Nulldurchgang oder mit jeder x-beliebegen anderen Stelle der Sinuswelle auf der anderen Doppelader zusammen treffen.


    Größenordnung:
    Je nach Leitungshersteller können das bis zu 2m Unterschied auf 20m Leitungslänge sein! Das liegt schon in der Größenordnung von Lambda/4 (Maximum trifft auf Nulldurchgang) auf 10m!

    vy 72 de DH8DAP, Frank aus Schwelm nr Wuppertal, JO31PG


    Ich bin Westfale von Geburt und Europäer aus Überzeugung!


    http://www.golf19.de

  • Gleiche dämpfung wie RG58. Das ist okay für abgestimmte Antennen. Für eine Hille Doublet, welche immer mit einem Tuner arbeitet und dem daraus resultierenden Zusatzverlust in der Speiseleitung, ist mir diese Dämpfung wesentlich zu hoch. Besonders bei QRP Leistungen.


    73, Peter - HB9PJT

  • Folge ist, dass die Doppeladern in einem Datenkabel unterschiedlich lang sind. Wenn nun zwei solch unterschiedlich lange Leitungen parallel geschaltet werden, dann gibt es unterschiedliche Laufzeiten auf den beiden Doppeladern....
    ..Je nach Leitungshersteller können das bis zu 2m Unterschied auf 20m Leitungslänge sein!


    Wirklich so hoch? Um sicherzugehen kann man ja auf CAT7 Kabel ausweichen. Bei Gigabit Ethernet verursacht eine Längendifferenz ja Laufzeitverschiebungen (Delay-Skew) und damit Verzerrungen zwischen den parallel übertragenen Datensymbolen. Daher ist der Skew der Kabel im Datenblatt angegeben.
    Die besseren LAN-Kabel Messgeräte sind ja alle in der Lage die Signal-Laufzeitdifferenz (Skew) zwischen den Aderpaaren in Nanosekunden zu messen und anzuzeigen. Bei den Messungen, die ich bisher bei CAT 7 Kabel gesehen habe, lag der mxiamale Skew in der Regel im Bereich zwischen 3 und 8 nS bei 100m Kabellänge. Das enstpricht 1 bis 2% Längendifferenz. Aus dem Messwert in Nanosekunden lässt sich ja auch sehr einfach auf die Phasendifferenz umrechnen.


    Bei gutem CAT7 Kabel beträgt laut Spezifikation der spezifierte Laufzeitunterschied (Skew) 5nS auf 100m Länge, gemessen mit einer Messfrequenz von 100MHz. Das ist noch so wenig, dass es auf Kurzwelle bei normalen Kabellängen keine bedenkenswerten Auswirkungen erwarten lässt. Bei CAT 6 Kabel, das ein Delay Skew von bis zu 45ns auf 100m Länge haben kann ist es schon deutlicher merkbar. 45ns bedeuten, wenn ich richtig gerechnet habe, bei 30 MHZ eine Phasendifferenz von 150° auf 100m Kabellänge.


    CAT 6 Kabel, Delay-Skew 45nS: https://catalog.belden.com/techdata/EN/10GX12_techdata.pdf
    CAT7 Kabel, Delay-Skew 5nS: Datenblatt Schrack CAT 7 Kabel


    vielleicht gibt es ja hier im Forum User aus der Datenbranche, die ein LAN Kabelmessgerät verfügbar haben, und mal den Skew einiger Kabel messen und mitteilen können.


    73
    Günter

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  • Hallo Günter,


    ich hab hier auf der Festplatte einige 100 gemessene Leitungen archiviert, die ich in Bezug auf Längendifferenz und Laufzeit-Unterschied mal durchsehen könnte (wenn ich Zeit dazu hab :( , noch ist Sommer, mein Sohn zieht um, die Arbeit ruft ...)


    In der Tat ist es aber so, dass je höherwertiger die Kabel sind (nicht preislich, sondern technisch!) , umso besser natürlich die elektrischen Werte werden. Ich würde gern mal ein sehr langes UTP-Patchkabel messen, denn das ist vom Aufbau her so ziemlich das schlechteste, was es gibt: Kein Gesamtschirm, kein Paarschirm. Und neuerdings gibt es bei namhaften Internetanbietern zum WLAN-AP dazu ein "Netzwerkabel", bei dem alle Drähte ungeschirmt parallel und unverdrillt in die Kunstoffhülle eingelegt sind. Das ist noch mieser, weil die Paare nicht mal verdrillt sind und das Paar 4/5 mitten zwischen den beiden Drähten vom Paar 3/6 liegt. Aber da sind alle Drähte gleich lang :!:


    Nur dann stellt sich natürlich irgendwann die Frage nach dem Preis/Leistungsverghältnis: Lohnt es sich, ein Datenkabel Cat.7 mit einem Preis von 1€ pro Meter zu benutzen (was auch einiges an Gewicht mitbringt), wenn es die von Peter bereits genannte Leichte Feldleitung tut oder mir der Elektriker meines Vertrauens bei seinem Großhändler eine 100m- Rolle Schaltdraht 2x0,6 bestellt (wiegt nur 740g auf 100m!) und ich dafür nicht mal die Hälfte bezahle, was das Cat.7-Kabel kostet.


    Damit sich der Kabellaie eine Vorstellung von den Messwerten eines guten Kabels machen kann, hab ich mal ein Messprotokoll eines Kabels angehängt. Da sind die Werte wirklich gut. Aber nach so richtig schlechten Messprotokollen müsste ich intensiv suchen, weil ich halt gute Kabel verarbeite :thumbup:

  • Wir haben bei all unseren Versuchen generell nur mit 2 Adern gearbeitet. Es ging ja darum, ein möglichst leichtes Speisekabel für den Rucksack zu haben.
    Macht ne Menge Arbeit, die 2 Adern aus so einem CAT Kabel heraus zu fischen, aber es lohnt sich. Das erwähnte Hubschrauber Kabel hatte irgendwas um 50 Paare innen (Außendurchmesser des Kabels etwa 30mm ) Das hat dem ganzen OV stundenlang Spaß gemacht

    73/2 de Peter, DL2FI
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  • Danke für das Messprotokoll, Frank. Die gemessenen 5nS Laufzeitdifferenz decken sich auch mit meinen Erfahrungen bei einem guten Qualitiätskabel. Mit 5nS Skew-Wert mauss man sich bei einer Parallelschaltung von zwei Aderpaaren, um auf 50 Ohm Wellenwiderstand zu kommen, keine grauen Haare wachsen lassen.


    Peter hat natürlich auch Recht, wenn man als leichte unterwegs-Antenne ein Doublet oder Twistet-Hille speist, braucht man sich keinem 50 Ohm Dogma beugen und muss keine Aderpaare parallelschalten. Da geht ein einziges Twisted-Pair mit 100 Ohm , denn man nutzt ja sowieso eine symmetrische Anpassbox, die die Leitung auf den TRX anpasst.


    Es gibt aber aber einen weiteren Grund, der die Verwendung von einem guten LAN-Kabel als symmetrische QRP HF-Speiseleitung auch zu Hause sinnvoll machen kann: In einem CAT6/CAT7 Kabel sind 4 Twisted-Pairs und die Abschirmung, man hat insgesamt 9 Leiter zur Verfügung. Man kann also über ein einziges dünnes LAN-Kabel sowohl die HF-führen und gleichzeitig, sogar symmetrisch entkoppelt, beispielsweise ein antennennahes Gerät (LNA, Aktivantenne, ATU etc..) mit Strom versorgen. Und die restlichen freien Adern kann man nutzen, um z.b. Relais, antennennahe Antennenwahlschalter, eine Sende-Empfangsumschaltung oder Anpassnetzwerken o.ä. fernzuschalten. Mit einem zusätzlichen simplen Binär oder BCD-Multiplexer-IC ließen sich über die freien Adern sogar noch mehr Schaltsignale multiplexen.


    73
    Günter

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    2 Mal editiert, zuletzt von DL4ZAO ()

  • ...und könnte man nicht mit verschiedenen Adernpaaren auch unterschiedliche Antennen speisen?


    Würde man die 100 Ohm nicht mit einem 2:1 Balun angepasst bekommen? (evtl. auf beiden Seiten?)


    Wieviel Leistung würde man wohl übertragen können?


    Viele Grüße - Armin

  • ...und könnte man nicht mit verschiedenen Adernpaaren auch unterschiedliche Antennen speisen?


    Bestimmt könnte man das. Bei CAT7 Kabel ist sogar jedes Aderpaar einzeln abgeschirmt


    Würde man die 100 Ohm nicht mit einem 2:1 Balun angepasst bekommen? (evtl. auf beiden Seiten?)


    Ja klar.


    Wieviel Leistung würde man wohl übertragen können?


    So viel bis die Isolation wegschmilzt oder es das Dielektrikumg durchschlägt. :D


    müsste man mal probieren. Spannungs- und Strommaxima hängen ja auch von dem SWR auf der Leitung ab.


    73
    Günter

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  • Zur Spannungsfestigkeit hab ich was gefunden:


    image.schrack.com/datenblaetter/h_hvskp423h1_de.pdf


    2,5kV DC für 2s bei 20°C


    Das sagt aber erst mal wenig aus zur Leistungsgrenze aus, denn da spielt auch der Strom eine Rolle, der bei 100Ohm-System eher hoch ist (nierderohmiges Kabel). Der Strom erwärmt dann den Leiter und die Isolierung ...


    Andere Hersteller geben eine max. Betriebsspoannung nach VDE an, die bei 350V liegt und die Leitung dann einer Prüfspannung von 1500V Stand hält:


    https://www.sab-kabel.de/filea…t_Leitungen_CAT5_CAT6.pdf

    vy 72 de DH8DAP, Frank aus Schwelm nr Wuppertal, JO31PG


    Ich bin Westfale von Geburt und Europäer aus Überzeugung!


    http://www.golf19.de

  • Dann machen wir doch mal eine kleine Rechnung für R = 100 Ohm Wellenwiderstand und 100W effektiver Leistung unter der Annahme von Anpassung.


    Peff = Ueff^2 x R,
    Ueff = Wurzel aus 100W x 100 Ohm = 100V eff = 141Vs = 282Vss


    I = I^2 x R
    Ieff = Wurzel aus 100W / 100 Ohm = 1Aeff


    1A gehen nach meiner Ansicht auch unter Berücksichtigung des Skin Effektes schon noch über eine d=0,5mm AWG23 Kupferader, ohne dass es so heiß wird, dass dabei die Isolation wegschmilzt. Und 282Vss hält die Isolation sicher auch aus, ohne durchzuschlagen. Im Falle von Fehlanpassung kann sich die Spannung auf 564Vss erhöhen. Das kann das Kabel nach Franks Datenblatt angeblich noch ab, ohne dass es von Ader zu Ader überschlägt. Also 100W trau ich einem CAT6 Kabel irgendwie schon zu.


    73
    Günter

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